Aus dieser Zeit zu Beginn der Corona-Krise rührt auch der Ärger her, den die Vermögensverwaltungs-Tochter Allianz Global Investors (AllianzGI) mit US-Investoren mehrerer Hedgefonds hat, die sie unter dem Namen "Structured Alpha Fonds" aufgelegt hatte. Diese hatten Verluste erlitten, als die Märkte im ersten Corona-Schock in die Knie gingen. Klagen von Pensionsfonds und anderen Anlegern gegen die Allianz summieren sich Gerichtsunterlagen zufolge inzwischen auf fast sechs Milliarden Dollar, wie eine mit den Verfahren vertraute Person sagte.
Inzwischen steht die Allianz deshalb von verschiedenen Seiten unter Druck: Nach der US-Wertpapieraufsicht SEC hat sich auch das Justizministerium der USA in die Angelegenheit eingeschaltet. Das wiederum hat den Vorstand des Münchner Versicherungsriesen auf den Plan gerufen. Man sei "zu dem Schluss gekommen, dass ein relevantes Risiko besteht, dass die mit den 'Structured Alpha Fonds' verbundenen Angelegenheiten erhebliche Auswirkungen auf künftige Finanzergebnisse der Allianz haben könnten", warnte der Vorstand am Sonntagabend.
Im Gewinn schlägt sich das trotzdem zunächst nicht nieder. Um eine Rückstellung bilden zu können, müsste die Allianz den drohenden Schaden halbwegs konkret abschätzen können - doch dazu sehe man sich derzeit nicht in der Lage, hieß es in der Mitteilung. Bis man klarer sehe, werde der Rechtsstreit die Allianz-Aktie belasten, auch wenn der Versicherer die Belastungen verkraften könne, schrieben die Analysten von JPMorgan am Montag. Die Allianz legt am Freitag (6. August) ihre Geschäftszahlen für das zweite Quartal vor. Sie peilt für das laufende Jahr bisher einen operativen Gewinn von 11 bis 13 Milliarden Euro an. Mit Spannung erwarten Investoren, ob sie die Aktienrückkäufe wieder aufnimmt, die in der Corona-Krise auf Druck der Aufsicht ausgesetzt wurden.
BIS ZU 97 PROZENT VERLOREN
Die meisten der "Structured Alpha"-Verfahren sind in New York anhängig. Zu den Klägern gehört neben dem Pensionsfonds für Lehrer im US-Bundesstaat Arkansas (ATRS) auch der Fonds für rund 70.000 Mitarbeiter der New Yorker Verkehrsgesellschaft Metropolitan Transport Authority (MTA). Sie werfen der AllianzGI vor, bewusst von der Strategie abgewichen zu sein, die Fonds mit Optionen gegen einen kurzfristigen Absturz an den Finanzmärkten abzusichern. Mit einem der Hedgefonds erlitten die Anleger laut den Klagen einen Verlust von 97 Prozent. Zwei Fonds hatte die AllianzGI nach den Verlusten sogar liquidiert.
Nun untersucht laut Allianz auch das US-Justizministerium den Fall und hat Informationen von dem Versicherer angefordert. "Die Allianz kooperiert vollumfänglich mit der SEC und dem DOJ bei deren Ermittlungen und hat umgehend eine eigene Überprüfung der Angelegenheit eingeleitet", hieß es in der Mitteilung. Ein Sprecher von AllianzGI hatte die Vorwürfe vergangenes Jahr als "rechtlich und faktisch unzutreffend" zurückgewiesen, seien die Pensionsfonds doch professionelle Anleger, die Fonds mit einem höheren Rendite-Risiko-Profil gekauft hätten. Diese sollten bis zu zehn Prozent höhere Renditen bringen als der S&P-500-Index. AllianzGI war in einer eigenen Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass die Verluste "nicht das Ergebnis einer fehlerhaften Portfolio-Investmentstrategie oder Fehlern im Risikomanagement" waren.
rtr