NEW YORK (dpa-AFX) - Die Wall Street bleibt am Freitag auch wegen eines Hoffnungsschimmers im Ukraine-Krieg auf Erholungskurs. Nachdem am Vortag die Technologiewerte an der Nasdaq mit ihrer Rally dominierten, waren nun die Standardwerte stärker gefragt. Als Treiber fungierte, dass Russland nach Kremlangaben bereit zu Friedensverhandlungen mit der Ukraine ist.
Ungeachtet des weiteren Vorrückens russischer Streitkräfte, die bis in die Hauptstadt Kiew vordrangen, baute der Dow Jones Industrial seine Gewinne zwei Stunden vor Schluss mit 34 017,70 Punkten auf 2,39 Prozent aus. Am Vortag hatte er es nach dem ersten Schock wegen des Einmarschs in der Ukraine spät noch ins Plus geschafft. Vom tiefsten Stand seit elf Monaten hat er nun in kürzester Zeit wieder 5,4 Prozent an Boden gut gemacht. Das bisherige Wochenminus hat er aktuell fast wieder ausgeglichen.
Der marktbreite S&P 500 folgte dem um 1,99 Prozent auf 4373,98 Punkte nach oben. Im Tech-Sektor gab es nach verhaltenem Start auch weitere Gewinne, die aber an den Dow nicht heran kamen. Der von Technologie-Unternehmen dominierte Auswahlindex Nasdaq 100 lag mit 1,02 Prozent im Plus bei 14 116,91 Zählern.
Eine Spur der Hoffnung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine lockte auf dem ermäßigten Kursniveau wieder die Schnäppchenjäger an. Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Einen Tag nach Beginn der militärischen Eskalation im Ukraine-Russland-Konflikt können Anleger dies- und jenseits des Atlantiks wieder Mut schöpfen", urteilte Marktbeobachter Timo Emden.
Die EU zeigte sich davon aber zunächst wenig beeindruckt: Sie hat auch Putin und Russlands Außenminister Sergej Lawrow auf ihre Sanktionsliste setzen. Dies bedeutet, dass möglicherweise in der EU vorhandene Vermögenswerte der beiden Politiker eingefroren werden.
Unter den Dow-Werten erholten sich unter anderem die Finanztitel von ihren Vortagsverlusten, wie die Aktien von JPMorgan mit einem Anstieg um 3,4 Prozent zeigten. Die Spitze eroberten allerdings die Aktien der beiden Mischkonzerne Johnson & Johnson sowie 3M mit Anstiegen von mehr als fünf Prozent.
Die wenigen Unternehmensnachrichten stießen jedoch meist auf ein sehr negatives Echo. Die Aktionäre von Foot Locker mussten nach der Zahlenvorlage einen Kurseinbruch um etwa ein Drittel verkraften. Ein enttäuschender Ausblick auf das laufende Jahr drückte die Titel des Sportbekleidungshändlers zeitweise auf den tiefsten Stand seit Mai 2020.
Ein weiterer großer Verlierer wegen Aussagen zum Ausblick war der Computerkonzern Dell , dessen Aktien um sechs Prozent absackten. Laut dem Experten Tim Long von der Barclays-Bank verfehlte auch der Gewinn je Aktie im vierten Quartal die Erwartungen. Mit 11,5 Prozent besonders groß waren die Kursverluste beim Fleischersatzhersteller Beyond Meat nach dessen Zahlen.
Ein großer Gewinner im Nebenwertebereich waren die Papiere des TV-Satellitenbetreibers Dish Network mit einem Kurssprung um 10,8 Prozent. Als Treiber galten hier die Experten von JPMorgan, die ihr Votum um gleich zwei Stufen auf "Overweight" erhöhten. Durch die zurückliegende Kursschwäche seien die Perspektiven für Anleger nun besser. Analyst Philip Cusick rechnet mit positiven Kurstreibern, die die Stimmung bessern sollten.
Von der größten US-Krypto-Börse Coinbase gab es gemischte Nachrichten. Ein Gewinnsprung im vergangenen Quartal stand einem verhaltenen Ausblick gegenüber. Angesichts des jüngsten Preisrutsches bei Bitcoin und Co. stellte das Unternehmen die Anleger auf schwächere Geschäfte ein. Die Aktien verloren 2,1 Prozent und steuerten so ihr Rekordtief vom Vortag an./tih/he
Quelle: dpa-Afx