Das 1993 gegründete Unternehmen Brain mit Sitz im südhessischen Zwingenberg ist in Deutschland das einzige börsennotierte Unternehmen aus dem Bereich der industriellen Biotechnologie. Aus pflanzlichen Materialien entwickelt die Firma natürliche Süßstoffe ohne Zucker. Oder Substanzen, die den Salzgehalt in Lebensmitteln reduzieren sollen. Die Produkte der Brain AG sind im Alltag vielseitig anwendbar. Zum Beispiel als Enzyme, die den Reifungsprozess von Käse beschleunigen. Dabei setzen sie natürliche Aromen und Geschmacksstoffe frei - und zwar ganz ohne synthetische Elemente. Abnehmer sind etwa Molkereien, Käsehersteller oder Nahrungsmittelfirmen.
Zum Produktsortiment zählen zudem Enzyme für die Produktion von Bioethanol oder die Behandlung offener Wunden. Mikroben sollen das Treibhausgas Kohlendioxid in eine Vorstufe von Bioplastik umwandeln - hierzu filtern Mikroorganismen winzige Goldteilchen aus Elektroschrott. Brain sieht sich als Vorreiter beim Übergang zur industriellen Produktion auf der Grundlage von biologischen Prozessen. Investoren konnte die Gesellschaft noch nicht von ihrem Erfolgskonzept überzeugen. Nach einem vielversprechenden Börsenstart sackte die Aktie 2018 deutlich ab. Ein Grund war, dass sich etliche Anschlusskooperationen mit Industriepartnern verzögerten.
Das Management reagierte und stellte das Unternehmen neu auf. Rund zwei Drittel der Einnahmen stammen aus Produkterlösen. Tochterfirmen übernehmen dabei die Herstellung von großvolumigen Produktionsmengen, etwa bei speziellen Enzymen. Im zweiten Geschäftsfeld BioScience identifiziert Brain aus den hauseigenen Molekül-Bibliotheken spezielle biologische Substanzen und lizenziert diese an Auftraggeber aus. Im Gegenzug kassiert Brain Umsatzbeteiligungen.
Erste Erfolge
Diese Geschäftsstrategie beginnt sich auszuzahlen. In den ersten neun Monaten des am 30. September beendeten Geschäftsjahres 2018/19 legte der Umsatz um 54 Prozent auf 27 Millionen Euro zu. Zugleich verringerte sich der bereinigte operative Verlust auf Ebitda-Basis von 4,1 auf 2,1 Millionen Euro.
Auch für das Gesamtjahr, so Vorstandschef Jürgen Eck gegenüber BÖRSE ONLINE, sieht sich Brain in der Spur, was Wachstum und Verbesserungen beim operativen Ergebnis angeht.
Seit Bekanntgabe der Neunmonatszahlen hat der Aktienkurs wieder Fahrt aufgenommen. Vor allem bei Nachhaltigkeitsfonds stößt das Vorstandsteam bei seinen Roadshows auf wachsendes Interesse. "Wir heben dabei hervor, dass Brain nicht im Schatten der Chemiebranche agiert, weil die von uns entwickelten biologischen Verfahren komplexere Moleküle und Naturstoffe nachhaltig herstellen können. Chemiekonzerne bleiben bei kürzeren Verbindungen, wie sie für Methanol oder Methan notwendig sind", erklärt Vorstandschef Eck. Günstig bewertet ist die Aktie allemal. Der Titel notiert deutlich unter Buchwert.