Die Welt zündet den Datenturbo: Der globale Roll-out der fünften Mobilfunkgeneration schreitet voran und wird das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in eine neue Ära katapultieren. Megatrends wie autonomes Fahren, Virtual Reality oder Internet der Dinge (IoT) werden durch das neue "Supernetz" nämlich erst möglich. Dessen Leistungsfähigkeit lässt die Datenübertragung in Echtzeit mit einer Verzögerung von nur einer Millisekunde zu. Was das bedeutet, zeigt sich eindrucksvoll im Straßenverkehr: Ein autonomes Fahrzeug reagiert mithilfe von 5G 1000-mal schneller als ein Mensch und kann so das Auslösen eines Bremsmanövers bei 100 Stundenkilometern von 28 Metern auf einen Zentimeter reduzieren.
Der Echtzeitmobilfunk erlaubt zudem eine verzögerungsfreie Kommunikation zwischen Maschinen, Stichwort Industrie 4.0. Auch in diesem Bereich sehen Experten enorme Wachstumschancen. MarketsAndMarkets prognostiziert eine Zunahme des globalen 5G-IoT-Volumens von 0,7 Milliarden Dollar 2020 auf 6,3 Milliarden Dollar bis 2025. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 55,4 Prozent.
Infrastruktur im Fokus
Bevor die vielseitigen Chancen des Highspeednetzes aber genutzt werden können, bedarf es eines flächendeckenden Ausbaus. Bereits zum Ende des Jahres sollen Schätzungen zufolge mehr als eine Milliarde Menschen rund um den Erdball Zugang zu 5G haben. Bis 2025 decken die Netze dann voraussichtlich ein Drittel der Weltbevölkerung ab. Damit diese Prognosen eintreffen, bedarf es kräftiger Investitionen. Die Experten der Schweizer Großbank UBS rechnen damit, dass die 5G-Ausgaben bis 2025 im Vergleich zu 2019 um das 20-Fache zunehmen werden.
Hierzulande nimmt vor allem die Deutsche Telekom viel Geld in die Hand. Innerhalb von nur drei Monaten wurden zuletzt an mehr als 2000 Standorten 5G-Kapazitäten aufgebaut, sodass mittlerweile zwei Drittel der Bevölkerung den Datenhighway der Telekom nutzen können. "Wir geben beim Mobilfunkausbau weiter Vollgas", sagt Walter Goldenits, Geschäftsführer Technologie der Telekom Deutschland. Während der Branchenprimus also bereits kräftig am Werkeln ist, startet Billiganbieter 1 & 1 Drillisch mit seinen 2019 erworbenen Frequenzen erst Mitte dieses Jahres. Dazu stellt Firmenchef Ralf Dommermuth klar: "Wir wollen keine eigenen Standorte akquirieren oder bauen." Alles soll zu 100 Prozent gemietet werden.
Für die Übergangszeit hat sich die Firma mit Telefónica Deutschland, die sich zum Ziel gesetzt haben, bis Jahresende mehr als 30 Prozent der Haushalte mit 5G zu erreichen, auf einen National-Roaming-Deal geeinigt. Die Vereinbarung kommt am Markt gut an und dürfte die günstig bewertete Drillisch-Aktie weiter antreiben.
Auch bei Verizon dürfte das Kurspotenzial längst nicht ausgereizt sein. Der Traditionskonzern baut nicht nur eifrig das 5G-Netz aus, sondern kooperiert auch mit IBM bei Innovationen für den Einsatz des Mobilfunks für Industrie-4.0-Lösungen sowie künstliche Intelligenz. Starinvestor Warren Buffett, der sich immer mehr für Technologien zu interessieren scheint, hat nun jüngst auch bei dem Telekomkonzern zugeschlagen. Über seine Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway hat er Verizon-Anteile im Wert von 8,6 Milliarden Dollar erworben.
Die hohen Ausgaben der Netzbetreiber liegen ganz im Sinne der Infrastrukturanbieter. So schiebt die Nachfrage nach 5G-Ausrüstung den operativen Gewinn der schwedischen Ericsson derzeit deutlich an. Das bereinigte operative Ergebnis legte im vierten Quartal um mehr als zwei Drittel zu. Im Gesamtjahr 2020 kletterte der Gewinn sogar um 163 Prozent empor. "Dies spiegelt das anhaltend hohe Aktivitätsniveau in Nordamerika und Nordostasien wider, aber auch in Europa, wo wir den Marktanteil weiter ausbauen konnten", kommentiert Konzernchef Börje Ekholm das gute Abschneiden. Insgesamt hat das Unternehmen bereits 79 der ultraschnellen Netzwerke übergeben und Verträge für weitere 127 in der Tasche.
