BTIG-Stratege Jonathan Krinsky erwartet in den nächsten Monaten einen Rücksetzer im S&P, der sich als Kaufchance entpuppen könnte. Halbleiter wackeln, Credit Spreads könnten sich weiten.

Die Rallye an den US-Börsen ist beeindruckend – doch sie könnte eine kleine Verschnaufpause brauchen. Jonathan Krinsky, Chief Market Technician bei BTIG, rechnet mit einem moderaten Rücksetzer beim S&P 500. Seiner Einschätzung zufolge dürfte der Index bald auf rund 6100 Punkte zurückfallen, was langfristig eine attraktive Einstiegschance darstellen würde.

Wenn ein Markt einen Widerstand überwindet, testet er dieses Niveau in der Regel nochmal als Unterstützung“, erklärt Krinsky im CNBC-Interview. Der S&P 500 hatte im Februar erstmals die Marke von 6100 Punkten durchbrochen – bevor ein Rückschlag im April folgte. Nun, so Krinsky, sei der nächste Test dieses Levels technisch plausibel und saisonal wahrscheinlich. Die prognostizierte Korrektur von etwa fünf Prozent sei nicht dramatisch, sondern eher gesund. „6100 wäre ein erster Punkt für Käufe“, so Krinsky.

Risse unter der Oberfläche

Was könnte den Rücksetzer auslösen? Krinsky verweist auf Schwächezeichen in zyklischen Sektoren – etwa bei Transportunternehmen, Konsumtiteln und Restaurantketten. Auch im Tech-Sektor seien erste Brüche erkennbar: „Halbleiter-Aktien sehen inzwischen verwundbar aus“, warnt der Charttechniker. 

Während Giganten wie Nvidia und Broadcom noch gut laufen, schwächeln zunehmend kleinere oder spezialisierte Hersteller. Zudem spreche die Saisonalität für eine Rotation: „Im August schlägt Software typischerweise Halbleiter“, so Krinsky mit Blick auf die letzten fünf Jahre.

Credit Spreads und ISM: Frühwarnzeichen?

Besonders aufmerksam verfolgt Krinsky die Entwicklung der Credit Spreads – also der Risikoaufschläge auf Unternehmensanleihen. Hier sieht er eine gefährliche Kombination: Der ISM-Index für Beschäftigung im Dienstleistungssektor war zuletzt so schwach wie seit März nicht mehr. Gleichzeitig seien die Spreads extrem eng. „Wenn sich beides ändert – also Beschäftigung weiter schwach bleibt und die Spreads sich ausweiten – könnte das ein Warnsignal sein“, so Krinsky.

Zwar seien die heutigen Bedingungen nicht mit den Vorboten der Finanzkrise 2007 vergleichbar – aber das Risiko einer taktischen Überdehnung sei da. Auch die zuletzt starken Quartalszahlen der Tech-Giganten Meta und Microsoft hätten kaum noch Kursfantasie ausgelöst. „Wir sehen bislang wenig Kaufdruck nach den Zahlen“, sagt Krinsky. Möglicherweise sei die Euphorie in Teilen des Marktes bereits eingepreist.

Krinskys blickt entsprechend in den kommenden Wochen vorsichtig auf die Märkte. Ein Rücksetzer sei dennoch nicht das Ende der Rallye, sondern eine Gelegenheit, neu zu positionieren. Vor allem Anleger mit mittelfristigem Horizont könnten das Niveau um 6100 Punkten im S&P 500 als Einstiegsfenster betrachten, so das Fazit des Charttechnikers. Entscheidend sei, wie der Markt auf das mögliche Testniveau reagiere – und ob die Tech-Schwergewichte erneut die Führung übernehmen können.

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Infront S&P 500 (WKN: A0AET0)

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