Amazon ist viel mehr als nur ein Online-Händler. Der seit Juli vergangenen Jahres amtierende Chef Andy Jassy ist neben der Shopping-Seite unter anderem für die Biosupermarktkette Whole Foods und die Cloud-Plattform AWS verantwortlich. Sein Reich soll nun weiter ausgebaut werden: Durch ein eigenes Satelliten-Netz mit schnellen Internet-Zugängen. "Für praktisch alles, was Amazon macht, ist Konnektivität die Grundlage", sagte Topmanager Dave Limp, zu dessen Gerätesparte das Projekt gehört, der Deutschen Presse-Agentur. Ohne Internet-Verbindung könne ein Unternehmen keine AWS-Dienste nutzen, Kunden könnten weder Videos streamen noch bei Amazon shoppen.
Bei neuen Verträgen unter anderem mit dem europäischen Anbieter Arianespace und der Raumfahrtfirma Blue Origin geht es um bis zu 83 Starts, wie Amazon am Dienstag mitteilte. Das Netz mit dem Namen Kuiper soll 3.236 Satelliten umfassen. Amazon konkurriert damit unter anderem mit dem Starlink-Netz der Firma SpaceX von Tech-Milliardär Elon Musk.
Bei der Internet-Versorgung per Satellit werde meist an Afrika gedacht - dabei gebe es selbst in ländlichen Teilen der USA große Gebiete ohne guten Online-Zugang, betonte Limp. Amazons Ziel sei, das leistungsstärkste System zur Internet-Versorgung aus niedrigen Umlaufbahnen auf die Beine zu stellen. Es brauche auf jeden Fall mehr als einen Anbieter, um das Problem für alle zu lösen.
Amazon wolle die schnellen Internet-Zugänge zum einen klassisch in einem Abo-Modell an einzelne Haushalte anbieten. Zum anderen seien aber auch Kooperationen mit Mobilfunk-Konzernen geplant, die dann auf die Kuiper-Infrastruktur zur Versorgung ihrer Kunden zurückgreifen könnten.
Amazon sicherte sich für den Aufbau des Satelliten-Netzes 38 weitere Starts mit Trägerraketen der United Launch Alliance - zusätzlich zu bereits zuvor vereinbarten neun Starts. Mit der Ariane 6 sollen 18 Missionen abheben. Mit der Firma Blue Origin, die von Amazon-Gründer Jeff Bezos gegründet wurde, gibt es eine Vereinbarung über zwölf Starts - mit einer Option auf bis zu 15 weitere.
Erstmals Gewerkschaftsvertretung bei US-Standort
Unterdessen macht der Online-Riese aus Seattle derzeit auch mit Meldungen aus dem Mitarbeiter-Bereich von sich reden. Erstmals bekommt ein US-Standort des Internet-Riesen eine Gewerkschaftsvertretung. In einer Niederlassung im New Yorker Stadtbezirk Staten Island sprachen sich die Mitarbeiter vergangene Woche mehrheitlich für die Gewerkschaft Amazon Labor Union aus. Amazon ist der zweitgrößte private Arbeitgeber der USA.
Auch weltweit zählt der Konzern zu den größten privaten Arbeitgebern. Ende vergangenen Jahres beschäftigte der Amazon insgesamt 1,6 Millionen Menschen, den Großteil nach wie vor in den USA.
In Deutschland soll die Zahl der Beschäftigten bis zum Jahresende auf 36.000 steigen, wie die deutsche Tochtergesellschaft des IT-Konzerns am Montag in München mitteilte. Dazu sollen in diesem Jahr mehr als 6000 neue Mitarbeiter in Deutschland eingestellt werden.
Von 2010 bis 2020 habe Amazon in Deutschland mehr als 36,5 Milliarden Euro investiert, ein Großteil der Investitionen fließe in Arbeitsplätze und den Auf- und Ausbau von Infrastruktur. Amazon hat nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als 100 Standorte in Deutschland. Die neuen Arbeitsplätze sollen demnach in sämtlichen Geschäftsbereichen und an allen Standorten entstehen, von Logistikzentren bis zu Forschung und Entwicklung.
Einschätzung zur Amazon-Aktie
Der Aufbau eines Satelliten-Netzes macht Sinn für Amazon - um sich so den Zugang zu den Kunden zu sichern und sich weitere Zielgruppen zu erschließen. Die Amazon-Aktie legte am Dienstag um rund ein Prozent auf 3.060 Euro zu.
Die ersten drei Monate des laufenden Jahres waren für die erfolgsverwöhnten Aktionäre eher schwierig. So ging es im Januar bis auf 2.385 Euro nach unten. Davon konnte sich der Kurs aber mittlerweile wieder erholen: Auf Sicht von einem Monat steht allerdings schon wieder ein Plus von fast 20 Prozent.
Ein Grund für die jüngste Kurssteigerung dürfte der Aktiensplit sein, den Amazon Anfang März angekündigt hatte. Demnach sollen Aktionären für eine Aktie 19 zusätzliche Anteilsscheine bekommen. Diesem Schritt muss noch die für den 25. Mai geplante Hauptversammlung zustimmen. Bei Erfolg bekäme dann jeder Amazon-Aktionär für einen am 27. Mai nach Geschäftsschluss gehaltenen Anteilschein am oder um den 3. Juni 19 weitere Papiere in sein Depot gebucht. Der Handel mit splitbereinigten Kursen soll drei Tage später am 6. Juni starten. Durch den 20-für-1-Aktiensplit sind die Papiere für Kleinanleger erschwinglicher. Diese haben bei derart hohen Kursen Probleme, ihr Anlagevermögen auf verschiedene Papiere aufzuteilen. Daher haben in der Vergangenheit auch schon andere Unternehmen nicht nur in den USA bei hohen Aktienkursen Splits durchgeführt oder angekündigt - zuletzt auch der Elektroautobauer Tesla.
Wir von BÖRSE ONLINE sind gegenüber der Amazon-Aktie positiv gestimmt und empfehlen sie weiterhin zum Kauf.
fh/dpa-AFX/rtr