Furioser Start an der Nasdaq für Chime: Das US-Fintech legte gestern beim Börsengang einen Traumstart hin.

Das Umfeld für Neuemissionen an der Wall Street bleibt freundlich. Eine Woche nach dem IPO von Circle und knapp einen Monat nach dem Börsengang von eToro feierte nun ein weiteres Fintech ein fulminantes Debüt an der Technologiebörse Nasdaq.

Gestern ging Chime, Anbieter einer US-Neobank, an die Börse. Der Ausgabepreis lag bei 27 Dollar – über der ursprünglich anvisierten Preisspanne von 24 bis 26 Dollar. Insgesamt sammelte das 2012 gegründete Unternehmen 700 Millionen Dollar ein und erreichte damit auf Anhieb eine Bewertung von 11,6 Milliarden Dollar. 

Im Handelsverlauf schoss der Kurs zeitweise auf 45 Dollar und markierte ein Plus von bis zu 66 Prozent. Am Ende des ersten Handelstags schloss die Aktie bei 37 Dollar – ein Kursgewinn von 37 Prozent. Damit liegt die Marktkapitalisierung nun bei rund 13,5 Milliarden Dollar.

Neobank für Millennials und Gen Z

Chime wurde von Chris Britt und Ryan King gegründet und hat sich mit gebührenfreien Konten sowie innovativen Produkten wie SpotMe (kostenfreie Überziehung bis 200 US-Dollar) und MyPay (Lohnvorschüsse bis 500 US-Dollar) als führende Neobank für Millennials und Gen Z etabliert. Mit 8,6 Millionen aktiven Nutzern und einem Transaktionsvolumen von 121 Milliarden Dollar im Jahr 2024 erreicht Chime bereits eine beachtliche Marktdurchdringung.

Das Wachstum bleibt dynamisch: 2024 stieg der Umsatz um 30 Prozent auf 1,67 Milliarden Dollar (2023: 1,28 Milliarden). Im ersten Quartal 2025 legte der Umsatz um 32 Prozent auf 518,7 Millionen Dollar zu. Gleichzeitig erzielte Chime einen Nettogewinn von 13 Millionen Dollar.

Der Börsengang wurde von Morgan Stanley, Goldman Sachs und J.P. Morgan begleitet – und stieß auf starkes Investoreninteresse. Die Nachfrage überstieg das Angebot deutlich. Nach einer langen IPO-Durststrecke seit 2022, ausgelöst durch Zinserhöhungen und makroökonomische Unsicherheiten, signalisiert das Debüt von Chime – gemeinsam mit Circle und eToro – eine Wiederbelebung des IPO-Markts im Techsektor.

Schwachstellen im Geschäftsmodell

Trotz des erfolgreichen Starts bleiben Herausforderungen. Chime investiert massiv in Kundenakquise – allein 2024 flossen 520 Millionen Dollar in Marketing und Vertrieb. Doch nur rund die Hälfte der Neukunden bleibt länger als ein Jahr aktiv, was auf eine hohe Abwanderungsrate hindeutet. Verluste aus Transaktionen und Risiken stiegen im ersten Quartal 2025 auf 21 Prozent des Umsatzes – nach 9 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Auch Betrugsfälle bleiben ein Risiko: Zwar sanken die Betrugsverluste seit 2022 um 29 Prozent, doch allein im April 2025 wurden 84 Beschwerden über unautorisierte Transaktionen registriert. Die aktuelle Bewertung von 11,6 Milliarden Dollar liegt zudem deutlich unter dem Höchstwert von 25 Milliarden Dollar aus dem Jahr 2021 – damals getragen von Fintech-Euphorie und Nullzinsen. Investoren wie Sequoia oder SoftBank sehen teils empfindliche Abschläge. Angesichts des intensiven Wettbewerbs mit traditionellen Banken und Neobanken wie Dave erscheint die Bewertung ambitioniert.

Signal für den Fintech-Sektor

Der Börsengang von Chime ist ein wichtiges Signal für die Fintech-Branche. Die starke Nachfrage zeigt: Investoren fassen wieder Vertrauen in digitale Finanzunternehmen. Marktbeobachter wie Samuel Kerr von Mergermarket erwarten, dass bei stabiler Kursentwicklung weitere Fintechs wie Klarna oder Gemini den Schritt aufs Parkett wagen könnten. Der US-IPO-Markt 2025 verzeichnet bislang Emissionen im Volumen von 25,36 Milliarden Dollar – mit gut gefüllter Pipeline für das vierte Quartal.

Doch Risiken bleiben: Geopolitische Spannungen – etwa durch Trumps jüngste „Liberation Day“-Zolldrohungen – verzögerten bereits den IPO-Start von Chime und könnten die Kurse erneut belasten. Anleger müssen daher genau abwägen, ob Chime seine Nutzerbasis profitabel ausbauen, Betrugsrisiken eindämmen – und die hohe Bewertung langfristig rechtfertigen kann.

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