Die Furcht vor einer Ausweitung der Affäre um manipulierte Abgaswerte bei VW hat den Anlegern am Donnerstag die Kauflaune verdorben. Der Dax fiel am Vormittag um ein Prozent auf 9511 Punkte. Zuvor hatte noch die Zuversicht der deutschen Industriemanager den Index um ebenso viel ins Plus geschoben. "Der Bericht über möglicherweise überhöhte Abgaswerte auch bei BMW hat viele sehr beunruhig", sagte ein Händler. Die Aktien von BMW, die im Dax schwerer als die von VW gewichtet sind, stürzten um fast zehn Prozent auf 72,05 Euro ab. Die VW-Aktien grenzten ihre technisch bedingten Gewinne ein und notierten mit rund 117,50 Euro immer noch fast 30 Prozent niedriger als vor Bekanntwerden des Skandals.

VW-Aktien waren noch am Vortag unter die 100 Euro-Marke gefallen. Einige sahen aber in dem Rücktritt von Martin Winterkorn vom Vortag einen Schritt in die richtige Richtung. "Sie haben ihren Chef rausgeschmissen. Das Unternehmen und seine Aktien sollten in der Lage sein, sich zu stabilisieren", sagte Ion-Marc Valahu, Fondsmanager beim Vermögensberater Clairinvest. Börsianer rechneten mit weiterhin großen Kursausschlägen und halten VW für angezählt. Am Freitag will der Aufsichtsrat von VW über die Lage beraten.

Für lange Gesichter sorgte zudem ein Vorabbericht der "Auto-Bild", wonach auch beim BMW X3 die Grenzwerte für Diesel-Abgase überschritten wurden. Die Zeitung zitierte einen BMW-Sprecher, demzufolge BMW keine Funktion zur Erkennung von Abgaszyklen habe, was den Aktienkurs aber nicht stützen konnte. "Es wäre komisch, bei geschönten Werten nur an VW zu denken. Da werden sicher nicht alle anderen als Heilige in den Himmel kommen", erklärte Robert Halver von der Baader Bank. So fielen im Sog von BMW auch Daimler um vier Prozent, der Autozulieferer Continental verlor drei Prozent.

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KONJUNKTURÄNGSTE KÖNNTEN AUCH DEUTSCHLAND ERREICHEN



Der Skandal in der wichtigsten Exportbranche Deutschlands löst laut Händlern Sorgen über die künftige Entwicklung der Konjunktur in der größten Volkswirtschaft der Euro-Zone aus. Zwar war der ifo-Geschäftsklima-Index im September überraschend auf 108,5 von 108,4 Zählern im Vormonat gestiegen. Doch hatte die Umfrage in den Führungsetagen vor Bekanntwerden des VW-Skandals stattgefunden. Die Anleger scheinen negative Folge für Deutschland schon einzukalkulieren: Der Dax hat bislang in der laufenden Woche mit 3,8 Prozent mehr als der EuroStoxx50 mit knapp drei Prozent verloren. Am Donnerstag lag er mit 0,8 Prozent ebenfalls weniger stark im Minus.

Viele Anleger schauen zudem mit Sorge sowohl in Richtung China als auch über den Atlantik. Vor allem die Entwicklung in der Volksrepublik, der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, belastet seit Wochen die Stimmung. Von einer Reihe neuer Konjunkturdaten am Nachmittag aus den USA erhofften sich die Anleger zudem Hinweise auf die Lage der US-Wirtschaft und die weitere Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Deren Chefin Janet Yellen wollte noch am Abend vor der Universität von Massachusetts in Amherst über Inflation und Geldpolitik sprechen.

Reuters