Sonja Laud ist nach Stationen bei der DWS, Barings, Schroder und Fidelity seit gut einem Jahr Chief Investment Officer bei LGIM. Im Interview erklärt sie, welche Themen in den kommenden Monaten die Märkte beherrschen werden und wo sie Chancen sieht.
€uro am Sonntag: Anfang 2019 rieten Sie Anlegern, vorsichtiger zu investieren. Mit Aktien konnte man 2019 jedoch oft über 20 Prozent Rendite erzielen. Wieso lagen Sie falsch?
Sonja Laud:
Welche Folgen hatten die niedrigeren Leitzinsen?
Sie haben zu einer massiven Ausweitung der Kurs-Gewinn- Verhältnisse (KGV) bei Aktien geführt und weitaus mehr zur Kursentwicklung beigetragen als die Entwicklung der Unternehmensgewinne.
Sind Aktien nach dem langen Bullenmarkt jetzt nicht bereits zu teuer?
Ja und nein. Ja, wenn man Aktien allein betrachtet. Denn die KGVs haben sich in den vergangenen Jahren teils deutlich ausgeweitet, weil die Aktienkurse stärker als die Unternehmensgewinne gestiegen sind. Das ist so kaum wiederholbar. Dies gilt besonders für die USA.
Und warum sind Aktien doch nicht teuer?
Man muss auch betrachten, welche Alternativen die Anleger haben. Im Vergleich zu niedrig verzinsten Anleihen sind Aktien relativ attraktiv. Zumal die niedrigen Zinsen in die Cashflow-Bewertungsmodelle für Aktien mit einfließen und eine höhere Bewertung zulassen.
Würden Sie auf mittlere bis längere Sicht eher Growth- oder eher Value-Titel favorisieren?
In den vergangenen zehn Jahren sind Growth-Titel deutlich besser als Value-Titel gelaufen, und zwar mit einem Abstand, der historisch einmalig ist. Insofern schauen wir uns momentan einige Value-Segmente an.
Inwieweit sind Sie in diesem Bereich fündig geworden?
Wir sehen günstige Bewertungen bei einigen britischen Aktien, die sich auf den Binnenmarkt konzentrieren. Japanische Aktien sind ebenfalls attraktiv bewertet, weil sich ihre KGVs in den vergangenen Jah- ren nicht so stark ausgeweitet haben und sie damit eine positive regionale Ausnahme bilden.
Wie beurteilen Sie IT- und Technologiewerte, die sich in den vergangenen Jahren extrem gut entwickelt haben?
Alphabet, Amazon, Apple, Facebook und Microsoft sind derzeit die größten Einzelwerte im MSCI-World-Index. Wir wissen jedoch aus der Vergangenheit, dass Unternehmen ihre einstmals vorherrschende Stellung wieder einbüßen und andere Unternehmen an die Spitze drängen. Zudem könnten die großen US-Techwerte unter stärkeren Eingriffen der Politik leiden, etwa durch höhere Steuern oder eine strengere Regulierung.
Abschließend: Was halten Sie von Themenfonds und -ETFs, wie sie jetzt immer häufiger aufgelegt werden?
Anleger können mit thematischen Ansätzen neue Wachstumsquellen erschließen. Zum Teil wachsen die Umsätze dort langfristig um zehn bis 15 Prozent. Zudem weichen Anleger damit vom klassischen Länder- und Sektoransatz ab.
Wie geht Ihr Haus hier vor?
Wir arbeiten mit regelbasierten Ansätzen. Das gilt etwa für den L & G Cyber Security ETF, dessen Titel im Schnitt zudem noch recht günstig sind.
L & G Cyber Security:
Der ETF bildet die Entwicklung von aktuell 49 Infrastruktur- und Serviceprovidern ab, die im Bereich IT- und Datensicherheit aktiv sind. Gut als Techbeimischung zum Depot.