Die Talfahrt der Ölpreise nimmt kein Ende: Angesichts eines weltweiten Überangebots bei gleichzeitig schwächelnder Nachfrage liegt der Preis für die US-Ölsorte WTI inzwischen unter der Marke von 50 Dollar je Fass. Das Nordsee-Öl Brent notierte am Dienstag mit 52,13 Dollar nur knapp darüber. Viele Investoren sähen den Ölpreisverfall als Krisenindikator für die angeschlagene Weltwirtschaft, sagte NordLB-Analyst Tobias Basse.

Dax und EuroStoxx konnten sich nach ihren zuletzt deutlichen Kursverlusten dennoch etwas stabilisieren und gewannen jeweils 0,7 Prozent auf 9530 und 3042 Zähler. Börsianer gehen allerdings davon, dass der Aufwärtstrend nicht lange anhalten dürfte: "Der Handel ist überaus nervös, da kann es innerhalb von Minuten wieder rasant nach unten gehen", sagte ein Händler. An der Wall Street dürften die Indizes kaum verändert starten.

Für Bauchschmerzen sorgt derzeit vor allem die Konjunktur in der Euro-Zone und in China. Die Länder der Währungsunion arbeiten sich nur mühsam aus der Krise - laut dem Markit-Institut hat die Wirtschaft im Schlussquartal wohl höchstens um "magere 0,1 Prozent" zugelegt. In der Volksrepublik fallen die jüngsten Schätzungen ebenfalls enttäuschend aus - zumindest für chinesische Verhältnisse: Das Wirtschaftswachstum dürfte sich nach Angaben eines staatlichen Forschungsinstituts im kommenden Jahr auf sieben Prozent verlangsamen. Für 2014 wird ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 7,3 Prozent erwartet.

Auf Seite 2: ÖLPREISE SEIT SOMMER IM FREIEN FALL



ÖLPREISE SEIT SOMMER IM FREIEN FALL

An den Ölmärkten ist die Angst vor einem deutlichen Nachfrageeinbruch des Top-Konsumenten Chinas seit Monaten spürbar. Seit Sommer 2014 sind die Ölpreise um rund die Hälfte eingebrochen. Viele Händler warten nun auf ein Zeichen des Öl-Kartells Opec, die Fördermenge langfristig zu senken, um den rasanten Preisverfall zu stoppen. Bei einem Treffen Ende November hatte sich die Opec noch dagegen entschieden.

Unter den Einzelwerten stachen an den europäischen Aktienmärkten vor allem die Energiewerte ins Auge: Der Branchenindex fiel zeitweise um 1,8 Prozent auf ein Drei-Wochen-Tief von 265,97 Punkten. Royal Dutch Shell oder BP gaben in der Spitze 2,3 und 1,8 Prozent nach, erholten sich zum Nachmittag aber wieder.

Auf Seite 3: EURO GERÄT ERNEUT INS RUTSCHEN



EURO GERÄT ERNEUT INS RUTSCHEN

Bergab ging es auch für den russischen Aktienmarkt. Der Leitindex notierte bis zu fünf Prozent im Minus. Auch die russische Währung, die im vergangenen Jahr bereits 70 Prozent zum Dollar eingebüßt hatte, verlor weiter an Wert: Der Greenback stieg in der Spitze um 6,1 Prozent auf 64,12 Rubel. Anleger fürchten einen deutlichen Einbruch der russischen Konjunktur - wegen der wegbrechenden Einnahmen aus Rohstoff-Exporten und der westlichen Wirtschaftssanktionen schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im November im Vergleich zum Vorjahresmonat bereits um 0,5 Prozent. Das war der erste Rückgang seit Oktober 2009.

Keinen guten Tag erwischte auch der Euro, der erneut unter die Marke von 1,19 Dollar rutschte. Am Montag war er auf der Handelsplattform EBS auf ein Neun-Jahres-Tief von 1,1860 Dollar gefallen. Der Gemeinschaftswährung macht die Debatte um ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone zu schaffen. Daneben richten sich immer mehr Anleger darauf ein, dass die EZB bei ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung am 22. Januar eine weitere Lockerung der Geldpolitik ankündigen wird. Der Markt interpretiere die fallenden Ölpreise als Gefahr für ein Abgleiten in dauerhafte Deflation, schrieb Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann in einem Kommentar. EZB-Chef Mario Draghi hatte zuletzt mehrfach angedeutet, notfalls noch schwerere Geschütze aufzufahren, um einer solchen Spirale aus fallenden Preise und rückläufigen Investitionen entgegenzuwirken.

Auf der Suche nach sicheren Häfen steuerten Anleger vor allem zehnjährige Bundesanleihen an. Die Kurse stiegen, im Gegenzug fiel die Rendite auf ein Rekordtief von 0,455 Prozent.

Reuters