"Cool Japan" bringt dem Markt neue Dynamik
· Börse Online RedaktionOb nun Cosplay, J-Pop oder Comics im Manga-Stil - was für viele Jugendliche hierzulande längst Kultstatus hat und nicht zuletzt seit dem weltweiten Erfolg von Pokémon GO als cooler Exportschlager gilt, wird nun auch für Investoren interessant. Denn der Konsum gehört zu den wichtigsten Wachstumstreibern der japanischen Wirtschaft.
Zwar bietet der japanische Markt für Anleger keine Mega-Cap-Technologiewerte, wie die am US-Markt beheimateten FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix und Google). Dafür kann er aber mit einer ganzen Reihe hochwertiger Wachstums-unternehmen aus Hightechsegmenten wie Robotik, Sensorik, Materialwirtschaft oder Halbleiter aufwarten. Hinzu kommt eine wachsende Zahl von Unternehmen, deren Produkte bei der erstarkenden asiatischen Mittelschicht als trendige Lifestyle-Marken zunehmend Gefallen finden. Ursache dafür ist ein regelrechter Touristenboom. Premierminister Shinzo Abe hatte 2012 die Visabestimmungen für Touristen aus Asien liberalisiert. Die Touristenzahlen aus den Nachbarstaaten, allen voran aus Südkorea und China, haben sich von 2012 bis 2017 von sechs Millionen auf knapp 29 Millionen vervielfacht. So gehört mittlerweile für viele junge Koreaner auf Japan-Besuch ein Zwischenstopp in der Don-Quijote-Niederlassung der japanischen Warenhauskette im Tokioter Shoppingviertel Shibuya zum Pflichtprogramm. Bei Chinesen finden hingegen Produkte aus den Bereichen Kosmetik, Bekleidung und Kinderpflege reißenden Absatz. Die hohe Nachfrage nach Marken, die mit "Cool Japan" verknüpft sind, hat viele japanische Unternehmen dazu veranlasst, ihre Erzeugnisse nun direkt auf dem asiatischen Festland zu verkaufen.
Die beliebteste Bekleidungsmarke auf der chinesischen Handelsplattform Taobao am Single Day, ein Tag für Alleinstehende, im vergangenen November war die japanische Marke Uniqlo. Auch die beliebteste Babyflaschenmarke in China, Pigeon, kommt aus Japan. Daneben ist die japanische Windelmarke Unicharm bei der chinesischen Mittelschicht äußerst populär, ebenso wie die japanische Klaviermarke Yamaha. Kosmetika von Kosé oder Pola Orbis, die lange Zeit nur in Japan bekannt waren, sind nun auf dem gesamten asiatischen Kontinent stark gefragt. Japan ist der zweitgrößte Markt für Kosmetika auf der Welt. Nur, lange waren die hochwertigen Beautyprodukte eben nur bei Japanern bekannt. Dank der Öffnung Japans hat sich das geändert.
Der japanische Anlagemarkt hat in den vergangenen sechs Jahren einen positiven Wandel vollzogen. Noch 2012 wurde er nach rund 20 Jahren Baisse von den internationalen Kapitalanlegern weitestgehend ignoriert, auch wenn es dort eine Vielzahl weltmarktführender Unternehmen gab. Die Gründe für das Desinteresse waren extrem niedrige Kapitalrenditen, ein häufig ineffizientes Unternehmensmanagement, schlechte Kapitalallokation, sehr hohe Unternehmenssteuern sowie die Deflation. Durch die Reformbestrebungen der Regierung hat sich das Blatt zum Positiven gewendet. Das gilt nicht nur für die Liberalisierungen im Tourismus. Japan hat in den letzten Jahren bei den Eigenkapitalrenditen die klaffende Lücke zum Rest der Welt schließen können, und auch das Gewinnwachstum fiel mit jährlich 20 Prozent weitaus dynamischer aus als im Rest der Welt.
Aus Aktionärssicht hat sich Japan also zum Wachstumsmarkt gewandelt. Die Unternehmenssteuerreform hilft, Fortschritte bei der Corporate Governance verbessern die Kapitalallokation, und die Unternehmen teilen die Früchte ihrer Arbeit mit den Minderheitsaktionären. Die Änderungen haben sich für viele japanische Unternehmen bezahlt gemacht. Zudem kehren institutionelle Anleger wie Pensionsfonds auf der Suche nach höheren Renditen verstärkt an den Heimatmarkt zurück. Denn die Unternehmen hinter "Cool Japan" bieten interessantere Anlagemöglichkeiten als die Banken, Automobilhersteller oder Industriekonzerne, die für das alte "Japan Inc." stehen.
Chantana Ward und Richard Kaye: Asienspezialistin Ward ist seit 1998 bei Comgest und Portfoliomanagerin im Japanese Equity-Team. Kaye ist Fondsmanager des Comgest Growth Japan, wo er seit 2009 arbeitet. Seine Karriere startete er 1994 bei der Industrial Bank of Japan. Die im Jahr 1985 in Paris gegründete Comgest ist eine unabhängige internationale Fondsverwaltungsgesellschaft mit aktuell rund 28,3 Milliarden Euro verwaltetem Kapital.