Philipp Vorndran: Kapitalmarktstratege Flossbach von Storch: "Die optimale Depot-Mischung? Erstklassige Aktien, Anleihen, Gold und Kasse"



Wall Street, Dax und viele andere wichtige Börsen haben im abgelaufenen Jahr neue Rekordstände erreicht. Bleiben die Börsen auch 2018 im Rally-Modus?

Philipp Vorndran: An der Situation hat sich nichts Grundlegendes verändert. Aktien sind im Vergleich zu anderen Anlageklassen nach wie vor am attraktivsten.

Wo sehen Sie den S&P 500 Ende 2018 und welchen Stand erwarten Sie auf Jahressicht für den Dax?

Ich weiß es nicht. Niemand tut das. Deswegen machen wir keine Punkt-Prognosen.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2018 aus heutiger Sicht bestimmen?

Die Notenbanken bleiben auch 2018 im Fokus. Kommt die Zinswende, kommt sie nicht - diese Frage dürfte immer wieder gestellt werden und zu Nervosität an den Märkten führen. Schlussendlich wird sie wohl nicht kommen. Zumindest wird es keine sein, die den Namen "Zinswende" auch verdient.

Welchem der wichtigsten Börsenindizes weltweit trauen Sie 2018 die beste Entwicklung zu?

Ähnlich wie bei den Punktprognosen: Das lässt sich schlicht nicht vorhersagen. Zu viele Faktoren spielen da kurzfristig eine Rolle. Die Währung beispielsweise. Und überhaupt: Wir denken nicht in Indizes, Regionen oder Branchen, sondern in Unternehmen.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2018?

Das Thema "Disruption" bleibt eines der großen Themen. Welche Branchen und Unternehmen sind die Gewinner der Digitalisierung und welche werden von ihr überrollt? In diesem Umfeld dürfte manches Unternehmen zu Unrecht abgestraft werden. Für aktive Investoren gar kein so schlechtes Umfeld.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2018?

China ist und bleib ein potenzieller Krisenherd. Die Verschuldung dort wächst in beunruhigendem Tempo. Wir beobachten das sehr genau. Bislang scheint die Regierung jedoch Herr der Lage. Ein Problem könnte zudem die niedrige Volatilität werden. Sie lockt kurzfristig orientierte Investoren an die Börse, die sich bei dem ersten Ruckler schnell wieder vom Markt verabschieden und so den Abwärtstrend verstärken könnten. Wir können auch nicht ausschließen, dass nicht irgendwann der nächste Schwarze Schwan auftaucht.

Bei welchen sonstigen Anlage-Produkten bzw. Asset-Klassen sollten Anleger mit Blick auf 2018 zugreifen?

Grundsätzlich gilt: Breit streuen. Erstklassige Aktien, dazu Anleihen, Gold und Kasse. Bei Anleihen opportunistisch vorgehen, das heißt auf Anlagegelegenheiten warten und dann nutzen. Auch im Niedrigzinsumfeld finden sich immer wieder attraktive Titel. Gold als Versicherung gegen die Risiken des Finanzsystems. Und Kasse, um flexibel zu bleiben und Gelegenheiten wahrnehmen zu können.

Der künftige US-Notenbank-Chef Jerome Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Fed-Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf die Börsen auswirken?

Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Natürlich möchte Jerome Powell die Notenbankpolitik normalisieren. Jeder andere Kandidat würde das auch wollen. Die Frage ist: wie viel Spielraum hat er? Kann er den Zins deutlich anheben, wenn die Japaner und Europäer ihren niedrig halten, wovon auszugehen ist? Nein kann er nicht, weil der US-Dollar sonst zu stark und die US-Wirtschaft belasten würde. Powell muss sich also nicht zuletzt daran orientieren, was in den anderen Währungsräumen passiert. Ob er will oder nicht.

Wird die EZB 2018 dem Beispiel der US-Notenbank folgen und die Wende in ihrer ultra-lockeren Geldpolitik einleiten und die Zinsen anheben und welche Folgen hätte ein solcher Schritt für Dax und Co.?

