Versicherungsunternehmen operieren nach wie vor in einem schwierigen Umfeld. Verantwortlich dafür sind vor allem die Niedrigzinsen. Dieser wunde Punkt macht nicht nur die Vermehrung der Kundengelder mit Zinsanlagen schwer. Deswegen muss in Deutschland auch zum Jahreswechsel zum wiederholten Mal die Garantieverzinsung bei Lebensversicherungen auf dann nur noch 1,25 Prozent gesenkt werden.

Aber obwohl die Renditen deutscher Bundesanleihen in den vergangenen Wochen noch einmal deutlich gefallen sind, schlugen sich die Kurse der europäischen Versicherungsaktien gut. Bevor der Gesamtmarkt jüngst allgemein nachgab, war der Performance-Index Stoxx Europe 600 Insurance am 22. September sogar auf den höchsten Stand seit 2001 vorgerückt.



Das ist auch deshalb erstaunlich, weil die Branche neben dem Niedrigzinsniveau noch andere Probleme hat. Zum einen gilt es, sich auf neue Solvabilitätsvorschriften zur Eigenkapitalausstattung einzustellen. Das heißt: Voraussichtlich ab 2016 müssen Erst- und Rückversicherer laut Beratungsgesellschaft KPMG ihre Risiken umfassend bewerten und ihr Risikomanagement verbessern. Zum anderen warnen Ratingagenturen vor steigendem Konkurrenzdruck durch branchenfremde Konkurrenten. Stellvertretend dafür stehen die neuerdings vermehrt von Industrieunternehmen selbst aufgelegten Katastrophenanleihen, die den Rückversicherern Teile des Geschäfts streitig machen.

Ein immer wichtigerer Erfolgsfaktor dürfte mittelfristig auch die Technologie werden. Analysten sehen die Branche technologisch vor einem Umbruch - nicht zuletzt wegen der vielen Daten, mit denen die Unternehmen umgehen müssen, ergibt diese Prognose auch Sinn. Morgan Stanley sieht den Sektor jedenfalls in der Pflicht, sich etwa in Sachen Onlinekommunikation entsprechend vorzubereiten. Ansonsten dürften neue Anbieter in diese Lücke stoßen und Marktanteile gewinnen. Wie viel Nachholbedarf es noch gibt, zeigt eine Umfrage der Boston Consulting Group. Demnach belegen die Versicherungen bei der Onlinekommunikation aus Kundensicht nur den drittletzten Platz aller einbezogenen Branchen.

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Moderate Bewertungen

Doch selbst wenn es noch so manche unerledigte Hausaufgabe gibt, in den vergangenen Jahren haben die Versicherungen schon erfolgreich auf zahlreiche Herausforderungen reagiert. Intern wurde viel restrukturiert, und dadurch kommt man jetzt auch mit einem schwierigen Umfeld einigermaßen zurecht. Analysten trauen Europas Versicherungsindex in diesem und im kommenden Jahr immerhin ein moderates Gewinnwachstum von 5,6 und 5,0 Prozent zu. Hinzu kommt ein durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis, das mit rund elf für 2014 und zehn für 2015 im Branchenvergleich vertretbar ausfällt. Ähnlich ist bei einem Wert von 1,2 auch das Urteil zur Kurs-Buchwert-Relation.



Als wichtigste Stütze für die Notierungen dürften zuletzt die Dividenden fungiert haben. Denn diese fallen nicht nur im weltweiten Vergleich der Versicherungen üppig aus, sondern auch gemessen daran, was andere Branchen ausschütten. Laut Bloomberg bewegt sich die durchschnittliche Dividendenrendite bei den Vertretern des Stoxx Europe 600 Insurance für 2014 bei 4,5 Prozent und für 2015 bei 4,8 Prozent. Das ist auch ein deutlicher Vorsprung gegenüber dem, was erstklassige europäische Staatsanleihen abwerfen, und dürfte entscheidend dafür gewesen sein, dass die Kurse der Versicherungsaktien trotz der jüngsten Abwärtsbewegung bei den Renditen der deutschen Bundesanleihen zuletzt ganz gut gelaufen sind. In der Vergangenheit war eine derartige Kursabkoppelung laut den Analysten von Jefferies wegen der negativen Auswirkungen der Niedrigzinsen auf das operative Geschäft eher selten. Doch zumindest aktuell wiege es eben schwerer, dass einige Branchenvorstände höhere Dividenden sowie anhaltende Aktienrückkäufe in Aussicht gestellt hätten.

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Üppige Dividendenrenditen

Weil die EZB alles daransetzen dürfte, das Zinsniveau niedrig zu halten, könnte der damit verbundene Anlagenotstand das Interesse der Anleger an dividendenstarken Papieren hochhalten. Wir favorisieren deshalb im Versicherungsbereich Titel, die mit besonders üppigen Ausschüttungen aufwarten können. Das ist bei CNP Assurances aus Frankreich mit einer geschätzten Dividendenrendite für 2014 von 5,5 Prozent, Lancashire Holdings aus Großbritannien mit 8,7 und Swiss Re aus der Schweiz mit 8,7 Prozent der Fall. Auch für 2015 werden Ausschüttungen in dieser Größenordnung erwartet.



Mit geschätzten 4,6 Prozent rentiert die Allianz-Aktie zwar nur im Branchendurchschnitt, doch stimmt bei einem noch einstelligen KGV die Bewertung, und anders als der Markt werten wir den Abgang von Bill Gross, Exchef der Fondstochter Pimco, eher als Befreiungsschlag denn als anhaltende Bedrohung. Allerdings gilt dieses Urteil zur Allianz ebenso wie zu den anderen Versicherungsaktien nur dann, wenn aus der jüngsten Korrektur am Aktienmarkt kein neuer Bärenmarkt entsteht - wovon wir nicht ausgehen.

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