BRÜSSEL (dpa-AFX) - China prüft im Handelsstreit mit Brüssel Gegenmaßnahmen. Nach der Einführung vorläufiger zusätzlicher EU-Strafzölle auf chinesische Elektroautos nimmt Peking Einfuhren europäischen Branntweins unter die Lupe. In einer laufenden Anti-Dumping-Untersuchung von Brandy aus der Europäischen Union will China heimische Firmen anhören, wie das Handelsministerium mitteilte. Bei einem Treffen am 18. Juli soll über möglichen Schaden für die chinesische Industrie gesprochen werden. Maßnahmen Pekings könnten vor allem Hersteller aus Frankreich treffen.
Branntwein-Untersuchungen laufen schon länger
Peking ermittelt seit dem 5. Januar gegen aus der EU importierten Branntwein. Diese Ermittlungen und solche gegen Schweinefleisch und Schweinefleischprodukte aus der EU gelten als Reaktion Pekings auf Untersuchungen in Brüssel gegen E-Autos.
Bei Anti-Dumping-Ermittlungen steht der Vorwurf im Raum, dass die untersuchten Produkte zu künstlich niedrigeren Preisen als auf dem jeweiligen Markt üblich angeboten werden. Mehrere Erzeuger und Industrieverbände hätten die Anhörung beantragt. Das chinesische Handelsministerium ließ sie nach eigenen Angaben zu, um Fairness in dem Verfahren zu wahren.
Abstimmung über endgültige Zölle
Solange keine endgültige Einführung der EU-Strafzölle beschlossen wird, müssen diese nicht gezahlt, sondern nur Sicherheitsleistungen hinterlegt werden. Sollten Verhandlungen mit China nicht zufriedenstellend verlaufen, könnte die EU-Kommission einen Vorschlag für die Einführung von Strafzöllen vorlegen. Die EU-Staaten könnten diese nur stoppen, wenn sich eine sogenannte qualifizierte Mehrheit dagegen ausspricht.
Deutsche Branche: Strafzölle hätten Nachteile für Käufer
Sollten Sonderzölle tatsächlich eingeführt werden, befürchtet der Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Thomas Peckruhn, Nachteile für den deutschen Markt: "Für die Verbraucherinnen und Verbraucher werden dadurch die zur Verfügung stehenden Elektrofahrzeuge deutlich teurer, zumal der Wettbewerbsdruck für europäische Hersteller abnimmt."
Auch die Bundesregierung und die deutschen Autobauer sehen Strafzölle skeptisch. Sie sorgen sich, dass Vergeltungsmaßnahmen vor allem deutsche Autohersteller treffen könnten, für die China ein sehr wichtiger Markt ist.
Brüssel und Peking verhandlungsbereit
Grundsätzlich sind China und die EU-Kommission bereit in den kommenden vier Monaten, bis die Maßnahmen endgültig eingeführt werden, zu einer Lösung zu kommen. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hatte vor knapp zwei Wochen in China verhandelt, jedoch keinen Durchbruch erzielt. Dennoch sieht die EU-Kommission weiter eine Chance für eine Lösung.
EU-Kommission sicher: Gibt unfaire chinesische Subventionen
Nach einer aufwendigen Untersuchung war die EU-Kommission zu dem Schluss gekommen: Es gibt unfaire chinesische Subventionen. Die vorläufigen Zölle der EU-Behörde belaufen sich nun auf 17,4 Prozent für den Hersteller BYD, 19,9 Prozent für Geely und 37,6 Prozent für SAIC. Für andere Firmen sind 20,8 Prozent vorgesehen, und für Unternehmen, die bei der Untersuchung nicht kooperiert hatten, würde ein Strafzoll in Höhe von 37,6 Prozent fällig. Die Zölle kommen auf einen bereits bestehenden Zollsatz von zehn Prozent hinzu.
Viele Märkte gehen stärker gegen China vor
Die Zölle sind teils deutlich niedriger als etwa die der USA: Andere Staaten gehen härter gegen Importe aus Fernost vor. China ist zwar der größte Automarkt der Welt - aber für Peking selbst sind viele Märkte bereits kostspieliger geworden. Die Vereinigten Staaten hatten im Mai Sonderzölle von 100 Prozent auf E-Autos verhängt, was den Markt für Importe aus China regelrecht versperrt.
"Die Amerikaner schotten ihren Markt jetzt ab, ebenso Brasilien, Mexiko und die Türkei", sagte jüngst Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Somit bleibt Europa vorerst für chinesische Firmen ein attraktiver Markt./scr/DP/stk
Quelle: dpa-Afx