Für die Wall Street signalisierten die US-Futures für die Handelseröffnung Kursgewinne von etwas mehr als einem Prozent. Auch das Pfund Sterling machte Boden gut. Börsianer zweifelten allerdings, dass es sich um eine nachhaltige Erholung handelte. "Das ist eine technische Reaktion auf die Verluste", sagte einer.

"Die Augen richten sich heute auf den Brüsseler EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs, von dem Hinweise erhofft werden, wie nach dem Brexit-Votum wieder Richtung und Struktur in den entgleisten europäischen Prozess gebracht werden kann", sagte LBBW-Analyst Thomas Hollenbach. Ein schneller Start der Austrittsverhandlungen scheint aber unwahrscheinlich. "Damit gewinnt das Szenario einer anhaltenden Unsicherheit mehr Raum", sagte Hollenbach.

Der Dax könnte unter die 9000er Marke fallen und so das im Februar im Sog der Turbulenzen am Ölmarkt aufgestellte Jahrestief von 8699,29 Zählern ins Visier nehmen, warnte ein Händler. Auch das Pfund habe seine Talsohle noch nicht erreicht, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. "Investoren brauchen Klarheit darüber, wo das Vereinigte Königreich in zwei und mehr Jahren steht. Solange die fehlt, wird das Pfund weiter abgestraft."

In den vergangenen beiden Handelstagen seit dem Brexit-Votum haben Dax und EuroStoxx50 je rund zehn Prozent verloren. Ähnlich stark hat auch das Pfund abgewertet. Am Dienstag notierte es bei 1,3400 Dollar, nachdem es am Montag auf ein 31-Jahres-Tief von 1,3118 Dollar gefallen war.

Die Herabstufung der Bonität Großbritanniens verteuerte am Anleihemarkt die Refinanzierung des britischen Staates nur wenig. Die Rendite der zehnjährigen britischen Bonds stieg zwar auf rund ein Prozent, blieb aber in Reichweite ihres im Zuge der Brexit-Turbulenzen erreichten Rekordtiefs von 0,933 Prozent. "Angesichts der Flucht in die sicheren Häfen, die auch die Renditen für Gilts sinken lässt, kostet der Verlust des AAA-Status den britischen Staat vorläufig gar nichts", fasste Holger Schmieding, Chefvolkswirt von Berenberg zusammen.

FINANZWERTE WIEDER GEFRAGT - VW EBENFALLS IM AUFWIND



Bei den Einzelwerten holten die Finanzwerte auf. Nach teils zweistelligen prozentualen Verlusten legten sie im Schnitt zwei bis vier Prozent zu. Deutsche Bank und Commerzbank stiegen um je etwa zwei Prozent. Die britische Barclays und Royal Bank of Scotland gewannen je knapp drei Prozent, nachdem sie am Vortag 17 und 15 Prozent verloren hatten.

Auch die Aktien der Fluggesellschaften machten Boden gut: Ihre Geschäfte dürften mittelbar vom Brexit betroffen werden, weshalb die British-Airways-Mutter IAG und Eazyjet schon ihre Prognosen kassiert haben. Ihre Aktien legten um zwei und 3,6 Prozent zu, nachdem sie am Montag um 16 und 22 Prozent abgestürzt waren.

Gefragt waren auch die Papiere von Volkswagen, obwohl das Unternehmen zur Beilegung des US-Abgasskandals mit mehr als 15 Milliarden Dollar deutlich tiefer in die Tasche greifen muss als gedacht.