Die EZB wird ihre Geldpolitik nur in homöopathischen anpassen können, wenn überhaupt. Eine Trendwende wird es unseres Erachtens auch 2018 nicht geben. Für viele Eurostaaten ist der niedrige Zins schlicht überlebenswichtig.

Wo erwarten Sie den Euro im Verhältnis zum US-Dollar Ende 2018?

Rein technisch betrachtet scheint der Aufwärtstrend des Euro aktuell intakt. Gut, möglich dass er in den kommenden Wochen noch weiter zulegt. Eine dauerhaft deutliche Aufwertung gegenüber dem US-Dollar halte ich für eher unwahrscheinlich. Die Eurozone ist und bleibt ein fragiler Währungsraum.

Auf Seite 2: Henning Gebhardt, Berenberg Bank





Henning Gebhardt, Leiter Wealth and Asset Management, Berenberg Bank: "Russland könnte 2018 ein Überraschungskandidat werden"



Wall Street, Dax und viele andere wichtige Börsen haben im abgelaufenen Jahr neue Rekordstände erreicht. Bleiben die Börsen auch 2018 im Rallye-Modus?

Die Aktienmärkte werden ihren Aufwärtstrend fortsetzen, unterstützt durch steigende Unternehmensgewinne und fehlende Anlagealternativen im Umfeld niedriger und moderat steigender Zinsen. Die Profitabilitätsmargen haben noch Raum zu ihren historischen Höchstständen - der Margenhöhepunkt sollte noch vor uns liegen, insbesondere im Euroraum. Im Jahr 2017 hat die Anlegerstimmung von Pessimismus auf Optimismus gewechselt. Euphorie herrscht jedoch noch nicht - das ist eine gute Voraussetzung. Aufgrund steigender Zinsen und weniger expansiver Zentralbankpolitiken sollten sich die Bewertungen am Aktienmarkt jedoch nicht mehr wesentlich ausweiten können.

Wo sehen Sie den S&P 500 Ende 2018 und welchen Stand erwarten Sie auf Jahressicht für den Dax?

Wir erwarten den S&P500 bei 2800 Punkten und den Dax bei 14200. Für den Dax erwarten wir ein Gewinnwachstum von 12% und 6% für die Jahre 2018 und 2019 sowie 2% Dividende und eine moderate KGV Reduktion. Für den S&P500 unterstellen wir ein Gewinnwachstum von 11% und 8% für die Jahre 2018 und 2019 sowie ebenfalls eine moderate KGV Reduktion. Für beide Indizes erwarten wir, dass das Potenzial für 2018 im Wesentlichen im ersten Halbjahr liegen wird. Ein Überschreiten unserer Kursziele ist durchaus möglich.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2018 aus heutiger Sicht bestimmen?

Wir erwarten eine zunehmende Normalisierung des Zyklus. Das solide und synchrone Wachstum dürfte sich im Jahr 2018 fortsetzen, die Häufigkeit positiver Überraschungen und die Wachstumsdynamik dürfte im Jahresverlauf jedoch nachlassen. Das Wachstum wird zunehmend durch die Investitionstätigkeit sowie das verarbeitende Gewerbe getrieben.

Löhne, Rohstoffpreise und die Inflation sollten langsam anziehen, die Zentralbanken wechseln Schritt für Schritt von quantitativer Lockerung auf quantitative Drosselung, und in den USA sowie in Großbritannien setzt sich der Pfad moderat steigender Zentralbankzinsen fort. Die Anleiherenditen werden vor diesem Hintergrund moderat steigen.

Welchem der wichtigsten Börsenindizes weltweit trauen Sie 2018 die beste Entwicklung zu?

Von den entwickelten Märkten präferieren wir Euroland. Die Entwicklung von Großbritannien dürfte gerade im Fall eines "Hard Brexit" zurückbleiben. Auch die Gewinnentwicklung Japans dürfte die der USA übersteigen.

