WAS BEI KION LOS IST:

Nach dem Corona-Jahr ging es 2021 wieder aufwärts für den Gabelstaplerhersteller Kion. Die Bestellungen für Flurförderzeuge erholen sich mehr und mehr und auch in der Sparte Lieferkettenlösungen profitiert der Konzern aus Frankfurt. Der Online-Handel boomt weiter in der Pandemie, deshalb investieren viele Unternehmen zunehmend in die Lagerautomatisierung.

In diesem Bereich blickt Kion-Chef Gordon Riske zudem optimistisch in die Zukunft. Er geht davon aus, dass sich der Trend zu vollautomatisierten Lagerhäusern weiter verstärke, erklärte er bei der Hauptversammlung im Mai. Schnelle, zuverlässige und effiziente Lieferketten bildeten nämlich das Rückgrat der Internetwirtschaft.

Der Online-Boom war auch im Corona-Jahr 2020 der Grund, weshalb Kion robust durch die Krise kam. Gabelstapler waren mit dem Einbruch in der Industrie deutlich weniger gefragt, die Industrie hielt sich mit Investitionen zurück. Allerdings machen die Frankfurter gerade mit Flurförderzeugen immer noch den Großteil ihres Umsatzes.

Auch wenn das erste Quartal besser lief als Analysten erwartet hatten, hielt sich Kion bisher bedeckt und hat die Prognose erst mal nicht angehoben. Es gebe noch zu viele Unsicherheiten: "Wir sehen zudem steigende Rohstoffpreise sowie Risiken bei der Verfügbarkeit wichtiger Vorprodukte, etwa in der Halbleiterindustrie", betonte Riske Ende April anlässlich der Quartalszahlen.

Trotzdem geht Kion auch ohne Prognoseanhebung für 2021 von einem deutlichen Wachstum aus. Die Erlöse sollen von 8,3 Milliarden Euro im Vorjahr auf 9,15 Milliarden bis 9,75 Milliarden Euro steigen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) sieht das Unternehmen bei 720 Millionen bis 800 Millionen Euro nach rund 547 Millionen Euro im Vorjahr.

Damit würde Kion beim Umsatz das Vor-Pandemiejahr 2019 übertreffen - was das bereinigte operative Ergebnis angeht würde der Konzern allerdings unter dem Niveau von 2019 zurückbleiben.

Vorsichtshalber hatte sich Kion wegen der Belastungen durch die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr eine Kreditlinie besorgt. Um diese wieder kündigen und seinen Schuldenberg abbauen zu können, hat Kion sich Ende 2020 mit einer Kapitalerhöhung frisches Geld besorgt. Kion beschäftigt weltweit mehr als 34 000 Mitarbeiter. Zu den Marken des Konzerns gehören unter anderem Linde, Still und Dematic.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Einige Analysten haben in den letzten Wochen und Monaten ihre Kursziele für Kion angehoben. Der Tenor ist meist derselbe: Die Experten loben die Zahlen zum Jahresauftakt im ersten Quartal und haben auch hohe Erwartungen an das zweite Jahresviertel. Analyst Peter Rothenaicher von der Baader Bank geht sogar von einem exzellenten zweiten Quartal für den Staplerhersteller aus. Er rechnet auch damit, dass Kion jetzt seine Jahresziele anheben könnte.

Der Anbieter von Gabelstaplern, Lagertechnik und verbundenen Dienstleistungen sowie Lieferketten-Lösungen sei der größte Profiteur des Trends zur automatisierten Warenbewirtschaftung, schreibt Analyst Sven Weier von der Schweizer Großbank UBS.

Sorgen machen sich einige Analysten aber auch wegen der steigenden Rohstoffpreise. Diese dürften sich vor allem in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar machen und dann auf die Margen drücken, kommentiert Analyst Akash Gupta von der US-Bank JPMorgan.

Insgesamt empfehlen die meisten der 18 seit April von dpa-AFX erfassten Experten die Aktie derzeit zum Kauf. Drei Experten plädieren für 'halten', nur US-Investmentbank Goldman Sachs würde die Papiere derzeit eher aus dem Depot entfernen. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt bei fast 100 Euro und damit deutlich höher als noch zu Beginn des Jahres.

WAS DIE AKTIE MACHT:

Das bisherige Rekordhoch aus dem Oktober 2017 mit 82 Euro hat die Kion-Aktie in diesem Jahr hinter sich gelassen. Ende Juni ist der Wert des Papiers auf mehr als 93 Euro gestiegen; aktuell liegt der Kurs nur knapp darunter.

In den vergangenen zwölf Monaten gewann die Aktie um rund 27 Prozent. Die Papiere des Konkurrenten Jungheinrich legten im gleichen Zeitraum allerdings noch stärker zu - seit Mitte Juli 2020 verdoppelte sich der Kurs. Auf Fünf-Jahres-Sicht hat Kion mit einem Plus von fast 100 Prozent die Nase vorne; hier kommt Jungheinrich nur auf ein Plus von knapp 66 Prozent.

Kion wurde 2013 vom Finanzinvestor KKR an die Börse gebracht. Die Platzierung gelang dabei nur mit Hilfe des chinesischen Industriekonzerns Weichai Power, der sich kurz davor ein großes Paket gesichert hat und inzwischen rund 45 Prozent der Anteile hält.

Nach einem holprigen Start schlug sich Kion am Kapitalmarkt schnell gut. Ausgehend vom Ausgabepreis von 24 Euro ging es für den Kurs bis zum Herbst 2017 um fast 250 Prozent nach oben. Nach dem zwischenzeitlichen Rekordhoch im Herbst 2017 war die Luft raus und in den beiden Jahren danach sackte der Kurs auch wegen des Handelskriegs zwischen China und den USA peu à peu ab - und dann kam noch die Corona-Krise hinzu.

Nach der Erholung der vergangenen Monate ist Kion an der Börse fast zwölf Milliarden Euro wert. Damit liegt das Unternehmen im oberen Mittelfeld des MDax, hat allerdings wegen des vergleichsweise geringen Streubesitzes kaum eine Chance auf den Aufstieg in den Dax, wenn dieser im Herbst von 30 auf 40 Werte erweitert wird.

dpa-AFX