Bereits Ende April sprach das Allianz-Management eine Gewinnwarnung aus. Damals hieß es: "Vor dem Hintergrund der aktuellen pandemiebedingten Unsicherheiten für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und der inzwischen vorliegenden aktualisierten Planzahlen der operativen Gruppengesellschaften geht der Vorstand aus heutiger Sicht nicht davon aus, die für 2020 gesetzte Zielspanne für das operative Ergebnis von 12 Milliarden Euro, plus oder minus 500 Millionen Euro, erreichen zu können." Nun dürfen die Marktakteure auf zwei Dinge gespannt sein. Erstens: Wie verlief das Geschäft des Versicherungskonzerns in den Monaten April, Mai und Juni konkret? Und zweitens: Welche Statements werden bezüglich der weiteren Aussichten gemacht?

Die im zweiten Quartal zu beobachtende Erholungstendenz an den internationalen Aktienmärkten dürfte der Allianz eine wichtige Stütze gewesen sein, schließlich benötigt der Finanzwert solide Investmenterträge, um auch in Zukunft unter Börsianern als dividendenstarker DAX-Wert wahrgenommen zu werden. Trotz eines von Analysten prognostizierten Gewinnrückgangs von 18,90 auf 16,17 Euro pro Aktie (-14,4 Prozent), liegt der Konsens der Dividendenschätzungen für das laufende Geschäftsjahr 2020 mit 9,68 Euro sogar leicht über der Mai im erfolgten Ausschüttung in Höhe von 9,60 Euro. In einem kürzlich veröffentlichten Dividendenmodell der LBBW landete die Allianz unter den nachhaltigsten DAX-Dividendenzahlern auf dem zweiten Platz, knapp hinter der Aktie von BASF.

Die meisten Analysten haben in den vergangenen drei Monaten ihre Gewinnschätzungen im Zuge der Corona-Krise nach unten revidiert. Innerhalb dieses Zeitraums hat sich zum Beispiel der Konsens der Analystenprognosen für Q2 (Quelle: FactSet Research) von 4,67 auf 3,75 Euro pro Aktie (-19,7 Prozent) deutlich reduziert. Für das dritte Quartal gab es einen nicht ganz so starken Rückgang der Prognosen von 4,44 auf 3,85 Euro (-13,3 Prozent) zu vermelden. Besonders interessant: In den kommenden beiden Jahren soll es mit 19,93 Euro (2021) bzw. 21,49 Euro (2022) wieder signifikant bergauf gehen.

Mit Blick auf die ausgesprochenen Empfehlungen kann man den Analysten weiterhin einen stark ausgeprägten Optimismus attestieren. Unter den insgesamt 23 abgegebenen Analystenurteilen stufen 17 Aktienexperten die Allianz-Aktie als Kauf ("Buy") ein, während sechsmal ein neutrales Rating ("Hold") ausgesprochen wird. Tendenziell negative Einschätzungen wie Untergewichten ("Underweight") oder Verkaufen ("Sell) gab es indes keine. Die von den Experten ausgesprochenen Kursziele reichen von 175 bis 232 Euro, woraus sich ein Mittelwert von 205,55 Euro ergibt (aktuell: 181,60 Euro). Auf Basis dieser Daten errechnet sich ein Aufwärtspotenzial in Höhe von etwas mehr als 13 Prozent.

Charttechnik: Erholung gerät ins Stocken


Nach dem im Frühjahr innerhalb von vier Wochen erlittenen Kurssturz in Höhe von in der Spitze 48 Prozent, hat der Finanzwert ungefähr die Hälfte dieser Verluste wieder aufgeholt. Im Bereich von 180 Euro hat sich in den vergangenen Wochen eine massive Unterstützungszone gebildet, die es nun zu verteidigen gilt. Um ein charttechnisches Kaufsignal auszulösen, sollte die Allianz-Aktie als nächstes die im Bereich von 193 Euro verlaufende langfristige 200-Tage-Linie nachhaltig überwinden. Ein Drehen der noch auf Talfahrt befindlichen Durchschnittslinie nach oben würde das Sentiment zusätzlich stärken. Den Blick nach oben gerichtet, ist bei ungefähr 200 Euro der nächste charttechnische Boden angesiedelt, während bei 220 Euro ein markanter Widerstand wartet. Der Timingindikator Relative-Stärke-Index bewegt sich gegenwärtig mit 50 Prozent im neutralen Bereich und liefert daher keine konkreten Handelssignale. Angesichts der corona-bedingten eingetrübten Perspektiven dürfte eine anhaltende Seitwärtstendenz ein relativ wahrscheinliches Szenario sein.