Wir erwarten, dass Emerging-Market-Aktien auch in 2018 stark performen werden. Hierbei sind die Frontiermärkte interessant. Russland könnte ein Überraschungskandidat werden (Ölpreis, Weltmeisterschaft, geringe US-Dollar-Stärke). Zudem hat sich der russische Aktienmarkt 2017 im Vergleich zu den anderen EM-Ländern am schwächsten entwickelt.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2018?

Auch Ende 2018 werden wir nicht unmittelbar vor dem Ende des längsten Wachstumszyklus der Nachkriegsgeschichte stehen. Die hohe Wachstumsdynamik, mit der wir in das Jahr starten, spricht für stärker als bisher erwartet steigende Unternehmensgewinne. Trotz steigender Zinsen und weniger expansiver Geldpolitik dürften die Bewertungen am Aktienmarkt kaum leiden, da weiterhin Anlagealternativen fehlen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2018?

Die wesentlichen Risiken für eine Korrektur am Aktienmarkt sind ein unerwartet starkes Anziehen der Inflation, Verunsicherungen über die zukünftige Politik der Zentralbanken, Bremsspuren des reduzierten Kredit- und Geldmengenwachstums in China, erstarkende Befürchtungen eines harten Brexit und die zunehmenden geopolitischen Konflikte. Insbesondere nach der langen Phase geringer Volatilitäten an den Märkten drohen in solchen Fällen stärkere Verwerfungen.

Bei welchen sonstigen Anlage-Produkten bzw. Asset-Klassen sollten Anleger mit Blick auf 2018 zugreifen?

Wir bleiben aufgrund des starken Wachstumsumfeldes konstruktiv für Anlagen in Nebenwerten. Insbesondere in europäischen. Weiterhin sehen wir gutes Potenzial bei EM-Anleihen. Diese sollten vom soliden globalen Wachstum, leicht steigenden Rohstoffpreisen und der zunehmenden Investitionstätigkeit in der westlichen Welt profitieren. Aber selbstverständlich ist das nicht ohne Risiken. Eine Wachstumsverlangsamung könnte das Sentiment für EM-Anlagen belasten, genauso wie stark steigende Anleihen-Renditen in den USA oder eine starke US-Dollar-Aufwertung. Allerdings standen diese Anlagen schon 2017 im Fokus der Anleger.

Der künftige US-Notenbank-Chef Jerome Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Fed-Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf die Börsen auswirken?

Entscheidend für die Marktreaktion dürfte die Entwicklung der realen Zinsen sein - steigende Realzinsen wirken sicher restriktiv, belasten das Wachstum und verschieben die relative Attraktivität zwischen den Anlageklassen. Dies wäre der Fall, wenn die Fed die Normalisierung unvermindert fortsetzt, ohne dass die Inflation anzieht. Bisher hat sich die Fed aber durch eine sehr vorsichtige Vorgehensweise ausgezeichnet.

Zieht jedoch die Inflation an, sollte eine geldpolitische Normalisierung eher positiv wirken. Denn ansonsten dürften Inflationserwartungen und mit ihnen die langfristigen Zinsen stark steigen, wiederum mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das Wachstum und die Märkte. Steigen die Zinsen lediglich mit der Inflation, ist der Effekt auf die Aktien typischerweise begrenzt, da die Inflation auch zu höherem nominellen Gewinnwachstum führt.

Wird die EZB 2018 dem Beispiel der US-Notenbank folgen und die Wende in ihrer ultra-lockeren Geldpolitik einleiten und die Zinsen anheben und welche Folgen hätte ein solcher Schritt für Dax und Co.?

Wir erwarten, dass die EZB die Zinsen nicht vor 2019 anheben wird. Bis Ende September läuft nun erst einmal das reduzierte Kaufprogramm für Anleihen weiter. Unerwartet frühe Zinsschritte durch die EZB erscheinen nur realistisch bei einer weiterhin zunehmenden Wachstumsdynamik und stärker anziehenden Inflation. Der Euro dürfte dann aufwerten und diese Kombination Dax und Co. belasten, jedoch in diesem Szenario von einem zwischenzeitlich erheblich höheren Niveau als heute.

Wo erwarten Sie den Euro im Verhältnis zum US-Dollar Ende 2018?

