Seit Beginn der laufenden Börsenhausse hat der Euro Stoxx Insurance Performanceindex den Euro Stoxx Performanceindex geschlagen. Das ist eine Bilanz, die nicht wenige Marktteilnehmer überraschen dürfte. Schließlich war und ist der Versicherungssektor etlichen Belastungsfaktoren ausgesetzt. Zu nennen ist da vor allem das Niedrigzinsumfeld, das es den Branchenvertretern schwer macht, auskömmliche Renditen auf das von den Kunden zur Verfügung gestellte Kapital zu erwirtschaften.
Als wichtige Stütze für den Sektor hat sich aber die Bewertung erwiesen. Denn diese war nach dem Ausverkauf sehr tief und sie es im Vergleich zum Gesamtmarkt auch jetzt noch. Das Quantitative Research der Société Générale beziffert das Durchschnitts-KGV europäischer Versicherungsaktien im Nicht-Lebensversicherungsbereich für 2014 auf 10,0 und für 2015 auf 9,6. Für die Lebensversicherungs-Aktien werden die korrespondierenden KGVs mit 12,0 und 10,4 angegeben. Das vergleicht sich vorteilhaft mit einem europäischen Gesamtmarkt-KGV, das sich auf 15,4 und 13,6 beläuft. Hinzu kommen geschätzte Dividendenrenditen für 2014 von durchschnittlich 5,0 Prozent im Nicht-Lebensversicherungsbereich.
Während die Bewertungsseite die Notierungen somit weiter stützen sollte, hat der Markt zuletzt verunsichert auf die weiteren Zinssenkungsmaßnahmen durch die Europäische Zentralbank reagiert, denn das zementiert das für die Branche schwierige Niedrigzinsumfeld. Speziell für deutsche Branchenvertreter hat sich zudem die Entscheidung des Bundesgerichtshofes entschieden, den Ausstieg aus Lebensversicherungspolicen zu erleichtern, was die Branche vor neue Probleme stellen dürfte. Vor diesem Hintergrund schafft es der Euro Stoxx Insurance Performanceindex in diesem Jahr nicht mehr besser zu laufen als der Gesamtmarkt. Vielmehr hinkt die Wertentwicklung hinter der des Euro Stoxx Performanceindex her (siehe Charts). Nachfolgend verraten wir, was unter diesen Rahmendaten von den Dax-Vertretern Allianz sowie Munich Re zu halten ist und welche drei anderen europäischen Versicherungsaktien Chancen bieten.
Versicherungsaktie Nummer eins: Allianz SE vNA (WKN: 840400, 125,05 Euro)
Um ein beliebtes Leserinvestment handelt es sich traditionell bei der Allianz-Aktie. Das hat neben der Größe (gemessen an der Marktkapitalisierung von 57,09 Milliarden Euro handelt es sich um das größte Versicherungsunternehmen in Europa und gleichzeitig eines der größten weltweit) sicherlich auch mit der Bewertung zu tun. Denn diese ist auf Basis der Angaben aus der Börse Online-Datenbank mit einem geschätzten KGV für 2014 von 9,2 relativ moderat bewertet. Zudem ist die Kapitalausstattung so solide, dass Analysten wie jene bei der DZ Bank die Ankündigung einer höheren Ausschüttungsquote im weiteren Jahresverlauf für wahrscheinlich halten. Legt man die Dividendenprognose für 2014 aus unserer Datenbank von 5,50 Euro je Aktie zu Grunde, dann errechnet sich derzeit eine Dividendenrendite von 4,4 Prozent.
Das ist alles vorzeigbar, trotzdem hängt der Aktienkurs nun schon seit einiger Zeit in einem Seitwärtstrend fest. Erklären lässt sich das unter anderem mit den hausinternen Zwistigkeiten bei der US-Vermögensverwaltungstochter Pimco, die zusammen mit Performance-Problemen bei deren Produktangebot neben schlechter Presse auch lange zu Mittelabflüssen geführt hat. Weil neben dem Sach- auch das Lebensversicherungsgeschäft einen Tätigkeitsschwerpunkt darstellt, haben natürlich auch die eingangs erwähnten Diskussionen rund um die Zukunft des Lebensversicherungsgeschäfts belastet.
