HANNOVER/BERLIN (dpa-AFX) - Der Ukraine-Krieg scheint die Nachfrage nach Urlaubsreisen in Deutschland bislang nicht zu dämpfen. Der Reisekonzern Tui
"In dieser Zeit an so etwas Unbeschwertes wie Urlaub zu denken, fällt ohne Zweifel schwer", sagte Tui Deutschland-Chef Stefan Baumert am Montag. "Die Bilder, die uns jeden Tag aufs Neue erreichen, sind schwer zu ertragen, sie berühren und machen unendlich traurig. Wir verurteilen diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, ausgelöst von der russischen Regierung, aufs Schärfste."
Baumert zufolge deutet aktuell "vieles darauf hin, dass wir in diesem Jahr ein Sommergeschäft sehen werden, das an das Vor-Pandemie-Niveau herankommt oder es sogar erreichen wird". Die Buchungskurve zeige derzeit deutlich nach oben. "Wir sehen einen sehr hohen Nachholbedarf." Gefragt seien aktuell vor allem die Klassiker rund ums Mittelmeer. Sie verzeichneten Zuwächse sogar über dem Niveau vor der Corona-Krise 2019, berichtete Baumert einen Tag vor Beginn der Reisemesse ITB (8.3 - 10.3), die auch in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie online stattfindet. Top-Favoriten seien Ziele wie Mallorca, die türkische Riviera und die griechischen Inseln.
Aufgrund der guten Buchungseingänge auch für die Osterferien zieht Tui den Saisonstart für Griechenland vor und startet mit seiner Airline Tuifly bereits Anfang April nach Kreta, Rhodos und Kos. Insgesamt werden demnach 120 Zusatzflüge im April aufgelegt, wobei die meisten Flüge (62) nach Griechenland gehen, gefolgt von Mallorca (48).
Nach Angaben der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) planten bei einer Umfrage zum Jahreswechsel, also vor Beginn des Ukraine-Krieges, 61 Prozent der Befragten in diesem Jahr sicher einer Urlaubsreise. Im vergangenen Jahr waren es lediglich 49 Prozent. 28 Prozent haben schon ein festes Ziel. "Diese Werte stimmen optimistisch, dass 2022 in großer Zahl in den Urlaub gereist wird, sofern es die Rahmenbedingungen zulassen", heißt es in der "Reiseanalyse 2022".
Grundsätzlich hätten Katastrophen, Kriege und Terror in den vergangenen Jahrzehnten an der Nachfrage nichts geändert, berichtete FUR-Tourismusforscher Martin Lohmann. Urlauber seien auf andere Ziele ausgewichen. In ersten beiden Pandemie-Jahren sei dies anders gewesen, wegen der Reisebeschränkungen und weil die Menschen unmittelbar betroffen gewesen seien.
Generell ist die Unsicherheit aber immer noch größer als vor Ausbruch der Pandemie in Europa im März 2020. So gaben 27 Prozent der Befragten an, sie wüssten noch nicht, ob sie in diesem Jahr in den Urlaub fahren wollten. Vor Beginn der Corona-Krise waren es nur 17 Prozent.
Nach dem Ende vieler Reisebeschränkungen deutet sich auch der Umfrage zufolge ein Comeback beliebter Ziele rund ums Mittelmeer an. Bereits im vergangenen Jahr lag die Zahl der Urlaubsreisen in den meisten Bundesländern den Angaben zufolge etwas unter dem Niveau des Jahres 2020. Dafür führten wieder mehr Trips von mindestens fünf Tagen Dauer nach Spanien, Italien oder in die Türkei. In diesem Jahr rechnet die FUR mit einem weiter sinkenden Inlandsanteil. Insgesamt erwarten die Tourismusforscher, dass die Menschen in Deutschland in diesem Jahr bis zu 70 Millionen Urlaubsreisen unternehmen nach 55 Millionen im Jahr 2021. Damit wäre das Vorkrisenniveau von 71 Millionen fast erreicht./mar/DP/stw
Quelle: dpa-Afx