Wir gehen davon aus, dass der EUR/USD-Wechselkurs nahezu unverändert sein wird. Auch wenn die Fed wie von uns angenommen die Leitzinsen erheblich mehr als derzeit am Markt erwartet anheben wird, wird sich die Renditedifferenz am langen Ende der Zinsstrukturkurve kaum ändern und bei rund 200bp verharren. Zudem wird der negative Effekt der durch die Steuerreform steigenden Verschuldung in den USA, insbesondere angesichts des fortgeschrittenen Konjunkturzyklus zum Tragen kommen. In der Vergangenheit haben Steuersenkungen in den USA eher zu einem schwächeren US-Dollar geführt, z.B. 1986, nachdem Ronald Reagan den maximalen Einkommensteuersatz von 50% auf 38% gesenkt hatte oder in 2003, nachdem George W. Bush die Dividendenbesteuerung reduziert hatte.

Auf Seite 3: Robert Halver, Baader Bank





Robert Halver, Aktien-Stratege Baader Bank: "Zyklische Aktien auf dem Vormarsch"



Wall Street, Dax und viele andere wichtige Börsen haben im abgelaufenen Jahr neue Rekordstände erreicht. Bleiben die Börsen auch 2018 im Rallye-Modus?

Robert Halver: Die entscheidenden Zutaten für eine Fortsetzung der Aktien-Rallye im nächsten Jahr sind vorhanden. Aktien verfügen über insbesondere zwei stabile Standbeine. So befindet sich das Klima in der Weltwirtschaft auch laut ifo Institut auf dem höchsten Stand seit 2011. Setzt man die Einschätzung der Geschäftslage und -erwartungen für das vierte Quartal 2017 zueinander in Beziehung, hat sich die Weltwirtschaft angesichts einer verbesserten Geschäftslage und steigenden -erwartungen in der konjunkturellen Zyklusphase "Boom" fest etabliert.

Vor allem aus den Schwellen- und Entwicklungsländern wird ein Anziehen der Konjunktur erwartet. Darüber hinaus bleibt die große geldpolitische Trendwende aus. Schmerzhafte Zinsniveaus wie zwischen 2004 und 2006 werden an den Anleihemärkten nicht gezeigt. Renditeschwache Zinsanlagen sind somit weiterhin keine Alternative zu den Aktienmärkten, im Gegenteil sie sind attraktiv wie Fußpilz.

Wo sehen Sie den S&P 500 Ende 2018 und welchen Stand erwarten Sie auf Jahressicht für den Dax?

Die eigenwillige Amtsführung von Donald Trump wird an den US-Aktienmärkten auch 2018 keinen wirklichen Schaden verursachen. Er ist Gallionsfigur, wobei die zweite, durchaus hervorragend besetzte Reihe die eigentliche Politik betreibt. Im nächsten Jahr wird die US-Steuerreform effektiv, die den Unternehmen in Amerika verbesserte Standortqualitäten bieten und ihre Gewinne ansteigen lassen wird. Nicht zuletzt wird damit die USA auch für ausländische Firmen attraktiver. Ein Investitionsboom ist zu erwarten mit robuster Stimmung in der Industrie und erhöhte Ertragskraft unterstützt die Aktienbefestigung fundamental. Mit steigendem Gewinnwachstum würde sich nicht zuletzt die hohe Bewertung des US-Aktienmarkts abschwächen, die sich im Vergleich zu den unverhältnismäßig teuren US-Staatsanleihen ohnehin relativiert.

Und da die US-Notenbank Kollateralschäden fürchtet, die allein schon mit Blick auf die Überschuldung der USA drohen, bleibt sie über konjunkturfreundliche reale Notenbankzinsen - selbst im Falle von drei weiteren Leitzinserhöhungen - und reale Anleiherenditen ein anhaltend freundlicher Aktienbegleiter. Im globalen Wettstreit um Standortqualitäten überlässt die Trump-Administration nichts dem Zufall. Den US-Aktienmarkt wird es freuen, so dass der S&P 500 bis Jahresende 2018 auf 2.850 Punkte klettert.

