BERLIN (dpa-AFX) - Der Lieferdienst Delivery Hero
DAS IST LOS BEI DELIVERY HERO:
Mit dieser Nachricht hatten die südkoreanischen Behörden Delivery Hero wohl ein verspätetes Weihnachtsgeschenk beschert: Kurz vor dem Ende 2020 genehmigte die Kartellbehörde KFTC den Zusammenschluss mit dem dortigen Lieferdienst Woowa Brothers - allerdings unter Auflagen. KFTC verlangt unter anderem den Verkauf der Südkorea-Tochter Yogiyo. Delivery Hero beugt sich dem, die Woowa-Übernahme soll im ersten Quartal 2021 durch sein.
Südkorea ist wie viele asiatische Länder enorm wichtig für das Geschäft des Konzerns. In Asien wuchs der Konzern zuletzt besonders stark, wie auch in Latein- und Südamerika. Aus dem Nordamerika-Geschäft stieg das Unternehmen schon vor einiger Zeit aus, überließ es anderen Lieferdiensten wie Doordash und Grubhub.
In allen vier definierten Geschäftsregionen - neben Asien sowie Latein- und Südamerika auch noch Nord- und Osteuropa sowie Nahost und Nordafrika - setzt Delivery Hero weiter auf Wachstum. Zuletzt war das Unternehmen mit verschiedenen Marken in 49 Ländern weltweit vertreten. In Lateinamerika hatte Delivery Hero im dritten Quartal das Geschäft des spanischen Lieferdienstes Glovo übernommen.
Aktuell kann sich Delivery Hero über die von der Corona-Pandemie angetriebene Entwicklung freuen. Denn klar ist: Die Angst vor Infektionen mit dem Virus und Beschränkungen für die Allgemeinheit treiben die Bestellzahlen nach oben. Künftig soll das Angebot um den sogenannten "Quick Commerce" (Q-Commerce) erweitert werden, sodass auch alltägliche Gegenstände dann in einer kurzen Zeitspanne geliefert werden sollen. Mehr Bestellungen und Umsatz motivieren wiederum die Anleger, stärker in den Lieferdienst zu investieren.
Und dennoch: Als einziges Dax-Mitglied ohne Deutschlandgeschäft schreibt Delivery Hero weiter rote Zahlen. Laut den Halbjahreszahlen vergrößerte sich der um Sonderposten bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Jahresvergleich auf 320 Millionen Euro - und das, während Bestell- und Umsatzzahlen nach oben gingen. Laut Unternehmensprognosen könnte 2020 beim bereinigten operativen Ergebnis (Ebitda) im schlimmsten Fall ein Minus von fast einer halben Milliarde Euro stehen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Die von der Nachrichtenagentur dpa-AFX erfassten Experten sind sich bei Delivery Hero weitestgehend einig: Mit 8 Stimmen empfiehlt die überwältigende Mehrheit zum Kauf von Aktien. Nur zwei raten zum Halten. Bis zum durchschnittlichen Kursziel von 139,30 Euro hat die Aktie noch ein wenig vor sich. Derzeit kostet ein Papier rund 127 Euro.
Erst jüngst sprach DZ-Bank-Analyst Manuel Mühl eine Kaufempfehlung aus und hob den fairen Wert für die Aktie um 40 Euro auf 150 Euro. Er traut Delivery Hero durch den südkoreanischen Woowa-Deal eine deutlichere Positionierung auf dem dortigen Markt zu. Die Kapitalerhöhung ermögliche zudem eine Beschleunigung des Expansionstempos und den Einstieg in neue Märkte oder die Stärkung bereits bestehender Marken. Verglichen mit den hohen Bewertungen im Sektor, die jüngst beim Börsengang von DoorDash aufgerufen worden seien, könne die Bewertung von Delivery Hero bei Fortsetzung des Wachstums noch als akzeptabel eingestuft werden.
Commerzbank-Experte Andreas Riemann interpretierte die Kapitalerhöhung des Lieferdienstes so, dass es weitere Akquisitionen und eine anhaltende Konsolidierung des Marktes geben werde. Das Unternehmen dürfte das obere Ende der Prognosespanne für 2020 erreichen und naturgemäß von den anhaltenden Lockdown-Maßnahmen profitieren. Auch er hob sein Kursziel an - auf 158 Euro. Ähnlich äußerte sich Lars Lusebrink vom Analysehaus Independent Research, er beließ es allerdings beim Halten.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Anleger, die gleich in den ersten Monaten nach dem Börsengang von Delivery Hero zugriffen und seither die Aktien hielten, können zufrieden sein: Denn seit den Sommermonaten 2017 hat sich der Wert der Papiere mittlerweile mehr als verfünffacht. Wer erst zum Ende 2019 eingestiegen war, kann sich immerhin noch über eine knappe Verdopplung seiner Anlage freuen.
Zwar musste auch Delivery Hero während des Corona-Crash im März 2020 Kurseinbußen hinnehmen. Diese waren aber nur von kurzer Dauer: Seit April befindet sich die Aktie im Höhenflug. Sie profitiert von der Überzeugung der Anleger, dass die Menschen infolge von Angst vor Infektionen sowie anhaltenden Corona-Restriktionen wie geschlossene Restaurants oder Ausgehbeschränkungen häufiger und mehr bestellen.
Den jüngsten Schub nach oben hat das Unternehmen den südkoreanischen Behörden zu verdanken, die nun unter Auflagen grünes Licht für die Übernahme des dortigen Lieferdienstes Woowa gegeben hat.
Delivery Hero bringt es derzeit auf eine Marktkapitalisierung von derzeit rund 26,5 Milliarden Euro. Im Vergleich: Just Eat Takeaway, zu dem auch die deutsche Marke Lieferando gehört, kann 13,2 Milliarden Euro vorweisen. Der US-Lieferdienst Doordash ist an der Börse umgerechnet 49,4 Milliarden Euro schwer und Grubhub bringt es auf knapp 5,5 Milliarden Euro./ngu/stw/mis
Quelle: dpa-Afx