(neu: Aussagen aus der Analystenkonferenz, Analystenstimme, Aktienkurse aktualisiert)

BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Der Krankenhaus- und Medizinkonzern Fresenius und seine Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) manövrieren weiterhin ohne größere Blessuren durch die Corona-Krise. Dank einer Erholung seiner Klinikgesellschaft Helios und einem Ergebnissprung beim Dialyseanbieter Fresenius Medical Care (FMC) konnte Konzernchef Stephan Sturm überraschend gute Zahlen für das dritte Quartal vermelden. "Fresenius ist stabil und widerstandsfähig", betonte der Manager am Donnerstag in Bad Homburg.

An der Börse rutschten die Papiere nach morgendlichen Gewinnen gleichwohl bis zum Nachmittag ins Minus. Fresenius verloren zuletzt rund 1,7 Prozent, FMC gaben um rund 2,3 Prozent nach. Analysten verwiesen dagegen nahezu unisono auf das überraschend gute Abschneiden beider Unternehmen im dritten Quartal. Die Fresenius-Zahlen belegen nach Einschätzung von Warburg-Analyst Ulrich Huwald, dass die Sorgen des Marktes übertrieben seien. Die Aktien des Gesundheitskonzerns seien in jeder Hinsicht unterbewertet, so der Experte. Die Fresenius-Aktie hat seit Jahresbeginn mehr als ein Drittel an Wert eingebüßt und gehört damit zu den schwächsten Dax-Mitgliedern.

Fresenius hatte im Sommer wegen der Corona-Krise seine Prognosen kürzen müssen, was auch dem Aktienkurs nicht gut tat. Der Konzern bestätige diese nun zwar - allerdings mit einem "konservativeren Unterton", wie Sturm betonte. So seien in den Zielen keine Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie mit wesentlichem und unmittelbarem Einfluss auf den Gesundheitssektor "ohne angemessene Kompensation" berücksichtigt.

Der Konzernchef unterstrich während einer Analystenkonferenz jedoch seine Überzeugung, dass Fresenius bereits mit dem zweiten Quartal den Tiefpunkt des Jahres hinter sich gelassen habe. Zwar dürfte die Corona-Krise auch das Schlussquartal belasten, der Dax-Konzern sei aber gut auf die Herausforderungen vorbereitet, "vor die uns die Pandemie auch in den nächsten Monaten stellen wird".

Im abgelaufenen Jahresviertel hatte das Unternehmen seine Erlöse im Vergleich zum Vorjahr um 1 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro gesteigert, negative Währungseffekte bremsten jedoch. Währungsbereinigt betrug der Zuwachs 5 Prozent. Der bereinigte Konzerngewinn lag mit 427 Millionen Euro zwar um 4 Prozent unter dem Vorjahr, Analysten hatten aber einen noch stärkeren Rückgang befürchtet.

Im dritten Quartal profitierten die Südhessen davon, dass in den 86 deutschen Krankenhäusern der Tochter Helios Operationen nachgeholt wurden, die in der Pandemie zugunsten von Corona-Patienten verschoben worden waren. Auch in den Kliniken in Spanien gab es wieder mehr Eingriffe, sodass der Umsatz von Helios um acht Prozent kletterte und das Ergebnis um mehr als ein Viertel anstieg.

Bei der Flüssigmedizintochter Kabi, die etwa Infusionen, Narkosemittel und klinische Ernährung anbietet, erholten sich die Geschäfte in Europa und China, während sie auf dem wichtigen US-Markt jedoch schwächelten. Kabi wies somit Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis aus. Die auf Gesundheitsprojekte spezialisierte Tochter Vamed kam aus den roten Zahlen nicht heraus, sie traf erneut schwer, dass Projekte und Aufträge verschoben wurden.

Der Dialyseanbieter Fresenius Medical Care (FMC) litt dagegen unter dem Verfall des US-Dollar. Der Umsatz stagnierte bei rund 4,4 Milliarden Euro. FMC ist stark in den USA aktiv, Umsätze in Dollar verlieren bei der Umrechnung in den starken Euro an Wert. Belastend hinzu kamen erwartungsgemäß geringere Erstattungsbeiträge für Medikamente zur Senkung des Kaliumspiegels (Kalizimimetika). Zudem waren Dialysebehandlungen wegen teils schwerer Covid-19-Verläufe bei Patienten ausgefallen, weil diese ins Krankenhaus mussten oder starben. Dank eines guten Kostenmanagements stieg das Ergebnis jedoch um sieben Prozent auf 354 Millionen Euro.

Die Corona-Krise hatte Fresenius im Sommer gerade im Klinikgeschäft getroffen. So hatte der Konzern die Zahl der Intensivbetten aufgestockt und Operationen verschoben. Da die Pandemie aber hierzulande glimpflich verlief, standen viele Intensivbetten leer. Gelder des Bundes konnten fehlende Einnahmen aus aufgeschobenen Operationen nur mildern. Weil weniger operiert wurde, kamen auch weniger Arzneien und Narkosemittel von Kabi zum Einsatz.

Angesichts des am Mittwoch von Bund und Ländern beschlossenen Teil-Lockdowns mit vorübergehender Schließung etwa von Bars und Kinos sprach sich Sturm für ein gezielteres und angemesseneres Vorgehen der Politik gegenüber dem Krankenhaussektor aus. "Die Maßnahmen aus dem Frühjahr dürfen nicht einfach wiederholt werden." Helios sei in seinen Kliniken in Deutschland und in Spanien in der Lage, den normalen Betrieb auch bei einer deutlich steigenden Fallzahl von Covid-19-Patienten aufrecht zu halten.

Ein generelles Aufschieben nicht zwingend nötiger Operationen will Fresenius vermeiden. Die deutschen Helios-Kliniken haben 1300 Intensivbetten in Betrieb und können kurzfristig weitere 1000 bereitstellen, wie der Konzern jüngst betonte. Das seien 700 mehr als im Frühjahr. Stand Ende Oktober waren ein Drittel der Intensivbetten frei./tav/als/mne/he

Quelle: dpa-Afx