Solange sich die Ängste der Marktteilnehmer rund um die genannten Probleme nicht legen, dürfte es dem Titel wie schon im bisherigen Jahresverlauf schwer fallen, den Dax zu übertreffen. Zumal es auch an Gewinndynamik mangelt (der Gewinn je Aktie soll laut unserer Datenbank von 2013 bis 2015 nur leicht von 13,23 Euro auf 13,84 Euro je Aktie steigen) und sich die Anleger um den Einfluss der expansiven EZB-Politik auf die Geschäfte der Versicherungen sorgen. In einem freundlichen Gesamtmarkt sollte aber auch die Allianz-Aktie zulegen können - und danach sieht es derzeit aus. Die Börse Online-Redaktion hat den Titel zuletzt jedenfalls auch wegen der Hoffnung auf eine höhere Dividende mit einer Kaufempfehlung versehen und als Kursziel dabei 140 Euro angegeben. An dieser Einschätzung hat sich nicht geändert.
Versicherungsaktie Nummer zwei: Münchener Rück (WKN: 843002, 161,25 Euro)
In einer ähnlichen Verfassung wie die Allianz-Aktie befinden sich auch die Anteilsscheine der Munich Re. Die Notiz bewegt sich auf einem Niveau, die bereits Anfang Dezember 2013 Gültigkeit hatte und mit dieser Bilanz schafft es auch dieser Dax-Vertreter in diesem Zeitraum nicht, den deutschen Leitindex zu schlagen. Das ist auch deshalb etwas enttäuschend, weil das bereits 1880 gegründete Unternehmen zuletzt durch eine relativ geringe Summe an Schäden durch Umweltkatastrophen begünstigt wurde. In diesem Zusammenhang ist es auch der von den Analysten von Raiffeisen Research stammende Hinweis wissenswert, wonach im Jahr 2013 zwar nur 54 Prämien der Prämieneinnahmen auf das Rückversicherungssegment (Erstversicherungsgeschäft 33 Prozent, Munich Health 13 Prozent) entfielen, aufgrund der unterdurchschnittlichen Belastung durch Naturkatastrophen dieses Segment aber 84 Prozent zum Konzernergebnis beitrug (Erstversicherung 13 Prozent, Munich Health vier Prozent).
Nicht zuletzt wegen dem schwierigen Kapitalmarktumfeld hat es 2012 und 2013 aber trotzdem nicht zu Rekordgewinnen gereicht. Im ersten Quartal des laufenden Jahres wurde dann das Geschäft durch ein geringeres versicherungstechnisches Ergebnis ausgebremst. Konkret wurde in den ersten drei Monaten ein operatives Ergebnis von 1,3 Milliarden Euro nach 1,4 Milliarden Euro im Vorjahr erzielt. Der Gewinn nach Steuern und Dritten sank gleichzeitig um fast fünf Prozent auf 919 Millionen Euro. Analysten hatten 967 Millionen Euro erwartet. Jüngst konnte der Titel dennoch wieder etwas zulegen, was auch mit der Vorlage des hauseigenen "Insurance Market Outlook 2014" zu erklären sein dürfte. Denn darin geht der Vorstand davon aus, dass das weltweite Prämienwachstum nach drei Jahren mit relativ geringen Wachstumsraten langsam wieder Fahrt aufnimmt. Konkret ist von einem realen, um Inflations- und Wechselkurseffekte bereinigten globalen Wachstum der Erstversicherungsprämien um 2,8 Prozent in diesem und um 3,2 Prozent im Jahr 2015 die Rede.
