Besonders begehrt: Die Aktien des dänisch-deutschen Unternehmens Bavarian Nordic. Sie sprangen an der Kopenhagener Börse bereits am Donnerstag um 35 Prozent in die Höhe, am Freitag setzten sie ihren Sprint fort und gewannen 18 Prozent. Auch auf der deutschen Tradegate-Plattform waren die Papiere stark gefragt, in den vergangenen beiden Handelstagen schnellte der Kurs dort um 66 Prozent in die Höhe. Am Montag liegt er rund drei Prozent im Minus.
Das Unternehmen hatte am Donnerstag mitgeteilt, einen Vertrag mit einem nicht genannten europäischen Land über die Lieferung seines Pockenimpfstoffs als Reaktion auf die neuen Fälle von Affenpocken abgeschlossen zu haben. In den USA und Kanada sei der Impfstoff bereits gegen Affenpocken zugelassen, teilte die Firma mit Sitz im dänischen Hellerup und im bayerischen Martinsried mit. In Europa sei das Mittel mit dem Markennamen Imvanex bisher nur gegen klassische Pocken zugelassen, aber bereits früher für den Off-Label-Einsatz bei Affenpockenfällen bereitgestellt worden.
Von Off-Label-Use spricht man, wenn zugelassene Arzneimittel außerhalb ihrer Zulassung eingesetzt werden; denn unter bestimmten Voraussetzungen können Arzneimittel auch in anderen als den zugelassenen Anwendungsgebieten eingesetzt werden.
Zu den gefragten Titeln zählten auch Chimerix (plus 6,68 Prozent auf Tradegate), Emergent (plus 11,90 Prozent auf Tradegate) und Tonix (plus 15,77 Prozent auf Tradegate). An der US-Börse NASDAX schnellen die Titel von Siga Technologies um 43,35 Prozent in die Höhe. Dessen Produkt Tecovirimat wurde in diesem Jahr neu gegen klassische Pocken zugelassen.
Einem Medienbericht zufolge hat Großbritannien Pocken-Impfstoff eingekauft, der einen gewissen Schutz gegen die Erkrankung bieten soll. Das berichtete die BBC am Freitag unter Berufung auf die britische Regierung. Unklar war zunächst, wie viel Impfstoff eingekauft wurde und wer damit geimpft werden soll. Eine Sprecherin der britischen Gesundheitsbehörde sagte, das Vakzin solle Menschen mit höherem Risiko einer Infektion angeboten werden. Das Risiko für die allgemeine Bevölkerung sei weiterhin sehr niedrig, hieß es.
Am Freitag war erstmals auch in Deutschland ein Fall von Affenpocken bestätigt worden: Betroffen sei ein aus Brasilien stammender 26-Jähriger, der von Portugal über Spanien nach München eingereist sei, teilte das bayerische Gesundheitsministerium mit. Zuvor war er schon in Düsseldorf und Frankfurt am Main. Es ist der erste jemals in Deutschland erfasste Fall von Affenpocken. Der Charité-Infektiologe Leif Sander sieht mit den inzwischen deutlich über 100 Fällen weltweit eine ungewöhnlich dynamische Situation.
Affenpocken sind eine seltene Viruserkrankung, die von Tieren, vermutlich vor allem von Nagetieren, auf Menschen übertragen werden können. Der Erreger wurde erstmals 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen - daher der Name Affenpocken. Fachleute vermuten allerdings, dass der Erreger eigentlich in Hörnchen und Nagetierenzirkuliert, Affen gelten als sogenannte Fehlwirte. Das Affenpockenvirus ist auch auf den Menschen übertragbar.
Übertragungen von Mensch zu Mensch sind selten, bei engem Kontakt aber möglich. Die Viruserkrankung tritt hauptsächlich in West- und Zentralafrika. Eine Infektion erfordert in der Regel einen sehr engen Kontakt mit infizierten Menschen, Tieren oder kontaminierten Gegenständen. Affenpocken verursachen zwar ein sehr typisches Krankheitsbild, milde Fälle mit sehr wenigen Hautveränderungen können jedoch unentdeckt bleiben und stellen somit ein Risiko für die weitere Übertragung von Mensch zu Mensch dar. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass eine Impfung gegen Pocken auch vor einer Infektion mit Affenpocken schützt, jedoch hat der Großteil der Bevölkerung mittlerweile heute keinen belastbaren Schutz mehr durch frühere Pockenschutzimpfungen.