Barry Bannister von Stifel warnt vor einem kräftigen Rücksetzer an der Wall Street im zweiten Halbjahr. Der Konsum kühlt ab, Big Tech ist zyklisch – und die Fed steht scheinbar still.

An den Börsen herrscht Sommerrallye-Stimmung: Der S&P 500 notiert nur noch knapp ein Prozent unter dem Allzeithoch, die Tech-Riesen von Nvidia bis Microsoft markieren frische Jahreshochs. Doch Barry Bannister, Chefstratege für US-Aktien beim Investmenthaus Stifel, bleibt skeptisch – und warnt im CNBC-Interview eindringlich vor einer baldigen Korrektur.  Seine Diagnose: Die US-Wirtschaft kühlt ab, der Konsum schwächt sich spürbar ab – und mit ihm die übergroßen Erwartungen an Big Tech.

Konsum kühlt ab – die US-Wirtschaft wankt

„Wir sehen eine klassische Mid-Cycle-Slowdown“,  erklärt Bannister. Das Rückgrat der US-Wirtschaft – der private Konsum, immerhin zwei Drittel des BIP – beginne zu bröckeln. Die Daten zur privaten Konsumnachfrage, die in Kürze veröffentlicht werden, dürften den Trend bestätigen: Die Verbraucher ziehen sich zurück, bauen vorsorglich Ersparnisse auf – die Ausgaben sinken.

Doch nicht nur der Konsum leidet: Auch die Investitionen der Unternehmen in Maschinen, IT und Gebäude – rund 18 Prozent der Wirtschaftsleistung – zeigen laut Bannister erste Anzeichen von Schwäche. „Das wird zeigen, dass Big Tech nicht immun ist“, warnt der Stratege. Im Gegenteil: Die großen US-Tech-Konzerne sind „extrem abhängig vom Konsum und vom Umsatzwachstum“ – und damit stärker zyklisch, als viele Anleger wahrhaben wollen.

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Fed-Politik: Die stille Zinssenkung

Spannend ist Bannisters Einschätzung zur Notenbank: Auch wenn Fed-Chef Jerome Powell verbal auf dem Bremspedal bleibt, sieht der Stratege die Geldpolitik längst wieder in Lockerungsmodus. „Die Fed hat die Zinsziele de facto gesenkt“, sagt er. Durch die stillschweigende Anhebung des Inflationsziels – ohne gleichzeitige Zinserhöhung – sinken die realen Zinsen. „Die Fed steht an der Seitenlinie.“

Sollte sich die Konjunktur jedoch weiter überraschend stark zeigen, müssten die Währungshüter 2026 womöglich erneut anheben. Denn der Inflationsdruck bleibe hoch: Kerninflationsraten von über drei Prozent lägen außerhalb der Komfortzone der Fed – dovishe Töne seien vorerst nicht zu erwarten.

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Nur 5500 Punkte im S&P zum Jahresende und vorher noch ein Rücksetzer

Trotz der fulminanten Erholung an den Märkten – von knapp 4900 im Frühjahr auf zuletzt fast 6100 Punkte – bleibt Bannister bei seiner Jahresendprognose von 5500 Punkten im S&P 500. Diese hatte er bereits zum Jahresstart ausgegeben – und sieht sich weiter bestätigt.

„Was wir oft sehen, ist eine erste Korrektur – gefolgt von einer zweiten, wenn die Realität einsetzt“, so Bannister. Die erste Abwärtswelle im Frühjahr sei eine Reaktion auf die Erwartung gewesen, die nächste werde realwirtschaftlich ausgelöst: durch schwächeren Konsum, fallende Investitionen und die Spätfolgen von Zöllen und politischer Unsicherheit aus Washington.

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Big Tech ist verwundbar

Barry Bannisters Mahnung kommt zur rechten Zeit: Während die Wall Street kuru vor neue Höchstständen steht, erinnern seine Worte daran, dass Märkte nicht linear steigen. Big Tech sei verwundbar, wenn der Konsum schwächelt. Die Korrektur sei nicht das Ende des Bullenmarkts, sondern eine notwendige Zwischenstation.

„Es ist ein Markt, der eine Phase massiver politischer und wirtschaftlicher Veränderung verdauen muss“, sagt Bannister. Und genau das könnte für Anleger bedeuten: Gewinne sichern – und geduldig auf die nächste Einstiegschance warten.

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Infront S&P 500 (WKN: A0AET0)