Konkurrent Nokia ist im Rennen um das Highspeednetz derzeit dagegen leicht gebremst unterwegs. Um mehr Aufträge zu gewinnen, hat das Management aber angekündigt, künftig mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren. Dies drückt zunächst auf die Marge. Bereits im Schlussviertel 2020 ging das Betriebsergebnis um 41 Prozent zurück. Aktuell befinden sich die Finnen also in einer Übergangsphase, was den Aktienkurs kurzfristig lähmen könnte. Langfristig sollte Nokia aber ebenso wie Ericsson klar von dem 5G-Aufbau profitieren. Positiv für die beiden Skandinavier kommt hinzu, dass Hauptkonkurrent Huawei von den USA aus dem Markt verbannt wurde.
Einen wahren Boom erleben derzeit die Anbieter von Funkmasten. Ein attraktives Geschäft, denn die Unternehmen sind unabhängig von den Mobilfunkbetreibern und können ihre Masten somit an verschiedene Konzerne gleichzeitig vermieten. Einen aussichtsreichen Deal hat zuletzt American Tower eingefädelt. Die Gesellschaft hat von der hoch verschuldeten spanischen Telefónica 30 700 Sende- masten in Europa und Lateinamerika übernommen. Das dürfte das Geschäft von America Tower weiter anschieben. Der Analystenkonsens geht für 2021 von einem Anstieg beim Gewinn je Aktie, nach einer Stagnation 2020, von 33 Prozent aus. Inter- essant ist der Titel derzeit auch im Hinblick auf mögliche IPOs in der Branche. Vodafone wie auch Orange wollen etwa ihr Funkturmgeschäft auskoppeln.
Technologie für das 21. Jahrhundert
Einen wesentlichen Beitrag dazu, dass 5G genutzt werden kann und sich daraus viele neue Trends entwickeln können, leistet die Halbleiterindustrie. Gleich in mehreren Geschäftsfeldern rund um die Mobilfunkrevolution ist Marvell Technology tätig. Zum einen bietet das Unternehmen Infrastruktur-Halbleiterlösungen an und arbeitet dabei mit keinem Geringeren als Samsung Electronics zusammen. Darüber hinaus ist Marvell mit seinen Lösungen in vielen Zukunftsthemen wie autonomes Fahren, künstliche Intelligenz oder auch Cloud tätig. Erst vor wenigen Monaten hat der Konzern mit einer milliardenschweren Akquisition des Big-Data-Spezialisten Inphi für Cloud und 5G einen aussichtsreichen Zukauf getätigt. Auch Mitbewerber AMD rüstete im Bereich 5G zuletzt mit der Übernahme des Logikchip-Spezialisten Xilinx auf. Dieser bietet eine Vielzahl von Produkten in den Bereichen Telekommunikation, Edge Computing oder auch Networking an, in denen AMD bislang nicht oder kaum tätig war.
Eine wichtige Nummer im Chipsektor, vor allem für Endverbraucher, ist der CPU-Hersteller Qualcomm. Der Konzern ist weltweit die Nummer 1 bei 5G-Prozessoren. Zu seinem Kundenkreis zählen zum Beispiel die Smartphone-Riesen Apple und Samsung. Jüngst sorgte die Firma mit dem Launch eines neuen Hochleistungschips, der unter anderem 5G-Multiplayer-Games und 5G-Cloud-Gaming ermöglicht, für Aufsehen.
Aufgepeppte Smartphones, mit denen auch gezockt werden kann, spielen wiederum Gaming-Unternehmen wie Activision Blizzard in die Karten. Der Publisher hat soeben bekannt gegeben, mehrere Free-to-Play seines Blockbusters "Warcraft" für mobile Endgeräte zu entwickeln. Zu den künftigen 5G-Plattform-Gewinnern dürfte auch der Streamingdienst Netflix zählen. Nutzer können mit dem neuen Mobilfunk jederzeit und überall ihre Lieblingsfilme abrufen. Auf der Business-Seite sollte ein Blick auf den 3-D-Softwarespezialisten Autodesk lohnen. Denn eine höhere Bandbreite ermöglicht unter anderem Virtual Reality, wodurch sich die Art der Planung vom Wohnhaus bis hin zum Auto revolutionieren lässt.
Auf einen Blick
5G-Mobilfunk
Die fünfte Mobilfunkgeneration läutet eine neue Ära der Konnektivität ein. Die Technologie ist 20-mal schneller als 4G, und die Latenz, also die Reaktionszeit, fällt um 90 Prozent geringer aus. Bereits in wenigen Jahren wird das 5G-Netz weltweit dominieren.