NEW YORK (dpa-AFX) - Vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank Fed haben sich die US-Aktienmärkte am Mittwoch weiter erholt. Als Kursstütze sahen Marktbeobachter zudem vage Hoffnungen auf eine Feuerpause in der Ukraine und eine damit verbundene Entspannung bei den Energiepreisen.

Zuletzt legte der Leitindex Dow Jones Industrial um 1,19 Prozent auf 33 944,34 Punkte zu. Der marktbreite S&P 500 gewann 1,68 Prozent auf 4333,90 Punkte, und für den technologielastigen Auswahlindex Nasdaq 100 ging es sogar um 2,77 Prozent auf 13 831,07 Zähler hoch.

Trotz des Ukraine-Kriegs wird die Fed am Abend wohl erstmals seit dem Jahr 2018 wieder den Leitzins erhöhen. Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits Anfang März vor dem US-Kongress deutlich gemacht, dass der Krieg keine wesentliche Änderung im geldpolitischen Kurs nach sich ziehen werde.

Auch die jüngsten Daten zum US-Einzelhandelsumsatz stünden dem Beginn einer geldpolitischen Straffung nicht im Wege, schrieb Ökonom Andrew Hunter von Capital Economics. "Allerdings sorgte der Krieg in der Ukraine dafür, dass Spekulationen über einen großen Zinsschritt mit 0,50 Prozentpunkten vom Tisch sind", schreiben die Experten der Dekabank. Allgemein erwartet wird aktuell eine Anhebung um 0,25 Punkte. An den Finanzmärkten werden im Jahresverlauf eine Reihe weiterer Zinserhöhungen erwartet.

Vom Krieg in der Ukraine gab es einmal mehr dissonante Signale. Russland forderte die USA auf, ihre Waffenlieferungen an die Ukraine zu beenden. Washington müsse aufhören, "Neonazis" und "Terroristen" in Kiew zu unterstützen, sagte Russlands Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew der Agentur Tass zufolge bei einem Telefonat mit dem Nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. Derweil forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer per Video übertragenen Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses erneut die Einrichtung einer Flugverbotszone in der Ukraine, mehr militärische Unterstützung des Westens und neue Sanktionen gegen Russland.

Andererseits berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf Insider, es gebe bei den russisch-ukrainischen Gesprächen deutliche Fortschritte für einen 15 Punkte umfassenden Friedensplan. Dieser beinhalte unter anderem einen Waffenstillstand sowie den Rückzug russischer Kräfte, falls die Ukraine einen neutralen Status des Landes sowie Einschränkungen für ihr Militär akzeptiere.

Die Perspektive auf eine Entspannung im Ukraine-Konflikt hielt vor allem Technologiewerte auf ihrem Erholungskurs. Im Dow verteuerten sich Apple um knapp zwei Prozent. Nach dem Produktionsstopp wegen des Corona-Lockdowns im südchinesischen Shenzhen nahm der Apple-Partner Foxconn den Betrieb in der iPhone-Fertigungsstätte in der Metropole teilweise wieder auf. Auch den Sektor prägende Chip-Titel gehörten zu den großen Gewinnern. An der Nasdaq legten die Papiere von Micron um über acht Prozent zu, und für Nvidia ging es um mehr als fünfeinhalb Prozent hoch.

Noch stärker gefragt waren die an der Nasdaq gelisteten Anteilsscheine chinesischer Technologiefirmen: Papiere der E-Commerce-Plattform Pinduoduo, des Internetunternehmens JD.com und des Suchmaschinen-Betreibers Baidu schnellten um 27 bis 50 Prozent hoch. Beim Amazon -Konkurrenten Alibaba konnten sich die Anteilseigner über einen Kurssprung von gut 25 Prozent freuen. Die Branchentitel aus China hatten sich zuvor schon in Fernost kräftig erholt, nachdem die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet hatte, dass die Regierung ein Interesse an einer Stabilisierung der Börsen habe - und daran, dass chinesische Aktien an Börsen außerhalb des Landes notiert bleiben. Sorgen über einen Ausschluss vom US-Markt hatten die Werte in den vergangenen Wochen stark belastet.

Starbucks -Aktien verteuerten sich um siebeneinhalb Prozent, nachdem die US-Bank JPMorgan sie hochgestuft hatte und nun zur Übergewichtung rät. Zudem stand der Chefwechsel bei der weltgrößten Café-Kette im Fokus. Kevin Johnson gibt den Vorstandsvorsitz ab, dafür kehrt sein Vorgänger Howard Schultz vorübergehend zurück.

Dass der spanische Fußball-Topclub FC Barcelona ab dem Sommer mit Spotify als Hauptsponsor zusammenarbeiten wird, bescherte den Aktien des Musikstreaming-Marktführers ein Kursplus von über sieben Prozent.

Dagegen sackten die Titel des Rüstungs- und Technologiekonzerns Lockheed Martin um mehr als sieben Prozent ab. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte unter Berufung auf Insider berichtet, dass das US-Verteidigungsministerium für den nächsten Haushalt rund ein Drittel weniger neue F-35-Tarnkappenjets einplant als bisher vorgesehen. Erst jüngst war bekannt geworden, dass die deutsche Regierung bis zu 35 Maschinen des Typs als Nachfolger der vor mehr als 40 Jahren eingeführten Tornados kaufen will.

Beim Sicherheitssoftware-Spezialisten Nortonlifelock sorgte die angekündigte, 8,6 Milliarden US-Dollar schwere Übernahmeofferte für den britischen Konkurrenten Avast für einen Kursrutsch von knapp elf Prozent. Dessen Aktien standen in London noch etwas stärker unter Druck, da die zuständige britische Behörde Bedenken gegen die Transaktion äußerte und diese eingehender prüfen will./gl/jha/

Quelle: dpa-Afx