Die Probleme um die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) entspannen sich am Donnerstag ein wenig. Das systemrelevante Geldhaus nimmt den zuvor von der Schweizerischen Nationalbank angebotenen Milliarden-Kredit in Anspruch. Die CS-Aktie erholt sich deutlich von ihrem Absturz, auch Commerzbank und Deutsche Bank gewinnen hinzu. Aber ist das nachhaltig?
Am Mittwoch-Abend haben die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde Finma der mit einer tiefen Vertrauenskrise kämpfenden Credit Suisse Unterstützung zugesagt. Man werde der zweitgrößten Schweizer Bank bei Bedarf Liquidität zur Verfügung stellen. Und: Von den Problemen von Banken in den USA gehe keine direkte Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt aus, erklärten Behörden.
Das beruhigte die Finanzmärkte bereits ein wenig. Doch gegen Mitternacht hatte die Bank of England (BoE) einem Zeitungsbericht zufolge angesichts der sich verschärfenden Krise bei der CS eine Krisensitzung einberufen. Die BoE habe Gespräche mit internationalen Partnern geführt, um die wachsende Besorgnis über der Schweizer Großbank zu zerstreuen, berichtet die Zeitung The Telegraph.
50-Milliarden-Kredit und Rückkauf von Schuldverschreibungen
Schon wenige Stunden später nimmt die CS dann tatsächlich das Angebot der SNB in Anspruch. Noch in der Nacht teilte die Credit Suisse per Adhoc-Mitteilung mit, man werde ihre Option auf Kreditaufnahme bei der Notenbank ausüben und sich bis zu 50 Milliarden Schweizer Franken (CHF) leihen. Das erfolge "im Rahmen einer Covered Loan Facility sowie einer kurzfristigen Liquiditätsfazilität". (Hier können Sie die Meldung im englischen Original-Text lesen.)
Die Großbank kündigte zudem an, bestimmte vorrangige, auf Dollar und Euro lautende OpCo-Schuldverschreibungen in Höhe von bis zu rund 3 Milliarden Franken zurückzukaufen.
Abwärtsspirale drohte
Die eilige Rettungsring-Aktion zeigt, wie ernst die Lage der Schweizer Großbank wohl ist. Die Probleme sorgten für eine Abwärtsspirale, die auch andere Finanzinstitute belastete. Mit der Inanspruchnahme des Milliarden-Kredits ist die CS die erste global systemrelevante Bank seit der Finanzkrise, die ein maßgeschneidertes Rettungspaket erhält.
CS-Chef Ulrich Körner sagte: "Mein Team und ich sind entschlossen, schnell voranzukommen, um eine einfachere und fokussiertere Bank zu schaffen, die auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten ist."
Bank-Aktien erholt
Die Stützungsaktion hat am Donnerstag wieder etwas Vertrauen in die Credit Suisse zurückgebracht. Nach dem Kurskollaps der vergangenen Tage wurden die CS-Aktien am Donnerstag im vorbörslichen Handel zeitweilig um 40 Prozent höher taxiert. In der ersten Handelsstunde kostete eine Aktie der Großbank mit 2,10 Franken gut 23 Prozent mehr als gestern. Das Plus schmilzt jedoch wieder.
Am Mittwoch war der Kurs zweitweise auf ein Rekordtief von 1,55 Franken abgestürzt und hatte um 24 Prozent schwächer mit 1,70 Franken geschlossen.
Analysten äußerten sich nach der Rettungsaktion erleichtert. "Dies ist ein starkes und wichtiges Signal", erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. "Wir hoffen, dass die Maßnahmen die Märkte beruhigen und die Negativspirale durchbrechen werden."
Doch nicht alle Experten sind überzeugt, dass die Credit Suisse die Krise damit hinter sich lassen kann. "Es bleibt fraglich, welche Auswirkungen die Mitteilung der SNB auf die Dynamik der Abflüsse von Kundengeldern bei der CS hat", erklärte Christian Schmidiger von der Zürcher Kantonalbank. Kian Abouhossein, Analyst bei JP Morgan, hält eine Übernahme für ein mögliches Szenario. Als Kandidat für einen Kauf stehe dabei die UBS im Vordergrund.
Commerzbank und Deutsche Bank vor EZB-Entscheidung erholt
Deutschlands Bank-Aktien zeigen sich am Vormittag ebenfalls erleichtert. Während die Commerzbank gut vier Prozent zulegt, gewinnt das Papier von Deutsche Bank knapp drei Prozent.
Indes: Kurz vor dem Hexensabbat im März und den nächsten Sitzungen der EZB heute und der Fed am 22. März bleiben die Märkte noch in einem volatilen Modus. Denn die EZB könnte heute verkünden, ähnlich wie bereits die Fed ein Kreditprogramm zur Liquiditätsüberbrückung für Kreditinstitute aufzulegen. Wenige Stunden vor der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) bleiben die Anleger nervös.
BÖRSE ONLINE rät Anlegern mit Finanzwerten im Depot, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht überhastete Käufe oder Verkäufe zu tätigen. Bis zu einer Bereinigung der auch durch die Implosion der Silicon Valley Bank aufgewühlten Lage dürften die Kurse wild hin und her springen. Wer nicht in Bank-Aktien engagiert ist, bleibt am besten vorerst an der Seitenlinie.
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(Mit Material von Reuters)