Leser fragen – die Redaktion antwortet Von Stefan Rullkötter
Ich bin seit mehr als 30 Jahren überzeugter Fondsanleger. Beim Verkauf von Fondsanteilen, die ich schon vor der Investmentsteuerreform 2018 im Depot hatte, gibt es jedoch immer wieder Ärger mit dem Finanzamt. Sie hatten berichtet, dass vergleichbar betroffene Anleger eine Musterklage vorbereiten. Wie ist der aktuelle Stand?
Euro am Sonntag: Anleger, die seit dem Jahr 2018 Fondsanteile verkauft haben, müssen oft einen Steuerabzug hinnehmen, der höher ist als der erwirtschaftete Gewinn - oder sogar Abgaben auf einen fiktiven Gewinn bezahlen, obwohl sie Verluste realisiert haben. Denn nach den Regelungen der Investmentsteuerreform gelten vor 2018 erworbene Fondsanteile als zum 31.12.2017 veräußert und zum 01.01.2018 neu angeschafft. Aus dem fiktiven Verkauf kann eine Steuerbelastung resultieren, die den tatsächlich aus den Fondsanteilen erzielten Gewinn übersteigt. Problematisch ist auch, dass fiktive Gewinne voll steuerpflichtig sind, während im Jahr 2018 realisierte Verluste nur zu 70 Prozent steuermindernd anerkannt werden.
Dagegen ist beim Finanzgericht Köln eine Musterklage anhängig, die vom Bund der Steuerzahler unterstützt wird (Az. 15 K 2594/20). Im konkreten Fall hatte ein Anleger in den Jahren 2015 bis 2017 für 40.000 Euro Anteile an einem Aktienfonds gekauft. Zum 31. Dezember 2017 betrug der Kurswert dieses Fonds 48.000 Euro. Bis Ende September 2020 sank der Kurs auf 40.500 Euro. Daher entschied sich der Kläger zum Verkauf des Fonds. Die depotführende Bank behielt zum Zeitpunkt der Veräußerung Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlag in Höhe von 726 Euro ein, obwohl der wirtschaftliche Gewinn lediglich rund 600 Euro betragen hatte.
Vergleichbar betroffene Anleger können unter Hinweis auf diese Musterklage Einspruch gegen nachteilige Steuerbescheide einlegen und das Ruhen ihres Besteuerungsverfahrens beantragen, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.