Der Bundesgerichtshof (BGH) wies mit einem ersten rechtskräftigen Urteil Klagen von Mercedes-Käufern am Donnerstag ab. Vier Käufer von Mercedes-Fahrzeugen hatten auf Schadenersatz wegen sittenwidriger Schädigung geklagt, weil die Abgasreinigung temperaturabhängig reduziert wird und Stickoxid-Grenzwerte im Normalbetrieb nicht eingehalten werden. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hatte die Klagen abgewiesen. Der Vorsitzende Richter am BGH, Rüdiger Pamp, sagte zur Begründung, es seien keine Anhaltspunkte für ein wissentliches und heimliches Vorgehen des Autoherstellers zu erkennen. Das wäre aber Voraussetzung für eine sittenwidrige Schädigung der Käufer. (AZ: VII ZR 190/20 u.a.)
Die Kläger argumentierten, Daimler habe die Technik bewusst so gestaltet, dass die geforderten Werte nur auf dem Prüfstand zur amtlichen Zulassung der Modelle eingehalten werden. Sie verlangten den Kaufpreis unter Abzug der zwischenzeitlichen Nutzung zurück.
Daimler begrüßte die Entscheidung, die aus Sicht des Unternehmens Leitcharakter für Tausende Gerichtsverfahren in Deutschland hat. Die verwendete Steuerung der Abgasrückführung unterscheide nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder auf der Straße befinde, erklärte der Autobauer. Sie sei nicht mit der unzulässigen Abschalteinrichtung von Volkswagen vergleichbar. Der Wolfsburger Konzern musste wegen der Manipulation von Dieselmotoren Schadenersatz zahlen.
Gegen den Stuttgarter Autobauer scheiterten nach dessen Angaben schon mehr als 13.000 Klagen vor Landgerichten, während 800 Urteile gegen das Unternehmen entschieden wurden. Auf Ebene der Oberlandesgerichte seien mehr als 800 Klagen gescheitert und nur zwei, noch nicht rechtskräftige, zu Gunsten der Autobesitzer ergangen.
EU-GERICHT ZU THERMOFENSTER
Der BGH lehnte im Fall Daimler auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ab. Selbst wenn man unterstelle, dass das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle und gegen die europäische Rechtsverordnung verstoße, folge daraus noch keine arglistige Täuschung durch den Autobauer. Nach europäischem Recht sind Abschalteinrichtungen nämlich dann erlaubt, wenn sie zum Schutz des Motors notwendig sind. Darauf beruft sich Daimler. Man habe jedenfalls von einer unsicheren Rechtslage ausgehen können, und Daimler habe allenfalls fahrlässig gehandelt. Am EU-Gericht in Luxemburg laufen Verfahren zu VW und Porsche, in denen die rechtliche Zulässigkeit des Thermofensters geklärt werden soll. Der Generalanwalt nimmt dazu am 23. September Stellung. Das Gericht folgt dieser Einschätzungen häufig.
Der BGH hatte schon früher bei zwei Diesel-Klagen gegen Daimler entschieden, das Thermofenster allein sei keine sittenwidrige Schädigung und begründe keinen Anspruch auf Schadenersatz. Damals wurden die Streitfälle aber an die Vorinstanzen zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen.
rtr