Stimmt diese Annahme, dürfte ein Erreichen der bisher als ambitioniert wahrgenommenen Zielvorgabe, im Gesamtjahr drei Milliarden Euro verdienen zu wollen, als etwas realistischer einzustufen sein. Börse Online stuft auch diesen Titel mit einem Kursziel von 175 Euro weiter als Kauf ein - unter anderem wegen des moderaten KGVs für 2014 von 9,3 und der ansehnlichen Dividendenrendite von 4,5 Prozent. Außerdem kauft die Gesellschaft eigene Aktien zurück.
Versicherungsaktie Nummer drei: AXA S.A. (WKN: 855705, 18,685 Euro)
Schon seit Oktober ist der Aktienkurs von AXA nun schon in einer Seitwärtsrange gefangen. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass Europas zweitgrößter Versicherer als führender europäischer Lebensversicherer besonders stark von den Problemen im Lebensversicherungsgeschäft betroffen ist. Die deutsche Tochter kritisiert an dem in Deutschland geplanten Reformpaket für die Lebensversicherer vor allem an der künftig zu 90 Prozent am sogenannten Risikogewinn ihres Versicherers geplanten Beteiligung der Kunden. Denn das könnte es schwieriger machen, an frisches Kapital zu kommen.
Um das Interesse an ihrer Aktie zu wecken, sollten sich die Verantwortlichen bei dem französischen Versicherungskonzern vielleicht auch einmal überlegen, um es ausreicht, für das erste Quartal nur einige rudimentäre Geschäftszahlen wie die auf vergleichbarer Basis um zwei Prozent auf 28,5 Milliarden Euro gestiegenen Erlöse zu veröffentlichen. Zudem blieb die Gesellschaft einen konkreten Ausblick für das Gesamtjahr schuldig. Lediglich von einem voraussichtlich wachsenden Neugeschäftsvolumen war bei dem in den Segmenten Vorsorge (Life & Savings, Umsatzanteil 61 Prozent), Sachversicherung (Property & Casualty, 32 Prozent) und Asset Management (vier Prozent) tätigen Gesellschaft die Rede.
Dennoch hat der Titel aus Anlegersicht gewisse Reize. Das hat vor allem mit der Bewertung zu tun. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis bewegt sich bei knapp unter eins, was moderat ist und auch das KGV bewegt sich bei einem für 2014 erwarteten Gewinn von 2,08 Euro je Aktie mit knapp neun in vertretbaren Bahnen. Für 2015 beträgt dieser Wert basierend auf den Gewinnschätzungen sogar nur 8,4, womit der Titel zu den günstigsten großen europäischen Versicherungsaktien überhaupt zählt. Hinzu kommt eine geschätzte Dividendenrendite von immerhin 4,6 Prozent. Zudem beinhaltet der Plan, den Anteil der Schwellenländer von gut 15 Prozent bis 2020 auf 25 Prozent ausbauen zu wollen, eine gewissen Phantasie. Charttechnisch gesehen würde sich außerdem das Bild merklich aufhellen, wenn es gelingen sollte, den seit Anfang 2014 bestehenden Abwärtstrend zu überwinden, mit dem die Notiz gerade kämpft.
Versicherungsaktie Nummer vier: Vaudoise Assurances Holding (WKN: A0ETZV, 410,00 Schweizer Franken)
Noch weitaus zugeknöpfter als AXA gebärdet sich die Vaudoise Assurances Holding. Das 1895 gegründeten Unternehmen, das zu den zehn größten Privatversicherern in der Schweiz gehört, verzichtet komplett auf Zahlen zum ersten und dritten Quartal und legt unterjährig nur die Halbjahreszahlen vor, die dieses Mal am 18. September bekanntgegeben werden sollen. Rein optisch betrachtet hat diese Art der Kommunikationspolitik den Aktienkurs aber nicht vom Steigen abgehalten. Seit März 2009 bewegt sich die Notiz in einem sehr überzeugenden Aufwärtstrend und in diesem Monat konnte bereits ein weiteres Schlussrekordhoch bei 412,50 Franken markiert werden. Das dürfte vor allem die Genossenschaft Mutuelle Vaudoise freuen, welche die Mehrheit des Aktienkapitals hält.
