Viele Berufstätige versäumen es, ihr Ruhestandseinkommen strategisch zu planen.  Christian Dagg, Geschäftsührer der Brilliant Vermögensverwaltung in Düsseldorf, über typische Fehler

Von Stefan Rulllkötter


€URO AM SONNTAG: Ruhestandsplanung wird als Thema für die Vorsorge-Branche immer wichtiger. Was sind die Gründe?
CHRISTIAN DAGG: Einfache Zinsprodukte wie Rentenversicherungen, die Vermögen in lebenslange Zahlungsströme transformieren, funktionieren nicht mehr hinreichend. Gleichzeitig ist es der Aufbau eines Altersvorsorgevermögens für viele Menschen zwingend nötig, um ein auskömmliches Ruhestandseinkommen zu erreichen.

Was bedeutet das konkret?
Einerseits ist das Investment für das Ruhestandsvermögen heute anders zu strukturieren und aufzustellen, damit es funktioniert. Und andererseits muss der Anleger lernen, wie er aus seinem Ruhestandsvermögen Einkommen beziehen kann und das Vermögen auch während der Entnahme optimal investiert bleibt.

Wächst hier auch die Nachfrage der Kunden für gute Beratung?
Wir stellen einen großen Bedarf für eine unabhängige Ruhestandsberatung und -planung fest. Die Kunden suchen Hilfe und eine langfristige Begleitung, um ihre finanziellen Ziele zu erreichen - und das unabhängig von einzelnen Produkten.

Warum tun sich viele Berater und Finanzdienstleister mit dieser Zielgruppe schwer?
Das ist ein "Henne-Ei Problem": Diese Kundenzielgruppe schätzt nach unserer Erfahrung erst nach einer umfassenden Beratung den eigenen Handlungsbedarf realistisch ein. Oder auch, wenn wir als Honorarberater eine unabhängige zweite Meinung zu einer Anlagestrategie abgeben, öffnet dies vielen Kunden die Augen.

Welche Rollen spielen Erbschaften für die Ruhestandsplanung?
Hinzu kommt in vielen Fällen ein geerbtes Vermögen, das vernünftig in die Ruhestandsplanung integriert werden sollte. Da seit einiger Zeit die fortschreitende wirtschaftliche Verbesserung von einer Generation zur nächsten leider nicht mehr selbstverständlich ist, spielt die Überlegung, den eigenen Nachkommen einen Grundstein für ihre finanzielle Sicherheit selbst zu hinterlassen, bei der Ruhestandsplanung ebenfalls eine wichtige Rolle.

Welche typischen Fehler können Berufstätige mit hohem Erwerbseinkommen bei der Vorsorgeplanung derzeit machen?
Es gibt sechs typische Fehler, die wirregelmäßig in unserem Beratungsalltag ausmachen:
1. Zu spät anzufangen.
2. Zu wenig das Klumpenrisiko der Abhängigkeit vom Arbeitgeberoder . der eigenen Selbständigkeit durch parallelen Vermögensaufbau zu diversifizieren.
3. Zu viele verschiedene und teils ineffiziente Produkte als "Geldanlage" zu kaufen (ohne ganzheitlichen Ruhestandsplan und ohne konkrete Vorstellung, wie daraus eine effiziente Entnahmestrategie werden soll).
4. Zu sehr auf eine Anlageklasse zu setzen (meist Immobilien oder Cash).
5. Die Auswirkung der Inflation auf das benötigte Ruhestandsvermögen zu unterschätzen.
6. Keine effiziente Entnahmestrategie zu besitzen.

Zur Person: Christian Dagg ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Brilliant Vermögensverwaltung für den Mittelstand. Der gelernte Physiker und Buchautor ("Game Over…ohne Masterplan für die Rente") war vor der Gründung von Brilliant im Jahr 2005 als Unternehmensberater für große Banken und Versicherungen tätig. Sein Unternehmen mit Sitz in Düsseldorf verwaltet aktuell mehr als 200 Millionen Euro für Kunden. Brilliant wurde 2014 als erste Vermögensverwaltung in Nordrhein-Westfalen und als einer der ersten bundesweit in das Register der unabhängigen Honorar-Anlageberater der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aufgenommen. Der Vermögensverwalter ist auf die Betreuung von Unternehmern, Selbstständigen und Mitgliedern der Kammerberufe, wie Anwälte und Steuerberater, spezialisiert.