NYU-Professor Damodaran sieht Aktien kollektiv überteuert. Treiber bleibt das Gewinnwachstum – doch im AI-Boom droht Ernüchterung.

Die Wall Street jagt von einem Rekordhoch zum nächsten, getrieben von den großen Technologieaktien und der Hoffnung auf Künstliche Intelligenz. Doch Aswath Damodaran, Finanzprofessor an der NYU Stern School of Business und als „Dean of Valuation“ bekannt, mahnt zur Vorsicht. Im CNBC-Interviewmachte er klar: „Aktien sind reichlich bewertet, nicht nur Big Tech, sondern der gesamte Markt.“

Von einer Blase wollte Damodaran noch nicht sprechen. Dafür seien die Gewinnzahlen bislang zu robust. 75 Prozent der Unternehmen hätten im laufenden Jahr die Erwartungen übertroffen – diese Fundamentaldaten hielten die Märkte über Wasser. „Solange die Gewinne tragen, gibt es keinen Auslöser für eine Anpassung“, so der Professor.

Nvidia, Microsoft, Palantir – wer wird der große Gewinner im AI-Boom?

Besonders die Euphorie um Nvidia, das nach einem Intel-Deal erneut zweistellig zulegte, sieht Damodaran kritisch im historischen Kontext. „In jeder Technologiewelle profitieren zunächst die Architekturfirmen – während der Dotcom-Ära war es Cisco. Doch die größten Gewinner entstehen meist auf der Ebene von Produkten und Services.“ Für den aktuellen AI-Boom nannte er Microsoft, Meta, Oracle oder Palantir als Aspiranten. „Aber es könnte auch ein Unternehmen sein, das heute noch gar nicht gelistet ist.“

Das Grundproblem: Die Investitionen in AI-Infrastruktur explodieren. Microsoft allein steckt nach Damodarans Rechnung 100 Milliarden Dollar in Architektur – wofür am Ende rund 300 Milliarden Dollar an neuen Erlösen aus AI-Produkten nötig wären, um das Investment zu rechtfertigen. Hochgerechnet auf den Gesamtmarkt impliziere dies eine Erwartung von 3 bis 4 Billionen Dollar Umsatz, die bisher in keiner Weise absehbar seien. „Die Frage ist: Wer schafft es, sich den Löwenanteil dieses Marktes zu sichern?“

Kein Sektor günstig – Inflation wichtiger als Fed

Damodaran machte deutlich, dass derzeit kein Marktsegment billig sei. Selbst traditionell defensive Branchen notierten über ihren historischen Multiples. „Vielleicht ist Energie eine Ausnahme, aber auch dort gibt es nachvollziehbare Gründe.“

Auf die Frage nach der Bedeutung der Geldpolitik winkte der NYU-Professor ab: „Die Fed hat keinen großen Einfluss. Die Zinsmärkte werden letztlich durch Angebot und Nachfrage getrieben. Entscheidend sind Inflation und Realwirtschaft, nicht ob Powell drei oder sechs Mal die Zinsen senkt.“

Mahnende Botschaft 

Die Botschaft Damodarans ist zweigeteilt: Solange Gewinne weiter überzeugen, fehlt der Markt ein klarer Korrekturauslöser. Doch die Bewertungen sind hoch, die Erwartungen an AI-Umsätze gigantisch – und längst nicht abgesichert. 

Anleger sollten also weniger auf die Schlagzeilen von Nvidia & Co. schauen, sondern genauer hinsehen, welche Firmen tatsächlich die Produkte und Services entwickeln, die den Milliardeninvestitionen gerecht werden.

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