Bären werden zu Bullen: Mike Wilson, Chefstratege für US-Aktien bei Morgan Stanley und langjähriger Marktskeptiker, hält den Bärenmarkt für endgültig beendet.
Es sind Töne, die aufhorchen lassen: Für Mike Wilson, Chefstratege für US-Aktien bei Morgan Stanley, ist die Börsenwelt seit April 2025 eine andere. Drei Jahre lang habe die US-Wirtschaft eine „rollende Rezession“ durchlaufen – Sektoren schwächelten nacheinander, ohne dass es zu einem klassischen, alles umfassenden Abschwung kam. Diese Phase sei nun beendet. Der finale Auslöser: die scharfe Korrektur im April, als Donald Trumps „Liberation Day“-Zölle für einen fast 20-prozentigen Absturz des S&P 500 sorgten. Aus dieser Kapitulation habe sich ein neuer Bullenmarkt formiert.
Seither hat der Index eine beeindruckende V-förmige Erholung hingelegt – rund 30 Prozent über das April-Tief hinaus und auf neue Rekordstände. Für Wilson ist dies nicht nur eine technische Gegenbewegung, sondern der Beginn eines mehrjährigen Aufwärtstrends. Gegenüber Bloomberg verweist auf starke Gewinntrends, eine positive Marktbreite und zunehmende Kapitalmarktaktivität als Bestätigung seiner Diagnose. Die entscheidende Botschaft: Wer jetzt investiert, positioniert sich früh in einem neuen Zyklus.
Volatilität als Kaufsignal
Wilson warnt jedoch vor der Illusion, dass der Markt in einer geraden Linie nach oben läuft. Korrekturen gehören aus seiner Sicht zu einem gesunden Bullenmarkt. Rücksetzer von 8–10 Prozent sind für ihn kein Alarmzeichen, sondern Gelegenheiten, um Positionen auszubauen. Besonders im dritten Quartal rechnet er mit einer Phase der Konsolidierung – ähnlich wie 2020, als die Märkte nach einer ersten Rallye in eine mehrwöchige Seitwärtsbewegung übergingen, bevor es erneut aufwärtsging.
Gleichzeitig mahnt Wilson zur selektiven Vorgehensweise. Zwar gebe es Übertreibungen – er nennt millionenschwere Boni in der KI-Branche oder Bewertungen wie bei Palantir mit dem 100-Fachen des Umsatzes –, doch dies sei typisch für die Frühphase eines Bullenmarkts. Anleger sollten dennoch nicht in blinden Aktionismus verfallen, sondern auf Sektoren mit positiven Gewinnrevisionen setzen, wie Industrie, Finanzwerte und gezielte Tech-Titel.
S&P 500 könnte bis Mitte 2026 auf 7.200 Punkten steigen
Für das Fortbestehen des Bullenmarkts sieht Wilson zwei Grundvoraussetzungen: ein positives Wachstumstempo und eine nicht bremsende Politik. Aus Sicht der Unternehmensgewinne sei die erste Bedingung erfüllt, und fiskal- wie geldpolitisch gebe es aktuell keinen Gegenwind. Mit 10-jährigen US-Renditen bei 4,23 Prozent sei das Niveau für Aktien tragfähig – entscheidend sei, dass die kritische Marke von 4,5 Prozent nicht nachhaltig überschritten werde.
Hinzu kommt die Erwartung, dass der nächste Schritt der Federal Reserve ein Zinsschnitt sein wird – auch wenn dies nicht kurzfristig zu erwarten ist. Kombiniert mit strukturellen Treibern wie der beschleunigten KI-Adoption, einem schwächeren Dollar und Trumps Steuerpolitik sieht Wilson das Fundament für weiter steigende Kurse gelegt. Sein optimistisches Szenario: ein S&P 500 bei 7.200 Punkten bis Mitte 2026 – und auf dem Weg dorthin zahlreiche Kaufgelegenheiten für Anleger mit Geduld und Disziplin.