Auch beim Premium- und Luxusautohersteller Daimler bleibt der Chipmangel eine der größten Herausforderungen im laufenden Jahr. "Wir managen das bestmöglich und konzentrieren uns weiter auf Fahrzeuge mit hoher Rendite", sagte Vorstandchef Ola Källenius bei der Vorlage der detaillierten Quartals- und Halbjahresergebnisse. Dass das Zahlenwerk gut wird, wurde bereits durch eine Ad-hoc-Mitteilung bekannt, die notwendig wurde, weil Gewinn wie auch freier Cashflow deutlich über den Markterwartungen lagen.
Der schwäbische Automobilkonzern hat ausgehend von der schwachen Basis des ersten, von Corona stark geprägten Halbjahres 2020 einen beeindruckenden Schwenk geschafft: Vor Steuern schrieben die Stuttgarter von Januar bis Juni knapp elf Milliarden Euro Gewinn (Ebit) und zogen damit in etwa mit Volkswagen gleich. Im Vorjahr stand hier noch ein Verlust von einer Milliarde zu Buche. Im zweiten Quartal beschleunigte sich das Umsatzwachstum auf 44 Prozent, getrieben von einem Plus bei den Pkw-Verkäufen von rund 30 Prozent und einer Verdoppelung des Absatzes bei Daimler Trucks. Der operative Quartalsgewinn von 5,4 Milliarden Euro übertraf sogar den des Jahres 2019 um 120 Prozent.
Was dem Management um Chef Källenius und Finanzvorstand Harald Wilhelm angesichts der gewaltigen Herausforderungen in der Branche unter den Nägeln brennt, ist die finanzielle Leistungsfähigkeit. Gemessen am freien Cashflow flossen Daimler im Industriegeschäft in den ersten sechs Monaten knapp 4,4 Milliarden Euro in die Kassen, im Vorjahr waren noch 1,6 Milliarden Euro versickert.
Modellpalette mit Drehmoment
Der Autokonzern steht auch wegen anhaltender Sparmaßnahmen so prall im Saft wie seit vielen Jahren nicht - trotz Corona und Chipmangel. Daimler bewältigt die Halbleiterkrise dank der gerade besonders starken Modellpalette hervorragend. Im Herbst wurde die neue S-Klasse vorgestellt, der größte Renditebringer. Dann folgte die Vorstellung der neuen Elektro- Luxuslimousine EQS. Auch die großen SUVs wie GLS und GLE sind noch recht frisch. Die Nachfrage nach den hochpreisigen Modellen ist somit stark, das trieb die operative Rendite des Pkw-Geschäfts im Quartal auf 13,7 Prozent. Mercedes- Benz fährt damit nahe der Sportwagenikone Porsche, die es auf über 15 Prozent bringt.
Die Schwaben werden ihr Tempo allerdings schwer steigern können. Die Prognose für die operative Rendite wurde nicht erhöht, sie steht für 2021 immer noch bei zehn bis zwölf Prozent. Der Grund: Die Vorhersage für den Absatz ist konservativer geworden, statt steigender Verkäufe 2021 wird jetzt ein Wert auf Vorjahresniveau prognostiziert. Das belastete die Aktie. Ursächlich ist der Chipmangel, der sich wohl im dritten Quartal weiter verschärft und laut Källenius auch unvorhersehbar bleibt. Das Thema dürfte demnach die Branche auch 2022 noch beschäftigen.
Der Malus sollte Anleger nicht vergraulen. Källenius will weiter eisern an der Effizienz arbeiten. "Wir wollen unser schwäbisches Gen des Sparens keinesfalls aufgeben", verspricht der Schwede.
Unterschätzt: Die Ertragskraft tritt
allmählich ans Tageslicht, auch
wenn das zweite Halbjahr schwieriger werden dürfte. Attraktiv.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 95,00 Euro
Stoppkurs: 55,00 Euro