Die fundamentalen Argumente für deutsche Aktien bessern sich ebenfalls. Deutsche Unternehmen zeigen sich gemäß ifo Geschäftserwartungen so optimistisch wie seit Dezember 2010 nicht mehr. Neben einer robusten Binnennachfrage zeigt sich auch die Weltwirtschaft immer dynamischer. Davon profitieren naturgemäß deutsche export- und industrie-lastige Aktien. Da auch keine massive Aufwertung des Euro zu erwarten ist, kommt auch dessen vermeintliches Export-Handicap nicht zum Tragen.

Politisch ist schlussendlich von einer Neuauflage der "GroKo" auszugehen, sobald die unvermeidliche parteistrategische Dramaturgie abgeschlossen ist. Allerdings wird es zu einer Regierung erst spät im nächsten Jahr kommen. Ohnehin sind deutsche börsennotierte Unternehmen immer weniger von nationaler Politik betroffen. An unzähligen Standorten weltweit wird ihnen der rote Teppich breit ausgelegt, an denen sie erfolgreich wirtschaften können. Und solange diese Aktiengesellschaften ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, profitieren sie und die von ihnen bestückten deutschen Aktienindizes ziemlich unabhängig von den Niederungen der deutschen Politik. Der DAX notiert Ende 2018 bei 14.000 Punkten.

Welche Themen dürften die Entwicklung an den Börsen 2018 aus heutiger Sicht bestimmen?

1. Zyklische Aktien sind auf dem Vormarsch
Von der weltwirtschaftlichen Stabilisierung erhalten konjunkturzyklische Aktien prinzipiell global Auftrieb. Ihre eindeutige relative Stärke gegenüber Defensivaktien setzt sich fort. Allerdings trennt sich die Spreu vom Weizen. Der bislang allgemeine positive Trend bei Industrieaktien wird ungleich stärker nach technologischer Innovationskraft gefiltert. In diese Richtung geht auch die weiter zunehmende Übernahmephantasie zum Erwerb fehlenden Know How’s.

2. US-Banken haben die Nase vorn
Der neue Fed-Chef Powell steht der Wieder-Deregulierung der Wall Street-Banken deutlich offener gegenüber. Ein ehemaliger Investmentbanker lässt wie eine Katze das Mausen nicht. Der von Trump gewünschten Bankenderegulierung dürfte daher zukünftig wenig im Wege stehen. Eine Lockerung der sogenannten Volcker-Rule, wonach der Eigenhandel bislang untersagt wurde, würde zu einer deutlichen Gewinnerholung der US-Banken führen.

In einer globalen Finanzwelt würden US-Institute weiter die größte Feuerkraft besitzen. Je deregulierter, ertragreicher und damit mächtiger US-Banken sind, umso mehr sind sie der regulierten, ertragsschwachen und angeschlagenen europäischen Konkurrenz überlegen. Mit dieser Wieder-Deregulierung der Wall Street-Banken ist aber ebenso die Gefahr von Fehlallokationen nicht von der Hand zu weisen. US-Banken dürften gegenüber ihrer Konkurrenz outperformen.

3. Staatsanleihen der Schwellenländer sind eine Anlage-Sünde Wert
Die Kreditwürdigkeiten der Schwellenländer wie zuletzt Indien haben sich verbessert. Grundsätzlich ist der Abwärtstrend der Ausfallprämien überall erkennbar. Mittlerweile gelten insbesondere die Schwellenländer Asiens als weniger ausfallgefährdet als Italien und Portugal.

Vor diesem Hintergrund und angesichts renditearmer Anleihen der Eurozone sind Staatstitel der Schwellenländer für risikofreudigere Anleger zumindest als Portfoliobeimischung interessant. So bieten 10-jährige Staatspapiere in Indien und Indonesien Renditen über sechs Prozent.

