LUXEMBURG (dpa-AFX) - Der Fernsehkonzern RTL wird infolge von trüben Aussichten für die europäischen Werbemärkte und einem schwachen Quartal vorsichtiger für das laufende Jahr. So rechnet Konzernchef Thomas Rabe damit, dass 2022 operativ weniger profitabel ausfallen könnte als bisher geplant, wie das im MDax notierte Unternehmen am Freitag in Luxemburg mitteilte. Kopfzerbrechen bereitet dem Manager zudem weiter der mittlerweile wackelnde Zusammenschluss zwischen den französischen privaten Fernsehgruppen TF1 und M6, an der RTL Anteile hält. Die RTL-Aktie fiel um rund vier Prozent. Seit dem Jahreswechsel hat der Kurs damit fast ein Fünftel seines Wertes eingebüßt.

In einer Telefonkonferenz betonte Rabe, dass es bei dem Deal in Frankreich keine Alternative gebe. "Es gibt keinen Plan B, nur einen Plan A auf den wir uns konzentrieren", sagte er. Ende Juli hatte die zuständige französische Wettbewerbsbehörde kartellrechtliche Bedenken geäußert - insbesondere mit Blick auf den Werbemarkt - und Auflagen gefordert. TF1-Eigentümer Bouygues und M6-Anteilseigner RTL hatten daraufhin angedeutet, dass der Deal platzen könnte. "Es ist völlig klar, dass wir keine Auflagen akzeptieren können und akzeptieren werden, die die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Vorhabens infrage stellen", verdeutlichte Rabe. Im Oktober dürfte eine Entscheidung fallen.

Die zu Bertelsmann gehörende RTL-Gruppe will in den jeweiligen europäischen Märkten durch Kooperationen und Zusammenschlüsse starke Unternehmen formen, um der Konkurrenz der US-Streamingriesen wie Netflix , Amazon und Disney lokal etwas entgegensetzen zu können. In Frankreich ist die Fusion der Sendergruppen bis Jahresende geplant. Die RTL-Gruppe würde ihren gesamten Anteil in das fusionierte Unternehmen einbringen und dann Anteile an den TF1-Eigentümer Bouygues verkaufen. Am Ende will RTL als zweitgrößter Aktionär beteiligt sein.

Deutlich zuversichtlicher zeigte sich der Manager mit Blick auf das geplante Zusammengehen von Talpa Network und RTL Nederland. Dort müssen die zuständigen Behörden noch grünes Licht geben. Er rechne damit, dass es im Herbst 2022 zu einer Entscheidung kommen wird.

Mit Blick auf die Dynamik der europäischen TV-Werbemärkte in der zweiten Jahreshälfte gab sich Rabe bedeckt. Es gebe "sehr wenig Visibilität", sagte er. Zwar gebe es Indikatoren. Diese seien allerdings sehr kurzfristig und stark schwankend. Außerdem seien die Aussichten unter anderem wegen der Auswirkungen der Fußball-Weltmeisterschaft im November und Dezember sowie zahlreichen externen Faktoren - insbesondere der Krieg in der Ukraine, Inflation, Energieversorgungs- und Lieferketten-Probleme - unsicher.

Entsprechend senkte der Konzern seine Prognose für den um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Werte (Ebita) und rechnet dort nur noch mit 1,05 Milliarden Euro bis 1,15 Milliarden Euro. Das entspräche einem Rückgang von rund acht Prozent oder einem Wert auf Vorjahresniveau, ergänzte Rabe. Allerdings liegt das Jahresziel deutlich unter den von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Analystenerwartungen. Für den Umsatz prognostiziert RTL jetzt einen Wert zwischen 7,3 Milliarden Euro und 7,5 Milliarden Euro nach zuvor rund 7,4 Milliarden Euro, was aber auch an positiven Wechselkurseffekten liegt. Im vergangenen Jahr hatte RTL rund 6,6 Milliarden Euro erlöst.

Unterdessen vermeldete RTL für das erste Halbjahr einen Rekord beim Gesamtumsatz, der mit 3,3 Milliarden Euro rund 8,7 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum war. Allerdings zählen die Erlöse von Gruner + Jahr seit dem Jahreswechsel mit in die Bilanz ein: Diese und Umsätze aus dem Streaming-Segment hätten schlechtes Timing bei den Fremantle-Produktionen und niedrigere TV-Werbeumsätze zwischen April und Juni kompensiert, hieß es. Aus eigener Kraft - also ohne Sondereinflüsse wie Zukäufe und Wechselkurseffekte - lag der Gesamtumsatz auf Vorjahresniveau.

Mit 501 Millionen Euro lag der operative Gewinn rund 3,7 Prozent über dem Vorjahreswert. Denn in der Anlaufphase seiner Streaming-Angebote musste RTL noch mehr Geld investieren als gedacht. Mittlerweile zählt die Gruppe 4,5 Milliarden zahlende Abonnenten für ihre Dienste RTL+ in Deutschland sowie Videoland in den Niederlanden. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Plus von fast der Hälfte.

Unter dem Strich verdiente RTL 304 Millionen Euro nach 929 Millionen im Vorjahr. Damals hatte der Konzern aber vom Verkauf eines Unternehmensteils profitiert./ngu/zb/rin/mis/jha/

Quelle: dpa-Afx