Als Regierungssprecher Steffen Seibert nach der überraschenden Reise des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann nach Athen gefragt wurde, antwortete er am Mittwoch sehr diplomatisch: Die Kanzlerin stehe in regelmäßiger Abstimmung mit ihrem Kollegen. Kritik an der Reise wollte er ausdrücklich nicht äußern. Deutlich wurde dagegen der Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich: "Es ist ein weiterer Beweis für die Unfähigkeit und Konzeptionslosigkeit der Akteure, wenn sich keiner mehr an vereinbarte Regeln und Verfahren hält", sagte er zu Reuters.

Anlass für die Verärgerung des CSU-Politikers ist, dass die Reise ein grundlegendes Problem der internationalen Geldgeber in der Griechenland-Krise offenbart: Die Vielzahl abweichender Meinungen in der Allianz der Geldgeber gilt bei EU-Diplomaten als Vorteil für den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Faymann etwa gilt eher als Vertreter eines milden Kurses und äußerte auch am Mittwoch in Athen Verständnis für die griechische Ablehnung einiger Forderungen der Geldgeber. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker war mehrfach eine angeblich zu verständnisvolle Haltung vor allem von der CDU vorgeworfen worden. Tsipras nimmt diese Bälle gerne auf und betont, dass ja nicht nur er, sondern auch andere Europäer Forderungen der Geldgeber für Unsinn halten. Das schwächt die Verhandlungsposition der Gläubiger.

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DIFFERENZEN ZWISCHEN IWF UND EU-KOMMISSION



Das Treffen im Kanzleramt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande, IWF-Chef Christine Lagarde, Juncker und EZB-Präsident Mario Draghi vor zehn Tagen war deshalb vor allem der Versuch, für das diplomatische "Endspiel" eine einheitliche Front der wichtigsten Geldgeber zu bilden - was nicht einfach ist, weil außer Athen gleich 18 Euro-Regierungen, der IWF, die EZB und die EU-Kommission involviert sind.

Seit dem Spitzentreffen wirkt die Front immerhin etwas geschlossener. Juncker zeigte sich in den vergangenen Tagen gleich mehrfach sehr verärgert darüber, dass Tsipras Zusagen aus Gesprächen mit ihm nicht eingehalten habe. Ein abgesagtes Telefonat und der Abbruch der Verhandlungen vergangenen Sonntag waren die Folge. Der IWF, der den Ruf hat, immer am härtesten zu argumentieren, zeigt sich seinerseits milder. Das liegt vor allem an den USA, die das Nato-Land Griechenland gerne weiter im Euro sehen würden. Washington als größter IWF-Anteilseigner macht intern Druck, für Griechenland notfalls auch eine "kreative" Lösung zu finden. Die Stundung der ersten Rückzahlungen bis Ende Juni ist dafür ein Beispiel.

Gleichzeitig aber fordert der IWF ebenso wie die griechische Regierung einen Schuldenschnitt für das Land. Das wiederum geht den Euro-Partnern und der EZB viel zu weit. "Tsipras kennt die Differenz ganz genau - und beruft sich nach Bedarf auf abweichende Meinungen", sagt ein EU-Diplomat.

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WER REDET FÜR DIE EUROZONEN-PARTNER?



Aber auch auf Ebene der Euro-Regierungschefs ist man sich nicht unbedingt einig. Weil man sich mit Blick auf das am 30. Juni endende zweite Griechenland-Hilfspaket dem Endspiel nähert, schaltete sich auch Merkel direkt ein. Zusammen mit Hollande hat sie mittlerweile ein halbes Dutzend Mal mit Tsipras gesprochen. Zwar betont Merkel immer wieder, dass bei diesen allgemein politischen Gesprächen nicht verhandelt werde. Ein Reformpaket könne und müsse Griechenland allein mit den drei Institutionen EU-Kommission, EZB und IWF aushandeln.

Dennoch gab es vergangene Woche Gegrummel im Kreis der Euro-Partner, als sie zusammen mit Hollande am Rande des EU-Gipfels in Brüssel Tsipras wieder zu einem nächtlichen Gespräch empfing. Einigen kleineren Euro-Staaten geht diese Aufmerksamkeit für den Linksaußen-Politiker aus Athen zu weit. Auch der CSU-Politiker Friedrich kritisiert jeden Ansatz scheinbarer Nachgiebigkeit: Tsipras habe nichts mehr zu verlieren und "zeige die typische Verantwortungslosigkeit vieler Revolutionäre", sagte er. "Wenn man die nicht stoppt, reißen sie alles nieder."

Ganz anders sieht dies Österreichs Kanzler, der selbst IWF-Forderungen an Athen kritisiert. "Manchesmal hab ich das Gefühl, dass es recht technokratisch und herzlos zugeht", sagte der Sozialdemokrat im österreichischen Radio ORF. "Miteinander, heißt respektvoll miteinander umgehen", sagte er Richtung Europa.

Nur haben die meisten anderen Unterhändler in Berlin und Brüssel nach wiederholten Beschimpfungen der Geldgeber durch Tsipras nicht den Eindruck, dass dies der Kern des Problems ist - sondern eher der Unwille der Griechen, sich überhaupt zu bewegen. Was Faymann in Athen wolle, sei ihm deshalb "nicht ganz klar", sagte ein hochrangiger EU-Vertreter am Mittwoch, der die Griechenland-Verhandlungen eng begleitet. Merkel hatte ihre Kollegen im CDU-Bundesvorstand am Montag jedenfalls eingeschärft, dass ihr griechischer Kollege bis zum Ende pokern werde - und dass man deshalb sehr besonnen und nur noch geschlossen vorgehen müsse.

Reuters