Um 2020 herum sollen nach diesen Vorbildern Serienfahrzeuge auf den Markt kommen. Bisher schrecken viele Kunden vom Kauf eines batteriebetriebenen Wagens wegen des Preisaufschlags zurück und weil sie fürchten müssen, mit leerem Akku auf der Strecke liegenzubleiben.

"Jetzt legen wir den Schalter um", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Vorstellung eines Konzeptfahrzeugs mit dem Namen "Generation EQ", das den Vorgeschmack für eine neue Baureihe geben soll, "Wir sind bereit für den Start einer Elektro-Offensive, mit der wir alle Fahrzeugsegmente von der Kompakt- bis zur Luxusklasse abdecken werden." VW-Markenchef Herbert Diess kündigte an, bis 2020 die neuen Konkurrenten wie den US-Elektroautopionier Tesla oder den heimlich an Autos werkelnden IT-Giganten Apple anzugreifen. "Unsere Zukunft wird elektrisch und völlig vernetzt sein", sagte er zur Präsentation der Designstudie "I.D.", dem vollelektrischen Nachfolger von Käfer und Golf. Die Autokonzerne nehmen damit im großen Stil einen neuen Anlauf zur Umstellung auf alternative Antriebe, nachdem der erste Versuch an Kinderkrankheiten wie geringer Reichweite und fehlender Ladestellen gescheitert war.

SO TEUER WIE EIN GOLF



Mit einer neuen Elektroauto-Plattform als Basis für eine ganze Modellfamilie hoffen die Hersteller, die Kosten zu drücken. VW will den "I.D.", was für "Iconic Design" steht, zu einem ähnlichen Preis wie einen vergleichbar stark motorisierten Golf anbieten. Die Absatzziele des VW-Konzerns weltweit sind ehrgeizig: Zwei bis drei Millionen Stück Jahresabsatz sollen es bis 2025 sein, etwa ein Viertel aller Verkäufe. Zetsche nannte vorsichtiger eine Spanne von 15 bis 25 Prozent des Mercedes-Benz-Absatzes als Ziel, betonte jedoch, wie unsicher das ist. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass kein Mensch auf dieser Welt das konkret vorhersagen kann - selbst eine Bandbreite von 15 bis 25 Prozent ist sehr ambitioniert." Gleichwohl seien die Hersteller jetzt überzeugt, dass Elektroautos in zehn Jahren ein Massenphänomen seien. Derzeit liegt der Marktanteil von Elektroautos in Europa unter einem Prozent.

Der dritte deutsche Autobauer BMW, hält sich bei seinen Plänen noch bedeckt. Nach dem mäßigen Erfolg des vor drei Jahren gestarteten i3, brüteten die Münchner just am Pressetag des Autosalons daheim über ihrer Elektrostrategie. BMW-Chef Harald Krüger überließ damit den Konkurrenten die Aufmerksamkeit in Paris. Vertriebschef Ian Robertson hielt die Stellung und betonte, in den vergangenen drei Jahren habe BMW mehr als 100.000 Elektroautos und Plug-in-Hybride verkauft. "Während viele Leute die Zukunft enthüllen, liefern wir heute." Auch BMW arbeite an einer elektrischen Produkt-Pipeline.

Reuters hatte unlängst von Plänen erfahren, wonach BMW über eine Elektroversion des Mini und einen SUV mit reinem Batterieantrieb nachdenkt, die einem Insider zufolge spätestens in drei Jahren auf dem Markt kommen sollen. Damit hätten die Münchner keine Lücke im Angebot, bis das schon angekündigte nächste i-Modell, das nicht nur elektrisch, sondern auch autonom fahren soll, 2021 vom Band rollt. Auch die bisherigen Modellreihen sollen künftig auch mit Elektroantrieb angeboten werden.

Die für die Kurskorrektur nötigen Investitionen sind gewaltig. "Allein für die deutschen Autobauer und ihre Lieferanten sind das hohe zweistellige Milliardenbeträge", sagte Peter Fuß vom Beratungsunternehmen EY. Weltweit dürften sogar dreistelligen Milliardenbeträge nötig sein, schätzt der Autoexperte. Ein Grund sei, dass Elektrofahrzeuge wegen der Batterie einen anderen Unterbau hätten und nicht auf den üblichen Produktionsbändern laufen könnten. Dafür entwickeln die Autobauer neue Plattformen. Gleichzeitig müssten die Hersteller den Schadstoffausstoß ihrer Verbrennungsmotoren weiter verringern, was auch viel Geld kostet. Toyota zieht aus dem Abgasskandal bei Volkswagen bereits Konsequenzen und verabschiedet sich schrittweise von Diesel-Fahrzeugen.

Der Autoexperte Stefan Bratzel hält schon das Ziel von VW eines Anteils von einem Viertel elektrischer Autos am Absatz für ambitioniert. Er nehme den Wolfsburgern jedoch ab, dass sie die Wende schaffen wollten, da der Konzern viel Geld dafür in die Hand nehme. "Den nötigen Schub für den Wandel hat die Diesel-Affäre gebracht", ist Bratzel überzeugt, der das Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach leitet.

rtr