Freitag, der 18. Mai 2012, war für Facebook ein rabenschwarzer Tag. An diesem Tag wagte das soziale Netzwerk den Sprung an die Börse und machte dabei so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Facebook erhöhte im Vorfeld das Emissionsvolumen, den Ausgabepreis und lieferte kurz vor der Premiere auch noch ein sattes Umsatzminus. Und als ob das noch nicht alles genug wäre, zeigte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg der Wall Street auch noch beherzt die kalte Schulter.
Doch Investoren ließen sich von dem Tohuwabohu beim Börsengang und der öffentlich zelebrierten Geringschätzung durch den passionierten Hoodie-Träger nicht entmutigen und zeichneten Facebook-Aktien als gäbe es kein Morgen mehr.
Beobachter brachte der Hype zur Verzweiflung. Der IPO von Facebook sei "mehr ein Spektakel als ein Börsengang", ätzte etwa Max Wolff von GreenCrest Capital. Und Reid Hoffman, Facebook-Investor und Mitgründer des Business-Netzwerks LinkedIn, ließ in einem TV-Interview seinem Unmut freien Lauf. Facebooks Weg an die Börse sei eine "einzige ausgemachte Riesen-Scheiße", wetterte Hoffman.
Doch spätestens heute Nacht dürften auch die ärgsten Facebook-Kritiker Kreide fressen. Im Jahresschlussquartal legte das einst an der Harvard-Uni gegründete Netzwerk trotz Gegenwinds durch den starken Dollar ein Umsatzplus von satten 52 Prozent auf 5,84 Milliarden Dollar hin. Beim Ergebnis ging es gar um 124 Prozent auf 1,56 Milliarden Dollar bzw. 0,79 Cent je Aktie nach oben. Damit pulverisierte Facebook die Schätzungen der Analysten. Die Wall Street-Auguren hatten dem Unternehmen lediglich Erlöse von 5,36 Milliarden bei einem Gewinn von 0,68 Dollar je Aktie zugetraut.
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Angesichts des goldgeränderten Zahlenwerks kriegten sich Investoren gar nicht mehr ein und trieben die Facebook-Aktie nachbörslich um bis zu zwölf Prozent nach oben. Auch die Experten stimmten ungeahnte Lobgesänge an. Es sei "phänomenal, dass sie ihr Wachstum auf dieses Tempo beschleunigen", pries etwa Rob Sanderson vom Analysehaus MKM Partners den Quartalsbericht. Und UBS-Analyst Eric J. Sheridan lobte, die Zahlen "zeigten die immense Zugkraft der weltweit ausgerichteten Facebook-Plattform".
Tatsächlich stehen die Werbekunden bei Facebook derzeit Schlange. Vor allem auf Smartphones und Tablets brummt das Geschäft. Dort ist Facebook inzwischen weltweit führend. Rund 80 Prozent der Erlöse machte das Unternehmen aus Menlo Park in Kalifornien zuletzt im Stammgeschäft und der immer beliebteren Foto-Plattform Instagram. Vor gut zwei Jahren hatte kaum einer der Experten Facebook einen solchen Siegeszug zugetraut.
Weltweit zählt Facebook alleine auf seiner Kernplattform inzwischen 1,59 Milliarden aktive User. Dazu kommen weitere 400 Millionen Nutzer bei Instagram sowie gut eine Milliarde User auf WhatsApp - über die Facebook-Boss Mark Zuckerberg bislang noch gar keine Werbung ausspielt. "Viele Wachstumsmöglichkeiten", resümiert denn auch Pivotal Research-Analyst Brian Wieser, "hat Facebook noch gar nicht erschlossen. Von daher gibt es für uns noch ganz viele Gründe, weshalb wir für Facebook sehr optimistisch bleiben."
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Einschätzung der Redaktion
Wachstumsraten von gut 50 Prozent beim Umsatz und über 120 Prozent beim Gewinn kannte man bislang in der Tech-Branche allenfalls von einem Unternehmen - von Apple. Natürlich haben auch andere Unternehmen schon mal Gewinnverdopplungen hingelegt. Aber bei einer Ausgangsbasis im Milliarden-Dollar-Bereich schafft das kaum einer. Facebook gehört jetzt dazu.
Zwar wachsen auch bei Facebook die Bäume nicht in den Himmel. Aber die Vorzeichen auf weitere Wachstumssprünge sind derzeit ziemlich gut. Das geht schon bei den durchschnittlichen Werbeeinnahmen je User (Average Revenue per User, ARPU) los. In Europa kommt Facebook auf eine ARPU von 4,36 Dollar. In den USA fährt Facebook dagegen bereits 12,89 Dollar ein. Nun kann man einwenden, dass US-Unternehmen für Online-Werbung etwas offener sind als Firmen aus Old Europe. Aber tendenziell dürfte der Facebook-ARPU auch in Europa in den nächsten Quartalen eher steigen.
Und in Asien steht Facebook ohnehin erst am Anfang. Gerade 848 Millionen Dollar hat der Konzern dort im vierten Quartal erlöst. Das war zwar ein Zuwachs von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber gemessen am Bevölkerungswachstum in der Region, der Online-Affinität seiner User und der explosionsartig wachsenden Kaufkraft, ist hier noch jede Menge Luft nach oben.
Dazu kommen Umsatzchancen aus den neuen Plattformen im Konzern. Denn Instagram wächst derzeit ebenfalls rasant und beim weltweit populären Messenger-Dienst WhatsApp ist noch gar keine Werbung live.
Und dann gibt es da noch die Sache mit der schieren Masse. Denn wer als Werbungtreibender digital möglichst viele Menschen erreichen will, kommt im Internet an Facebook (und Google) nicht vorbei.
Zwar investiert Facebook-Chef Mark Zuckerberg weiter sehr kräftig auch in neue Technologien wie Drohnentechnologie oder virtuelle Realität, was zunächst auf das Ergebnis drückt. Aber in den kommenden Jahren dürfte etwa die Internet-Abdeckung bislang unerschlossener Regionen per Web-Drohnen Facebooks Position eher noch stärken.
Die Analysten sind entsprechend optimistisch. So traut etwa UBS Facebook von 2015 bis 2017 einen Umsatzanstieg von gut 80 Prozent zu (siehe Grafik). Die freien Mittelzuflüsse dürften im selben Zeitraum um gut 75 Prozent steigen.
Auch charttechnisch ist bei der Facebook-Aktie trotz des jüngsten (marktgetriebenen) Rückschlags alles im grünen Bereich. Der aus dem Frühjahr 2014 stammende Aufwärtstrend ist intakt. Der nächste Widerstand liegt auf der Höhe des bisherigen Allzeithochs bei 110 Dollar. Fällt der, ist der Weg zu neuen Bestmarken frei. Wir sehen ein Zwölf-Monats-Kursziel von 125 Dollar. Stopp: 85 Dollar. Kaufen.