Mit kontinuierlich steigenden Kursen belohnen die Börsianer die solide Aufstellung das Unternehmens, das in der Krise auch von der Fokussierung auf den Schweizer Markt profitiert. Außerdem ist die Gesellschaft kapitalmäßig sehr solide aufgestellt und es sollte kein Problem sein, den Ausbau der Aktivitäten in der deutschsprachigen Schweiz auszubauen, wo Vaudoise noch nicht so stark vertreten ist. Zumal durch den unlängst bekanntgegebenen Ausstieg auf dem international betriebenen Geschäft mit Versicherungsmänteln für große Privatvermögen weiteres Kapital zugeflossen ist. Mit diesem Schritt geht zwar ein Einnahmeverlust von 30 Prozent einher, doch der Anteil am Vorjahresüberschuss von 126 Millionen Franken war mit sieben Millionen Franken eher gering. Außerdem waren mit den in diesem Segment angebotenen Produkten nach Einschätzung der Finanzmarktaufsicht Reputationsrisiken verbunden.
Für die Aktie spricht neben der soliden Ausrichtung des Unternehmens der intakte charttechnische Aufwärtstrend. Außerdem ist der Titel mit einem KGV von unter zehn und einem Börsenwert, der in etwa nur dem Eigenkapital entspricht, günstig bewertet. Diese niedrige Bewertungsrelationen sind zwar auch der zurückhaltenden Kommunikationspolitik geschuldet sowie den dünnen Handelsumsätzen, aber wer hier mit langfristigem Anlagehorizont einsteigt, dürfte sich daran weniger stören.
Versicherungsaktie Nummer fünf: Sampo OYJ (WKN: 881463, 34,97 Euro)
Eine überaus erfreuliche Entwicklung hat in den vergangenen Jahren auch der Aktienkurs von Sampo OYJ genommen. Das finnische Finanzinstitut, das in vor allem in Skandinavien und im Baltikum vor allem das Schaden- und Unfallversicherungs- sowie das Lebensversicherungsgeschäft betreibt und zudem der größte Anteilseigner bei der Nordea Bank ist (der Vorstand verspricht sich davon in diesem Jahr einen erheblich positiven Ergebnisbeitrag), kann mit einem intakten charttechnischen Aufwärtstrend aufwarten und zu dem Anfang April aufgestellten Schlussrekordhoch von 38,50 Euro besteht weiter Tuchfühlung.
Die Kursentwicklung ist auch deshalb überzeugend, weil auch hier der Vorstand über ein anspruchsvolles Geschäftsumfeld im Bereich der Lebensversicherungen klagt. Doch wenn es nach den Analysten von Barclays geht, dann sollte sich ein Institut wie die finnische Sampo in einem Niedrigzinsumfeld vergleichsweise gut schlagen können. Auch deshalb wird der Titel mit "Übergewichten" eingestuft, was auch dazu passt, dass der Sampo-Vorstand für das Gesamtjahr 2014 mit einer guten operativen Entwicklung rechnet.
Im ersten Quartal 2014 stieg der Gewinn je Aktie von 0,57 auf 0,63 Euro je Aktie und für die Jahre 2014 und 2015 wird laut Börse Online-Datenbank mit Ergebnissen je Aktie von 2,76 und 2,86 Euro gerechnet. Daraus ergeben sich Kurs-Gewinn-Verhältnisse von 12,7 und 12,2. Das ist im Branchenvergleich zwar nicht außergewöhnlich niedrig, aber solide genug, um wegen der als vorteilhaft wahrgenommenen Fokussierung auf den nordischen Raum bei den Anlegern vermutlich weiterhin gefragt zu bleiben. Der Chart zusammen mit einer Dividendenrendite von immerhin 4,83 Prozent spricht jedenfalls unverändert für diesen Titel.