Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins erwartungsgemäß nicht angetastet. Der Schlüsselzins für die Geld-Versorgung des Bankensystems bleibt auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. In der anschließenden Pressekonferenz kündigte EZB-Chef Mario Draghi für Anfang kommenden Jahres eine Entscheidung über neue geldpolitische Maßnahmen im Kampf gegen die drohende Deflation an. Dann solle bewertet werden, wie die bisher eingesetzten Instrumente gewirkt hätten, so der Italiener am Donnerstag in Frankfurt. Volkswirte sagten dazu in ersten Reaktionen:

MARCEL FRATZSCHER, PRÄSIDENT DES DEUTSCHEN INSTITUTS FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

"Die deutlichen Korrekturen der EZB-Prognose nach unten unterstreichen die große Sorge der EZB über eine mögliche Rezession und vor allem ein steigendes Risiko der Deflation in der Euro-Zone. Mit der heutigen Pressekonferenz ist die Wahrscheinlichkeit von zusätzlichen Maßnahmen Anfang 2015 deutlich gestiegen. Sie ist eine klare Ankündigung, dass der Ankauf von Staatsanleihen immer wahrscheinlicher wird."

STEFAN SCHILBE, HSBC TRINKAUS

"Einige Investoren hatten auf konkretere Aussagen zu Staatsanleihenkäufen gehofft. Da EZB-Chef Draghi diese aber nicht geäußert hat, kehrte schnell Ernüchterung ein. Das Thema bleibt aber auf der Agenda und ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Wir rechnen im März 2015 mit einem Kaufprogramm für Staatsanleihen."

JAN HOLTHUSEN, DZ BANK

"In den kommenden Monaten dürfte sich zeigen, dass die expansiven Impulse aus den ABS- und Covered-Bond-Käufen sowie aus den TLTROs nicht ausreichen werden, um die Bilanzsumme der EZB um bis zu eine Billion auszuweiten. Da das aber das Ziel der EZB zu sein scheint, ist es keine Frage mehr, ob die EZB weitere Maßnahmen beschließen wird, sondern nur noch, wann das sein wird und um welche es sich handeln wird. Durch die Äußerungen Draghis auf der heutigen Pressekonferenz fühlen wir uns in unserer Ansicht bestärkt, dass die EZB im kommenden Jahr ein breit angelegtes Ankaufprogramm von Staatsanleihen beschließen wird."

RALF UMLAUF, HELABA

"Die EZB bleibt in einer abwartenden Haltung und den Marktreaktionen zufolge zeigen sich manche Marktteilnehmer enttäuscht. Dessen ungeachtet sorgt EZB-Präsident Draghi dafür, dass die QE-Spekulationen am Leben erhalten werden. So wurde in der Eingangserklärung auf die schwachen Inflationsperspektiven und die wirtschaftlichen Risiken verwiesen."

JOHN SMITH, BROWN SHIPLEY

"Viele haben gehofft, dass EZB-Chef Mario Draghi den Start von Staatsanleihenkäufen für Anfang nächsten Jahres ankündigen würde - aber das hat er nicht getan. Insgesamt haben Anleger auf klarere Worte bezüglich der Staatanleihenkäufe gehofft, aber er hat nichts gesagt, was wirklich neu ist."

Reuters