DAS IST LOS BEI DER COMMERZBANK:
Am Dienstag hatten die Fusionsgerüchte durch einen "Spiegel"-Bericht neue Nahrung erhalten. So könne sich nicht nur Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mittlerweile einen Zusammenschluss der beiden Großbanken vorstellen, auch die Führungszirkel der beiden Finanzinstitute um Deutsche-Bank-Boss Christian Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke seien dafür offen. "Zielke würde lieber heute als morgen", zitiert das Magazin eine mit den Gesprächen vertraute Person. Sewing dagegen soll intern gesagt haben, in den nächsten 18 Monaten sei eine Fusion kein Thema, da die größte deutsche Bank viele eigene Hausaufgaben, wie die Postbank-Integration, zu erledigen habe.
Beide Banken wollten die Informationen nicht kommentieren. Um die Commerzbank ranken sich immer wieder Übernahmespekulationen, zumal sie mit einem Börsenwert von nur noch etwas mehr als zehn Milliarden Euro wie ein Schnäppchen wirkt. Viele Beobachter halten eine Übernahme derzeit aber wegen des nach wie vor laufenden Umbaus der Bank und der weiter niedrigen Marge für unwahrscheinlich. Zielke muss daher wohl weiter darauf setzen, dass seine Ideen für die Zukunft der Bank greifen.
So sollen mittelfristig die Erträge steigen. Doch der Kampf um die Kunden ist erst einmal teuer und die nach wie vor niedrigen Zinsen knabbern an den Einnahmen der Bank, da sie auf die Marge im Kerngeschäft einer Bank - das Anlegen und Verleihen von Geld - drücken. Zudem erschweren immer mehr Auflagen der Regierungen und Aufsichtsbehörden das Geschäft.
Zielke musste außerdem in der vergangenen Woche eine sich lange abzeichnende Niederlage an der Börse einstecken. So steigt das Dax-Gründungsmitglied (DAX 30) nach 30 Jahren aus dem deutschen Leitindex ab - die Commerzbank ist nach den massiven Kursverlusten schlichtweg zu wenig wert, um im Konzert der wichtigsten deutschen Börsenkonzerne mitspielen zu dürfen. Schlechter kann es kaum laufen für eine Bank, auch wenn Vorstandschef Martin Zielke beschwichtigt, für die Bedeutung der Bank ändere sich überhaupt nichts. Mit dem Abstieg in den MDAX droht die Abkehr von wichtigen Investoren. Insbesondere die Gelder von Index-Fonds, die nur in den Dax investieren, fallen dann weg.
Die Commerzbank verliert den Platz ausgerechnet an den Online-Bezahldienstleister Wirecard. Damit wird überdeutlich: Wer die Digitalisierung verpasst, fliegt raus. Und genau daran hat die Commerzbank noch heftig zu knabbern. Zielke will den Banken-Dino unter dem Slogan "Commerzbank 4.0" einfach, digital und effizient umgestalten, jedoch machen technische Probleme im Online-Banking immer wieder negative Schlagzeilen und verursachen Unmut bei Kunden. Außerdem will Zielke das sich seit der Finanzkrise im Umbaumodus befindende Institut verschlanken. Dazu soll die Belegschaft bis 2020 um rund 7000 Stellen schrumpfen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Von 20 im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten rät die Mehrheit (14) zum Halten der Aktie. Jeweils drei raten zum Kauf oder Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 10,15 Euro.
Besonders pessimistisch äußerte sich das Analysehaus Kepler Cheuvreux, das sein Kursziel bei 8,50 Euro belässt und zum Verkauf rät. Die Ertragsentwicklung der Bank stehe wegen des Niedrigzinsumfeldes und des intensiven Wettbewerbs unter Druck, schrieb Analyst Tobias Lukesch in einer Studie Anfang August. Er rechnet damit, dass die Konsensschätzungen für den Gewinn je Aktie der Jahre 2019 und 2020 merklich zurückgehen werden.
Optimistischer ist die Baader Bank, die zum Kauf rät und ihr Kursziel um einen Euro auf 12,50 senkte. Die Commerzbank setze ihren Umbau in einem schwierigen Umfeld fort, schrieb Analyst Tomasz Grzelak.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Seit August 2016 legte der Kurs aus einem Tief von rund 5 Euro heraus eine Aufholjagd hin, wobei sich der Wert des Papiers bis zum Jahresanfang 2018 mehr als verdoppelte. Von Januar bis Juli diesen Jahres büßte die Aktie jedoch wieder rund 40 Prozent auf etwas mehr als 8 Euro ein. Neben Gewinneinbrüchen aufgrund des Konzernumbaus und Stellenstreichungen wirken sich die niedrigen Zinsen negativ aus. Hinzu kommen Probleme in Schwellenländern und vor allem jüngst der Verfall der türkischen Lira mit hohen Kursverlusten türkischer Staatsanleihen.
Wieder aufkommende Spekulationen um eine Fusion mit der Deutschen Bank haben den Aktienkurs zweimal diese Woche angetrieben. Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag Bankenfusionen in Europa gefordert, um gegenüber den US-Geldhäusern wettbewerbsfähig zu werden. Die Papiere legte daraufhin um mehr als zwei Prozent zu. Am Dienstag ging es nach dem "Spiegel"-Bericht dann rund zwei weitere Prozent nach oben.
Insgesamt gehört die Aktie seit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers zu den größten Verlierern der Bankbranche - das Papier verlor seitdem mehr als 90 Prozent an Wert und damit so viel wie kaum eine andere Aktie des Sektors./elm/zb/fba