Währungsverlustgefahren, die den Renditevorteil von Staatsanleihen der Schwellenländer gegenüber ihren eurozonalen Pendants aufzufressen drohen, haben sich ebenso verringert. Insbesondere die Währungen der asiatischen Schwellenländer haben aufgrund der gewonnenen fundamentalen Stärke an Schwankungsintensität verloren. Überhaupt, betreibt Amerika keine Strong Dollar-Politik mehr, die die Währungen der Schwellenländer unter Druck bringen würde.

Welchem der wichtigsten Börsenindizes weltweit trauen Sie 2018 die beste Entwicklung zu?

Für Japan ist die Stabilisierung der Inflation über zwei Prozent so schwer zu erreichen wie der Fußball-Weltmeistertitel. Die deflationsgeprägte japanische Notenbank wird die direkte Finanzierung der öffentlichen Haushalte daher noch lange fortsetzen und auf Pump finanzierten staatlichen Konjunkturprogrammen volle Rückendeckung geben. Immerhin kommt so die japanische Wirtschaft in den Genuss von Infrastrukturprojekten, die zu privatwirtschaftlichen Folgeinvestitionen führen und so auch den Aktienmarkt stützen, der gleichzeitig von einem schwächeren Yen Rückenwind erhält.

Darüber hinaus kommt japanischen Aktien zugute, dass die Bank of Japan im Gegensatz zu Fed oder EZB als einzige große Notenbank noch nicht ansatzweise an eine Einschränkung ihrer ultralockeren Geldpolitik denkt. Übrigens ist kein Aktienindex der führenden Industrieländer so weit von seinem Allzeithoch entfernt wie der Nikkei 225, das er 1989 erreichte. Und da die Bank of Japan bei den börsengehandelten 3.675 japanischen Unternehmen bei gut 800 zu den zehn größten Aktionären gehört, sind japanische Aktien aufgrund dieser Aktivitäten der Geldpolitik ohnehin abgesichert. Japanische Aktien sind eine lohnende Depotbeimischung.

Wo sehen Sie die größten Treiber für die Börsen 2018?

Die fundamentalen Probleme der Schwellenländer, die bis Ende 2015 sogar Ängste vor einer Asien-Krise hervorriefen, haben sich deutlich zurückgebildet. Das heißt zwar nicht, dass diese Länder sakrosankt sind. Überhitzungen im gewerblichen und privaten Kreditbereich Chinas sind unverkennbar, denen die Aufsichtsbehörden in Form strikterer Kreditvergaberegeln entgegenwirken. Allerdings betreibt Chinas Zentralbank umfangreiche Liquiditätszuführungen zur Kompensation, ähnlich wie Fed, EZB oder Bank of Japan. Grundsätzlich ist die "Neue Konjunkturelle Sachlichkeit Chinas" zu begrüßen, da sie die Fehlallokationen und Rezessionsgefahren gleichermaßen bekämpft.

Ohnehin sorgen die verhaltenen Rohstoffpreise für positive Wachstumsimpulse, die durch große Fortschritte bei Wirtschaftsreformen und in der Kapitalmarktderegulierung weiter gefördert werden. Auch in puncto Digitalisierung sind die asiatischen Schwellenländer ernstzunehmende Konkurrenten. Mit einem insofern zunehmenden Anteil an der weltweiten Wertschöpfung ist eine Fortsetzung der robusten Aktienentwicklung in den Schwellenländern zu erwarten.

Angesichts ihrer stabilen Fundamentaldaten, einer konsequenten Annahme der Herausforderungen der Digitalisierung und auch mit Blick auf ihre zunehmende geopolitische Bedeutung dürften diese "zukünftigen Ex-Schwellenländer" sogar ihre Performance-Lücke im Vergleich zu den etablierten Industrieländern schließen.

Wo sehen Sie die größten Risiken für die Börsen 2018?

Die Regierung in Peking kühlt die überhitzten chinesischen Kreditmärkte deutlich ab. Muss man sich also um China, damit um die Weltkonjunktur und nicht zuletzt um die Weltaktienmärkte Sorgen machen? Stellen die verlängerten Ölförderkürzungen der Opec ein rohstoffseitiges Inflationsrisiko und damit ein Argument für eine zukünftig restriktivere Notenbankpolitik dar?

