von Axel Retz

Während nicht nur an den Finanzmärkten zum Thema Griechenland mittlerweile nur noch Kopfschütteln herrscht, versuchen die Verantwortlichen immer noch den Eindruck zu erwecken, als ob sie von irgendetwas einen Plan hätten. Haben sie aber nicht. Und hatten sie auch noch nicht. Blicken wir einmal auf die interessantesten Punkte des Desasters:

Griechenland hat sich, gut (oder auch nicht) beraten durch Goldman Sachs, den Weg in den Euro mit gefälschten Daten erschlichen. Womit es nicht das einzige Land war. Gewusst haben das damals alle, die es wissen wollten. Aber beseelt von blindwütigem Expansionsstreben nahm man sozusagen alles, was anklopfte. Das war Fehler Nr. 2. Fehler Nr. 1 war, in den Verträgen von Lissabon und dann Maastricht keine Ausstiegsklausel für gescheiterte Euro-Kandidaten hineingeschrieben zu haben. Formal geht es weder, dass sich ein Land aus dem Euro verabschiedet noch dass es von den anderen vor die Tür gesetzt wird.

Fehler 3 war, nach Erkennen von Fehler 1 nicht etwa nachzubessern, sondern stattdessen gegen die bestehenden Verträge zu verstoßen und ein ausdrücklich untersagtes Bail out-Programm in Gang zu setzen und immer bombastischere Rettungsschirme aus dem Hut zu zaubern, die den Euroraum spätestens ab der Einführung einer Bankenunion explizit zu einer Haftungsunion werden lassen wird. Von den Verträgen von Maastricht ist dann de facto nicht mehr viel übrig. Nicht dass man ihn geändert hätte, man hat ihn einfach ignoriert und ungestraft darüber hinweggesetzt.

Fehler Nummer 4 war, sowohl in Geber- als auch Nehmerländern den Eindruck zu erwecken, dass es beim rechtswidrigen Bailout um so etwas wie eine humanitäre Hilfsaktion ginge, mit der den Not leidenden Griechen zur Seite gesprungen werde. Wer wirklich "gerettet" wurde, ließ sich allerdings nicht unter der Decke halten. Zur Beliebtheit des Euro trug das ganz und gar nicht bei.

Fehler Nummer 5 schließlich ist der entscheidende: Während gegenüber Griechenland auf die Verträge gepocht und eine erwiesenermaßen wirtschaftsschädliche Fortsetzung der Austeritätspolitik verlangt wird, geht es den "Institutionen" nur noch darum, das eigene Versagen zu kaschieren und auf ein Wunder zu hoffen, von dem man weiß, dass es nicht kommen wird.

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Ergebnisse



Sieht man sich die Ergebnisse der bisherigen Rettungsstrategie für Griechenland an, tut sich ein Abgrund der Absurditäten auf: Die griechische Wirtschaft wurde unangespitzt in den Boden gestampft, während die dem Land geradezu aufgezwungenen Schulden immer weiter stiegen. Die Schuldentragfähigkeit einer im Abschwung befindlichen Volkswirtschaft sinkt jedoch anstatt zu steigen. Was einzig die Dijsselblooms, Junckers, Draghis und Merkels dieser Welt nicht zu verstehen scheinen.

Groß ist in Brüssel momentan die Empörung darüber, dass Athen am Sonntag als ultima ratio den Weg der Demokratie beschreiten will. Der Schweiz sieht man so etwas wohlwollend nach, sie hat ja auch nicht den Euro. Aber Demokratie hin oder her: Es hat mehr als einen bitteren Beigeschmack, wenn die aktuelle griechische Regierung am Sonntag quasi darüber abstimmen lassen will, ob sie mit den bis jetzt gemachten Schulden einverstanden sind oder nicht. Und auch der späte Zeitpunkt der Volksbefragung hat wenig Charme.

Das bürokratische Monster, dass Brüssel in Zusammenarbeit mit dem IWF um den Euro errichtet hat, spottet jeder Beschreibung. Und führt zu sonderbaren Ergebnissen: Kaum hatte EU-Kommissionspräsident Juncker Griechenland gestern ein letztes (unannehmbares) Angebot unterbreitet, kritisierte Berlin, dass er dazu überhaupt kein Mandat habe.

