Ab 2017 startet der internationale Austausch zu Bankdaten. Für Inhaber schwarzer Konten wird es immer enger. Aber auch Erben sollten genau prüfen, wo ihr Vermögen herkommt. Von Stefan Rullkötter

Die Weltsteuerkonferenz im Oktober 2014 wurde in der Öffentlichkeit vergleichsweise wenig beachtet. Damals verpflichteten sich beim Finanzministertreffen in Berlin 51 Staaten, Bankdaten auszutauschen, um Steuerstraftaten zu bekämpfen. Nach zwei Jahren Vorbereitung wird ab 2017 der automatische Informationsaustausch zwischen Finanzverwaltungen mit zunächst 55 Ländern starten. Neben den Mitgliedern der Europäischen Union werden Staaten Lateinamerikas, Afrikas und einst als Steuer-oasen verrufene Nationen wie Liechtenstein in der ersten Runde mit von der Partie sein. Im Jahr darauf wird die Zahl der Teilnehmerstaaten nach aktuellem Stand auf 105 steigen. Thomas Eigenthaler, Chef der Deutschen Steuer-gewerkschaft, erklärt, was Inhaber von Auslandskonten wissen sollten.

BÖRSE ONLINE: Herr Eigenthaler, erwarten Sie einen reibungslosen Start?


Thomas Eigenthaler: Der automatische Datenaustausch und die Datenzuordnung zu den "Steuerakten" der in Deutschland steuerpflichtigen Personen soll ja elektronisch erfolgen. Bislang sind Großprojekte im Steuerbereich EDV-technisch immer mit Anfangsproblemen behaftet gewesen. Da kann man auch nichts anderes erwarten, da die Behörden Neuland betreten. Ich nehme an, dass es schon im Folgejahr und bei den Nachzüglern - die Schweiz steigt beispielsweise erst ab 2018 beim internationalen Datenaustausch voll ein - besser funktionieren wird.

Das klingt für viele Steuerzahler nicht besonders beruhigend. Wo könnte es bei der technischen Umsetzung haken?


Eine Störquelle dürfte die korrekte Zuordnung zu den richtigen Steuerakten sein. Entweder geht etwas unter, weil es nicht zugeordnet werden kann. Problematischer wäre aber, dass etwas ins falsche Steuerkonto eingespeist wird. Das kann natürlich korrigiert werden, sorgt jedoch sicher für Unruhe bei Steuerzahlern und in der Finanzverwaltung. Die Verwaltung setzt nach meiner Kenntnis alles daran, Fehlerquellen auszuschließen. Allein dass bald Saldenstände frei Haus geliefert werden, wird zu mehr Nachfragen bei Kontoinhabern führen.

Werden nach Einführung des automatischen Informationsaustauschs deutlich mehr Steuerhinterzieher enttarnt?


Vieles wurde ja schon durch Selbstanzeigen erledigt - "regularisiert", sagen die Schweizer und Luxemburger. Trotzdem werden weitere Fische ins Netz gehen: Konteninhaber, die bis heute um ihre Nichtentdeckung pokern, und Leute, die sich gar nicht selbst anzeigen konnten, weil das Geld kriminell erworben wurde.

Sind auch die Erben von Schwarzgeldvermögen potenziell betroffen?


Mancher Anleger wird vergessen haben, dass ausländische Finanzverwaltungen der Frühstarterländer zwar nur für das Jahr 2016 Daten liefern, das deutsche Finanzamt inzwischen aber national zehn Jahre zurückrecherchieren kann, wenn es Hinterziehungsaspekte gibt und sich die Frage nach der Herkunft des Geldes stellt. Einige Erben werden infolge des Informationsaustauschs zum ersten Mal Kenntnis über Konten erlangen, deren Inhaber verstorben sind und deren Guthaben seitdem vor sich hin dümpeln. Man darf also gespannt sein, was das nächste Jahr bringt: Das Leben schreibt meist ein größeres Drehbuch, als man es sich am Schreibtisch vorstellen kann.

Bei Abschluss des Steuerabkommens Ende 2014 hatten in Deutschland Steuerpflichtige geschätzt 400 Milliarden Euro Schwarzgeld im Ausland versteckt. Wie hoch ist diese Zahl heute?


In dieser Zahl war damals ein auf die Schweiz entfallender Anteil von 160 Milliarden Euro enthalten. Eidgenössische Banken haben in Deutschland steuerpflichtige Kunden gezwungen, bis Ende 2014 reinen Tisch in Sachen Schwarzgeld zu machen. Zieht man noch nacherklärte Konten für Luxemburg und Liechtenstein ab, verbleiben rund 150 Milliarden Euro unversteuertes Vermögen. Andererseits gab es Abschleichbewegungen in andere Oasen und nach Südostasien, konkret nach China und Singapur. Ich schätze, dass von Deutschen mindesten noch 200 Milliarden Euro in der gesamten Welt "schwarz" rumliegen. Denken Sie nur an die vielen Briefkastenfirmen in Panama und anderswo. Keiner weiß es genau - die Statistischen Ämter dokumentieren, was ist, aber nicht, was nicht ist.