Nein, insgesamt sind weder China, Öl noch Powell geeignet, die Aktienmärkte in Bedrängnis zu bringen.

Tatsächlich ist China weit davon entfernt, seinen Wirtschaftseinbruch von 2015 und 2016 fortzusetzen. Zum einen sorgt die verbesserte Weltwirtschaft für stabilere Erträge bei Unternehmen, die insofern weniger auf Kreditfinanzierung angewiesen sind. Zum anderen sorgt die chinesische Zentralbank mit Notenbankzinsen auf Rekordtief und einer Geldversorgung auf Rekordhoch weiter für ein großzügiges Finanzierungsumfeld, so dass eigentlich bonitätsstarke Schuldner nicht in Darlehensnot geraten.

In puncto Öl wird jede Förderkürzung bei konventionellem Opec-Öl, die zunächst zu einem Preisanstieg führt, wird von der immer effizienteren US-Fracking-Industrie im Sinne einer margenträchtigen Ausweitung ihrer alternativen Ölproduktion gnadenlos ausgenutzt, was den Ölpreis anschließend wieder fallen lässt. Und der neue Fed-Chef Jerome Powell liefert nur alten Wein in neuen Schläuchen.

Das klassische Aktienmarktrisiko wird sich nicht mehr zeigen: Ein Zinsschock über die Notenbanken. Und heute, wo die Fallhöhe einer neuen Schuldenkrise weit größer jemals zuvor ist, wird kein Notenbanker unserer Finanzwelt das Schicksal eines alternden Boxers zumuten, bei dem der letzte Kampf einer zu viel war. Auch die Politik will keinen Finanzkollaps, der sich zügig in einen Wirtschaftskollaps weiterentwickelt.

Selbst weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank oder das Auslaufen der Anleihekäufe der EZB durchkreuzen diese Einschätzung nicht. Denn hinter dieser vordergründig vertrauensbildenden Maßnahme versteckt sich im Kern nur eine Geldpolitik, die Zinsen und Anleiherenditen tunlichst unter der Inflationsrate hält. Nach offizieller Preissteigerung negative Realzinsen - von der tatsächlich deutlich höheren Inflation ganz zu schweigen - sind genauso wenig restriktive Zinspolitik wie Wackelpudding Stahlbeton ist.

Bei welchen sonstigen Anlage-Produkten bzw. Asset-Klassen sollten Anleger mit Blick auf 2018 zugreifen?

Private Aktiensparpläne sind auch 2018 ganz vorne mit dabei. Sie sollten am besten auf Aktienindices - um das Einzelwertrisiko zu mildern - und regelmäßig - um das Risiko großer Einmalanlagen zu umgehen - genutzt werden. Das senkt ebenso die Durchschnittskosten. Im Einkauf liegt der Gewinn! Denn bei regelmäßigem Ansparen erhält man als Anleger bei fallenden Kursen und konstanter Anlagesumme mehr Aktienanteile, die sich bei wieder steigenden Kursen wie bei einer Flut umso positiver im persönlichen Portfolio bemerkbar machen.

Auch können die Anleger auf Teilschutzprodukte wie Discount- und Bonuszertifikate sowie Aktienanleihen setzen, um grundsätzlich höheren Schwankungen bei Aktien im nächsten Jahr zu begegnen.

Der künftige US-Notenbank-Chef Jerome Powell hat bei einer Anhörung vor dem Banken-Ausschuss des Senats Ende November bereits durchblicken lassen, dass er den bisherigen Fed-Kurs fortsetzen und die Zinszügel 2018 weiter anziehen will. Wie könnte sich eine solche geldpolitische Normalisierung in den USA auf die Börsen auswirken?

Es bleibt bei einer taubenhaften Geldpolitik. Es wird ja bereits bei der Fed diskutiert, ein Überschießen der Inflation über zwei Prozent für einen längeren Zeitraum zuzulassen bzw. das grundsätzliche Inflationsziel auf z.B. drei Prozent anzuheben. Man ist über die bisher mangelnden "Inflationserfolge" regelrecht enttäuscht. Bei der Fed wird ohnehin befürchtet, zu frühzeitig restriktiv einzugreifen und damit einen Rückfall in die Deflation zu begünstigen.

