Das hatten Aktionäre nicht wirklich auf dem Schirm: Der frisch bestellte Adidas-Chef schockt die Märkte mit einer mega-skeptischen Prognose für 2023. Der Crash könnte sich jedoch als Gelegenheit erweisen.
Im schlimmsten Fall würde der Sportartikler bis zu 700 Millionen Euro operativen Verlust verbuchen – das war die schockierende Botschaft des neuen Chefs Björn Gulden an den Aktienmarkt. Der Kurs der Adidas-Aktie brach daraufhin in der Spitze über zehn Prozent ein – um sich anschließend wieder etwas zu erholen.
Der größte Bremsklotz am Bein der Herzogenauracher ist dabei das einstige Highlight im Sortiment. Ausgerechnet die Sneakers mit den mit Abstand höchsten Verkaufspreisen, die Luxus-Modelle der Marke Yeezy, die Adidas zusammen in Kooperation mit dem US-Musiker und Designers Kanye West entwickelt hatte, werden zur Last. Im Herbst hatte der DAX-Konzern die Zusammenarbeit mit dem Rapper beendet, nachdem dieser antisemitische Kommentare verbreitet hatte. Allein hieraus könnten Abschreibungen auf Waren und Bestände von einer halben Milliarde Euro notwendig werden, sagte Gulden. Beim Umsatz rechnet Gulden für 2023 auch wegen geschätzter 1,2 Milliarden Euro Erlöseinbußen aus dem Yeezy-Thema mit einem Rückgang im hohen einstelligen Prozentbereich.
Adidas: Neue Strategie im März
„Die Zahlen sprechen für sich selbst. Wir sind derzeit nicht so leistungsfähig, wie wir sein wollen“, sagte der Vorstand, der erst Anfang Januar die Nachfolge von Ex-Chef Kasper Rorsted angetreten hatte. Allerdings handelt es sich hierbei um ein Worst-Case-Szenario. Laut Gulden prüft Adidas alle Optionen zur Nutzung des Yeezy-Bestands, auch den Verkauf unter anderem Label.
Die Kanye-Baustelle ist allerdings lange nicht das einzige Problem des ehemaligen Fußball-Profis. Unter Rorsted war der Sportartikler wegen einer ganzen Reihe von Problemen ins Trudeln geraten. Erst hatte die Pandemie Absatz und anschließend die Produktion gelähmt, dann geriet der Konzern auf seinem starken und wichtigen Absatzmarkt China nach Boykottaufrufen unter Druck. Auch die Kooperation mit Kanye West hatte Rorsted erst spät gelöst, die US-Modekette GAP etwa handelte hier weitaus schneller.
Rorsted wurde von Kritikern auch vorgeworfen, neben dem Vertrieb auch die Innovationen bei den Produkten vernachlässigt zu haben. Gulden gilt hingegen als Freund des stationären Handels, eine Säule seines Erfolgs bei Puma, wo er innerhalb von weniger als zehn Jahren ein beachtliches Comeback erreicht hatte. Für die Revitalisierung der Konzernstrategie, die bei der Bilanzpressekonferenz am 8. Mai vorgestellt werden dürfte, rechnet Gulden im laufenden Jahr mit Einmalkosten in Höhe von 200 Millionen Euro. Mehrere Analysten reduzierten ihre Kursziele so etwa RBC oder MMWarburg.
Adidas-Aktie: Was Anleger tun sollten
Was aber sollten Anleger tun? Immerhin fielen die vorläufigen Geschäftszahlen der Franken für 2022 zumindest durchwachsen aus. Der Umsatz verfehlte die Erwartungen mit 22,5 Milliarden Euro leicht, gerechnet hatten Analysten im Schnitt mit 22,8 Milliarden. Und das Betriebsergebnis ging zum Vorjahr um zwei Drittel auf 669 Millionen Euro zurück, lag damit aber ein Stück über den Schätzungen von laut Bloomberg 625 Millionen.
Auch die pessimistische Prognose scheint auf den zweiten Blick eher eine Chance zu bieten. Denn viele neue Chefs legen zum Amtsantritt alle Schwächen auf den Tisch – um später positiv überraschen zu können und so besser auszusehen. Das hatte Gulden auch bei seinem Antritt bei Puma vor knapp zehn Jahren so gehandhabt.
Nach unserer Meinung ist der Kurssturz eine Gelegenheit zum Einstieg bei Adidas. Das Kursziel setzen wir bei 170 Euro, bei 112 Euro sollten Anleger ihren Stoppkurs markieren.
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