Vor dem Abschied in den Ferienmonat August hat die belgische Regierung der heimischen Wirtschaft noch ein Geschenk beschert. Die Unternehmensteuer, mit 34 Prozent eine der höchsten in der Europäischen Union, soll bis 2020 auf 25 Prozent gesenkt werden. Dieser Schritt kommt vor allem jenen Firmen zugute, die in Belgien produzieren und einen größeren Teil ihrer Einnahmen auf dem Heimatmarkt erzielen.

Dabei steht Deutschlands westlicher Nachbar wirtschaftlich gut da. Die konjunkturelle Erholung nimmt langsam, aber merklich Fahrt auf (siehe Infografik auf Seite 3). Das gilt vor allem für die exportorientierten Branchen. Ein Minus ist allerdings die hohe Staatsverschuldung, die seit 2015 bei rund 106 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verharrt.

Anleger finden in Belgien einige Firmen mit ordentlichen Renditen. Zahlreiche, an der Euronext gelistete belgische Bluechips sind vor allem in Fonds mit Schwerpunkt Europa enthalten. Weniger bekannt sind hierzulande belgische Small und Mid Caps. "In den Niederlanden sind mittelständische Unternehmen eher über Private Equity finanziert, welches die Unternehmen an die Börse bringen. In Belgien dagegen prägen eher familiengeführte Unternehmen den Mittelstand", meint Markus Herrmann, Portfoliomanager der Frankfurter Fondsgesellschaft Lupus Alpha.

Diese mittelständischen Firmen sind als Nischenplayer in Technologiebranchen ebenso unterwegs wie im Immobiliensektor und in der staatlich geförderten Biotechnologieforschung. Im BEL 20, dem Leitindex der Börse Brüssel, bildet der Brauereikonzern Anheuser-Busch InBev das mit Abstand größte Schwergewicht, gefolgt vom Geldhaus KBC und der Holdinggesellschaft GBL.

Mit seiner eher defensiven Branchenausrichtung auf Finanzen, Telekom und Basiskonsumgüter hat der BEL 20 seit Jahresbeginn besser abgeschnitten als der deutsche Leitindex DAX. Noch sind sich Experten uneins, ob diese starke Performance bis zum Jahresende anhält. "Sollte der US-Dollar seine aktuelle Schwäche gegenüber dem Euro behalten, würde sich das auf die Unternehmensgewinne niederschlagen", so Dirk Pattyn, Portfoliomanager bei der Fondsboutique Degroof Petercam. Klar ist: Für breit diversifizierte Portfolios bieten belgische Aktien ein weites Feld an attraktiv bewerteten Titeln.

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Belgisches Quintett



Mit einem guten Einstiegsniveau lockt etwa Anheuser-Busch InBev. Darüber sollte auch die optisch hohe Bewertung nicht hinwegtäuschen. Die Übernahme des Rivalen SAB Miller erweitert das Markenportfolio (Budweiser, Corona) und langfristig plant der Konzern Kostensenkungen von 2,8 Milliarden US-Dollar. Größter Belastungsfaktor ist die mit 108,5 Milliarden US-Dollar Ende 2016 hohe Nettoverschuldung. Im Gegenzug kann AB InBev dank seiner breiten internationalen Aufstellung Absatzprobleme in einzelnen Märkten wie zuletzt Südamerika gut kompensieren.

Der Rohstoffkonzern Umicore zählt zu den Bluechips, die anlässlich der Halbjahreszahlen ihre Gewinnprognose nach oben angepasst haben. Bis 2018 erwarten die Konsensschätzungen einen Gewinnanstieg von 1,76 Euro auf 2,74 Euro je Aktie. Umicore setzt auf Edelmetalle sowie hochmargige Werkstoffe und ist auch im Recyclinggeschäft tätig. Zu den größten Absatzmärkten zählen die Hersteller von Katalysatoren und Batterien für Elektrofahrzeuge.

Beim Pharmakonzern UCB, der 2007 in Deutschland Schwarz Pharma übernommen hatte, ist die Enttäuschung über die klinischen Endergebnisse des Osteoporosemedikaments Evinity auf dem aktuellen Bewertungsniveau mehr als eingepreist. Anders als die meisten Konkurrenten ist UCB bis 2022 von keinen größeren Patentabläufen betroffen. Die starke Marktposition bei Heilmitteln gegen Epilepsie und Autoimmunerkrankungen sorgt auf Sicht der nächsten drei Jahre für mehr als 20 Prozent Gewinnwachstum.

Etwas spekulativer ist Galapagos. Größter Hoffnungsträger der Biotechfirma ist Filgotinib. Das Medikament gegen rheumatoide Arthritis und zwei Formen von chronischer Darmentzündung befindet sich in der klinischen Endphase. Die Partnerschaft mit dem Riesen Gilead Sciences sieht vor, dass die Einnahmen in den fünf größten europäischen Ländern und den Beneluxstaaten geteilt werden und Galapagos in den restlichen Märkten eine Umsatzbeteiligung von 20 Prozent erhält.

Unser Favorit Melexis zählt zu den Chipherstellern, die in einer Marktnische dominieren. Das Unternehmen entwickelt integrierte Schaltkreise, die bei Fahrzeugen in magnetischen und optischen Sensoren oder für die Ansteuerung von Elektromotoren zum Einsatz kommen. Je mehr Elektroflitzer sich also künftig auf den Straßen tummeln, desto besser läuft das Geschäft von Melexis. Eng verbandelt ist das Unternehmen auch mit dem Erfurter Waferhersteller X-Fab, der seit April 2017 ebenfalls in Brüssel gelistet ist.





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