Die US-Geldpolitik wird auch 2018 keinen kalten Entzug betreiben, sondern bestenfalls ein Methadon-Programm. Die akuten Abhängigkeiten der Finanzmärkte von Liquidität werden zwar gemildert, aber von der Sucht nicht befreit. De facto wird die Fed die US-Konjunktur mit ihrer überschaubaren Bilanzverkleinerung und einer eher verbalerotischen Leitzinserhöhungsstrategie schonen. Überhaupt sei daran erinnert, dass sich die Fed in puncto Zinserhöhungsplanungen selten konsequent gezeigt hat. Der weitere Zinserhöhungspfad wird "flach" verlaufen.

Selbst weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank oder das Auslaufen der Anleihekäufe der EZB durchkreuzen diese Einschätzung nicht. Denn hinter dieser vordergründig vertrauensbildenden Maßnahme versteckt sich im Kern aber nur eine Geldpolitik, die Zinsen und Anleiherenditen tunlichst unter der Inflationsrate hält. Nach offizieller Preissteigerung negative Realzinsen - von der tatsächlich deutlich höheren Inflation ganz zu schweigen - sind genauso wenig restriktive Zinspolitik wie Wackelpudding Stahlbeton ist.

Die Fed wird maximal zwei Zinserhöhungen zu je 0,25 Prozentpunkten vornehmen, ohne dabei die Aktienmärkte zu gefährden.

Wird die EZB 2018 dem Beispiel der US-Notenbank folgen und die Wende in ihrer ultra-lockeren Geldpolitik einleiten und die Zinsen anheben und welche Folgen hätte ein solcher Schritt für Dax und Co.?

Die EZB bleibt auch 2018 ein Zinsmanipulator. Einen festen Endzeitpunkt ihres Anleiheaufkaufprogramms gibt es nicht und ohnehin werden die Erlöse der EZB aus fälligen Anleihen weiterhin vollständig reinvestiert. Selbst bei Einstellung ihrer Nettoaufkäufe wird der Bestand an von ihr gehaltenen Staatsanleihen nicht sinken

Entsprechend weit entfernt ist also auch die geistig-moralische Wende in der EZB-Zinspolitik. Die EZB verhindert jeglichen Zinsschock, indem sie die Leitzinsen auch nach einem Ende der Anleihekäufe noch für längere Zeit bei null belässt. Mit Blick auf die prekäre Schuldensituation von Euro-Ländern und die latente Inflationsschwäche wird die EZB auch zukünftig keine Bundesbank-ähnliche Stabilitätspolitik verfolgen können, um die Konjunkturerholung in der Eurozone nicht zu gefährden. Hinter vorgehaltener Hand will die EZB mit ihrer grundsätzlichen Beibehaltung einer freizügigen Geldpolitik auch der Aufwertung des Euros gegenüber Export-Konkurrenzwährungen Paroli bieten. Bedenken, dass der DAX geldpolitisch ausgebremst wird, brauchen Anleger nicht zu haben.

Wo erwarten Sie den Euro im Verhältnis zum US-Dollar Ende 2018?

Fundamental wird die Gemeinschaftswährung gestützt: Die Euro-Konjunktur zeigt sich stabilisiert, das Deflationsgespenst in der Eurozone ist verschwunden und von Euro-Finanz- oder Schuldenkrise spricht man eigentlich gar nicht mehr. Gleichzeitig kommen aus Amerika US-Dollar schwächende Signale. Denn mit dem neuen Fed-Präsidenten Jerome Powell muss niemand Angst vor scharfen Zinserhöhungen in Amerika und damit einem starken Dollar haben.

Ohnehin will EZB-Chef Draghi die Gemeinschaftswährung nicht zum Verlierer des weltweiten Währungsabwertungskriegs machen und damit eine Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exportwirtschaft riskieren. Insofern ist das Aufwertungspotenzial des Euros zum US-Dollar auf 1,20 eng begrenzt.