BERLIN (dpa-AFX) - Der zuletzt stockende Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne soll wieder beschleunigt werden - Reformpläne von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stoßen aber auf gemischte Reaktionen. Von Umweltverbände kam am Dienstag überwiegend Kritik zu einem Entwurf für eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Wirtschaftsverbände sehen gute Ansätze, aber zugleich Nachbesserungsbedarf.
Die EEG-Reform soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Der Ausbau der Windkraft stockt. Haupthindernisse sind lange Genehmigungsverfahren, fehlende Flächen sowie Proteste und Klagen von Anwohnern und Naturschützern.
Damit der Ausbau wieder Fahrt aufnimmt, sieht der Entwurf Altmaiers höhere Mengenziele vor. So soll bis 2030 in Deutschland bei der Windkraft an Land eine Leistung von 71 Gigawatt installiert sein. Ende 2019 lag die installierte Leistung bei rund 54 Gigawatt. Nach Branchenangaben kamen im ersten Halbjahr 2020 nur 591 Megawatt Leistung neu hinzu.
Damit mehr Windräder auch an weniger ertragreichen Standorten vor allem im Süden gebaut werden, soll es eine "Südquote" geben. Auch bei der Solarenergie soll die neu installierte Leistung steigen. Altmaier will außerdem Bürger sowie Standortkommunen künftig finanziell an neuen Windenergieanlagen beteiligen. Die Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien müssten begrenzt bleiben, heißt es im Entwurf. Die Förderung kostet jedes Jahr Milliarden.
Im Jahr 2035 sollen erneuerbare Energien 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs bereitstellen. Um das Ziel zu erreichen, sollen nun Ausbaumengen bis 2028 festgelegt werden. 2019 lag der Anteil bei rund 40 Prozent, er ist aber in diesem Jahr weiter gestiegen.
Altmaier sagte der "taz" (Mittwoch), er sei überzeugt, dass das Ziel von 65 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen schon vor 2030 erreicht werden könne. Der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien sei auch im Interesse der Wirtschaft.
Die Energiebranche sieht bei Altmaiers Plänen Licht und Schatten. Die Hauptgeschäftsführerin des Energieverbandes BDEW, Kerstin Andreae, sagte, es sei richtig, Gemeinden an den Einnahmen von Windparks zu beteiligen. Positiv seien geplante Regelungen zu EEG-Altanlagen. Für die ersten Anlagen läuft Ende des Jahres die EEG-Förderung nach 20 Jahren aus. Bei der Solarenergie allerdings sei es versäumt worden, für den "notwendigen Push" zu sorgen, sagte Andreae. "Das gilt gerade auch für das große Potenzial, das für die Sonnenenergie auf bislang ungenutzten Dachflächen liegt."
Der Präsident des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers, sagte, die Branche warte nun auf Erleichterungen in den Genehmigungsverfahren und einen zügigen Neuanlauf der Flächenbereitstellung in den Ländern. Das geplante Mengenziel der Windkraft an Land im Jahr 2030 werde aber nicht ausreichen, um den wachsenden Bedarf zu decken. Es drohe weiter eine "Ökostromlücke".
In Deutschland wird bis Ende 2022 das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet, bis spätestens 2038 soll die klimaschädliche Kohleverstromung beendet werden. Ohne einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien drohen aus Sicht von Klimaschützern Klimaziele verfehlt zu werden.
Umweltverbände kritisierten die Pläne Altmaiers. Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger sagte, der große Wurf sei es nicht. So werde der stärkere Ausbau der Photovoltaik nicht in Gang kommen. Greenpeace-Klimaexperte Andree Böhling sagte, der Entwurf sei deutlich zu schwach, um den Ausbau von Wind und Sonne in Deutschland wieder auf Kurs zu bringen.
Der Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbandes VKU, Ingbert Liebing, dagegen sagte, der Entwurf bilde eine solide Basis für die EEG-Novelle. Es seien vor allem Maßnahmen nötig, um die Akzeptanz des Ausbau zu steigern. Wichtig sei, dass es jetzt zu einer zügigen gesetzlichen Umsetzung komme, so dass die Maßnahmen des neuen EEG schnell greifen./hoe/DP/jha
Quelle: dpa-Afx