Wegen sinkender Frachtraten sind die Kurse einiger Reeder wieder zurückgekommen. Allerdings haben sie sich entschuldet und verdienen immer noch Geld. Dabei bieten diese Megatrend-Aktien teilweise bis zu 19,4 Prozent Dividendenrendite.

Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist Liquefied Natural Gas, kurz LNG, in aller Munde. Um sich von russischem Gas unabhängiger zu machen, will etwa die Bundesregierung bis zu zehn Milliarden Euro in eine neue Infrastruktur für LNG-Terminals an den Standorten Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Stade und Lubmin stecken. Weltweit steigt der Energiehunger wieder. Auch China ist gierig auf Flüssiggas. Vor allem weil auch dort die Kohleemissionen zurückgefahren werden sollen. Nachdem der Lockdown beendet ist und die Industrie wieder auf Touren kommt, kauft das Land, was es kriegen kann. Geliefert wird das verflüssigte Gas mit riesigen Schiffen. Die größten Exporteure wie Australien oder Katar sind auf den Seetransport angewiesen.

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Megatrend-Aktien

Davon profitiert das norwegische Unternehmen Avance Gas. Es besitzt eine Flotte von 13 sogenannten Very Large Gas Carriern (VLGC). Sie können mehr als 60 000 Kubikmeter Gas pro Schiff transportieren. Zudem werden aktuell drei Dual-Fuel-Tanker gebaut. Dabei handelt es sich um Motoren, die mit einer Mischung aus zwei verschiedenen Kraftstoffen betrieben werden können — meist Diesel und Erdgas. Sie sind deswegen emissionsärmer. Dieses und im kommenden Jahr sollen sie ausgeliefert werden. Die Norweger haben eine starke Bilanz und eine solide, nachhaltige Dividendenpolitik. Sollte die Nachfrage in den kommenden Jahren nach Flüssiggas hoch bleiben, wovon auszugehen ist, dürfte sich daran so schnell auch nichts ändern. Für das erste Quartal ist das Unternehmen noch eher verhalten optimistisch. In den zweiten drei Monaten ist es bereits gut ausgebucht. Fundamental ist der Titel immer noch günstig bewertet.

Das gilt auch für den noch größeren Wettbewerber BW LPG: Er hat insgesamt 39 solcher VLGC-Riesen mit einer Kapazität von mehr als drei Millionen Kubikmetern im Angebot. Von diesen sind 15 mit Dual-Fuel-Antriebstechnologie nachgerüstet. Sie kommen so auf ein niedrigeres Emissionsprofil. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gerade mal acht für das Jahr 2024 ist der Konzern günstig bewertet. Die hohe Dividendenrendite ist ein weiteres Plus. Beide Firmen stehen bei den Analysten von Kepler auf der Kaufliste. Auch BÖRSE ONLINE empfiehlt die Titel zum Kauf.

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Frachtraten sinken auf Normalniveau

Doch nicht nur der Transport von Flüssiggas war in den vergangenen Monaten sehr beliebt. Auch die Containerschifffahrt erlebte einen Boom: Im Dezember 2021 schossen die Frachtraten nach oben: Für einen 40-Fuß-Container auf der Route Shanghai nach Amsterdam wurden damals 16 000 Dollar bezahlt. Eineinhalb Jahre zuvor lag der Preis für einen Standardcontainer noch bei rund 2000 Dollar. Entsprechend stark sind die Aktienkurse der Reedereien im Vorfeld bereits gestiegen. Für sie war es der perfekte Sturm:

Warenangebot und Nachfrage lagen überhaupt nicht mehr im Gleichgewicht. Die Kauflaune explodierte zur Hochzeit der Pandemie regelrecht: Kleidung, Laptops, Smartphones, Fahrräder, Gartengeräte oder Möbel. Bestellt wurde alles, ohne mit der Wimper zu zucken. Es mangelte jedoch an Kapazitäten für den Transport. Laut Studie von PWC aus dem November vergangenen Jahres waren in Deutschland 93 Prozent der Schiffe komplett ausgelastet. Dass es sich damals um eine Übertreibung handelte und die Preise auch irgendwann wieder zurückkommen würden, war jedem klar, der die Branche kennt. Und doch wollte keiner die Rally der Unternehmen an der Börse verpassen. Es kam, wie es kommen musste: Preise und Kurse purzelten wieder. Nach zwei extrem guten Jahren rechnet etwa der Reeder Hapag-Lloyd mit einer Normalisierung. Marktkenner gehen davon aus, dass die Frachtraten etwas unter das gewohnte Niveau fallen, sich dann jedoch auch wieder erholen werden. Die einstigen Highflyer an der Börse büßten zum Ende des vergangenen Jahres deutlich an Wert ein. Doch seit Jahresanfang haben sich die Vorzeichen wieder gedreht. Klar ist: Die Branche steht gut da. Denn nahezu sämtliche Konzerne nutzten die schon fast historische Chance, um sich zu entschulden.

Riesige Dividendenrenditen

Dividende

Und auch im Jahr 2023 dürften die Gewinne der Konzerne immer noch üppig ausfallen. Beispiel A. P. Møller-Mærsk: Der freie Cashflow könnte in diesem Jahr zwar um rund 90 Prozent sinken, allerdings war 2022 ein absolutes Rekordjahr. Mit rund 27 Milliarden Dollar floss den Dänen so viel Geld zu wie noch nie. Und daran ließ der Konzern auch die Aktionäre üppig partizipieren: Insgesamt lag die Dividendenrendite bei 28 Prozent. Wegen des Abschlags rutschte der Aktienkurs zuletzt kräftig ab. Doch könnte sich das auch wieder relativ schnell umkehren.

Längst ist Mærsk kein reiner Schiffskonzern mehr: Seit Längerem bauen die Dänen ihr Transportgeschäft auf der Straße und in der Luft weiter aus. Zuletzt auch mit direkten Frachtflügen nach China. Genau beäugt die Branche aktuell die auslaufende Kooperation zwischen der weltweiten Nummer 1 MSC und der nach Marktanteilen dahinterliegenden Nummer 2 Mærsk. Anfang 2025 wollen beide getrennte Wege gehen.

Finanziell stark aufgestellt ist auch der Wettbewerber Hapag-Lloyd. Bei ihm ist das Eigenkapital im Jahr 2022 auf 28 Milliarden Euro angewachsen, eine Quote von mehr als 70 Prozent. Letztlich beschloss der Vorstand deswegen, eine Dividende in Höhe von 63 Euro vorzuschlagen. Ausgezahlt wird diese am 8. Mai 2023. Der Dividendenabschlag wird dann entsprechend hoch sein. Anleger sollten darauf achten, dass der Streubesitz mit etwas mehr als drei Prozent gering ist und es zu hohen Ausschlägen kommen kann. In diesem Jahr könnte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen zwar um drei Viertel fallen, letztlich könnten nach Firmenangaben aber zwischen vier und sechs Milliarden Euro hängenbleiben.

Potenzial hat auch der kleine Vermittler Ernst Russ. Aktuell hält er an 29 Schiffen die Mehrheit. Unter den Vermietern ist er so eine Art Taxibetrieb der Meere. Immer dann, wenn die großen Reeder wie Mærsk oder Hapag-Lloyd Spitzen abfedern müssen, mieten sie sich Schiffe. Laut Firmenpräsentation haben diese einen Marktwert von mehr als 500 Millionen. An der Börse kostet das komplette Unternehmen gerade mal knapp 200 Millionen Euro. Finanziell sind die Hamburger solide aufgestellt. Im vergangenen Jahr wurden die Nettoschulden komplett zurückgefahren. Selbst wenn die Charterraten weiter fallen, sollte dies erst deutlich später spürbar sein. Viele Schiffe sind längerfristig vermietet. 

Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 15/2023. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.

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