Wie der griechische Finanzminister Varoufakis gestern gegenüber dem britischen "Daily Telegraph" kundtat, will Athen ggf. gegen einen Rauswurf Griechenlands aus dem Euro klagen, den er als "nicht verhandelbar" bezeichnete. Der EuGH dürfte sich schwer tun, eine solche Klage abschlägig zu bescheiden. Und dann? Dann müsste Griechenland wieder die ungeliebten Reformen durchführen und sich noch tiefer in die Grütze reiten lassen, während auf die Steuerzahler der Geberländer noch höhere Haftungsrisiken zukämen. Sie sehen:

Die Fehlkonstruktion des Euro und die fortgesetzten Vertragsverstöße der EU und der EZB haben eine Situation heraufbeschworen, die den Verantwortlichen das Heft des Handelns längst aus der Hand geschlagen hat und sie zu immer irrationalerem Aktionismus zwingt. Dem "gemeinen Volk" ist das nicht verborgen geblieben. Und europaweit sprießen Bestrebungen aus dem Boden, die von ihren Regierungen nicht nur den Austritt aus dem Euro, sondern auch aus der EU und der NATO fordern. Besonders Österreich sollten Sie da im Auge behalten. Dort läuft morgen das einwöchige EU-Austritts-Volksbegehren ab. Und erreichen die Initiatoren mehr als 100.000 Stimmen, gilt das Volksbegehren als Gesetzesantrag des Volkes. Die von der Bundeskanzlerin eingefädelte, keineswegs stichhaltige Schicksalsverknüpfung von Euro und Europa könnte bald nach hinten losgehen.

Auf Seite 3: China: Mehr als ein Sack Reis





China: Mehr als ein Sack Reis



Vor lauter Griechenland sieht zurzeit niemand nach Österreich. Und so gut wie niemand nach China. Was Anleger aber tun sollten. Denn im Gegensatz zum ökonomischen Zwerg an der Südflanke Europas stellt China einen wirtschaftlichen Giganten dar. Und gigantisch ist auch die Anzahl der Aktionäre des Riesenreichs. Über 100 Millionen sollen es sein. Und die durften in den vergangenen Wochen fassungslos zugesehen haben, wie ihre Aktien um 20 - 25 Prozent in den Keller rauschten. Die Reaktionen fielen heftig aus: Die Notenbank senkte am Samstag erstmals überhaupt Leitzins und Mindestreservesatz gleichzeitig; viele Unternehmen zahlten die Juni-Gehälter verfrüht aus oder überwiesen ihren Angestellten gleich mehrere Gehälter im Voraus. Kurz gesagt: Da ist mehr als ein Sack Reis umgefallen.



Quelle: www.secretz-online.de

Tja, das sieht nicht gut aus. Und erinnert an das Platzen der Hypothekenblase in den USA. Fatalerweise ist es auch in China hauptsächlich der mit viel zu viel billigem Geld aufgeblähte Häusermarkt, aus dem die Luft entweicht. Und wenn man schon die Fehler der US-Immobilienkrise kopieren will, dann auch richtig. Denn mit der neuerlichen Zinssenkung hat auch Peking unterstrichen, an die Mär einer Wirtschaftsbelebung durch exzessive Liquidität zu glauben.

Kurzfristig mag es hier zu einer Stabilisierung kommen, der nächste Schlag nach unten dürfte aber bis ca. 3400 führen und damit auch unter den 200 Tage-GD (im Wochenchart als GD40 abgebildet). Und spätestens dann dürften auch Wall Street und die europäischen Märkte bemerken, dass die Welt an der Akropolis nicht aufhört.

Auf Seite 4: Rohöl: Einfach dranbleiben!





Rohöl: Einfach dranbleiben!



Wie Kupfer (siehe Vorausgaben) hat sich auch bei Rohöl eine wunderschöne "Aufwärtsflagge" gebildet. Bei Kupfer wurde diese Formation bereits eindeutig nach unten aufgelöst, während sich der Ölpreis (Sorte Brent) gestern noch einmal berappelt hat.



Quelle: www.secretz-online.de

Die Entwicklung am chinesischen Aktienmarkt scheint hier bis jetzt noch nicht eingepreist worden zu sein. Chinas Ölhunger rangiert hinter den USA auf Platz 2. Kühlt sich dort die Wirtschaft ab, kann das gar nicht folgenlos für den Ölpreis bleiben. Hinzu kommt, dass der Iran bei einem zum Greifen nahen Ende des "Atomstreits" so gut wie sicher von den gegen das Land verhängten Sanktionen befreit würde und damit wieder freien Zugang zum Ölmarkt hätte. Was das Angebot erhöhen und den Preis drücken würde. Summa summarum eine der momentan sichersten Chancen. Wird die charttechnische Flagge also signifikant unterschritten, sollten Sie m. E. nicht lange zögern. Spekulationsfreudige Naturen nehmen dabei auch eine Zielmarke von 30 US$/barrel binnen Jahresfrist ins Auge.

Viel Erfolg und besten Grüße

Axel Retz

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt die Portale www.private-profits.de und www.moneyversum.de .