Damit besteht der Konzern künftig aus zwei unabhängigen Unternehmen - Trucks & Buses sowie Pkw & Vans. Die Sparte für Finanz- und Mobilitätsdienste wird auf die beiden börsennotierten Firmen aufgeteilt. "Dies ist ein historischer Moment für Daimler und der Anfang für eine tiefgreifende Umgestaltung des Unternehmens", erklärte Daimler-Chef Ola Källenius. Unabhängig voneinander könnten beide Firmen schneller handeln, mehr investieren und Wachstum vorantreiben. "Das alles macht sie deutlich stärker und wettbewerbsfähiger." So könnten die Daimler-Töchter den Wandel zu Elektromobilität und autonomen Fahren besser bewältigen.

Über die Aufspaltung muss eine außerordentliche Hauptversammlung entscheiden, die im Sommer stattfinden soll. Der Börsengang von Daimler Truck soll noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. Das Unternehmen solle ein Kandidat für den deutschen Leitindex Dax werden, der in diesem Jahr auf 40 Mitglieder erweitert werden soll. Die Daimler AG soll später in Mercedes-Benz umbenannt und damit an den Namen der Kernmarke angepasst werden. Daimler hatte sich Ende 2019 in eine Holding mit drei eigenständigen Tochterfirmen aufgespalten. Ziel des kostspieligen Umbaus war mehr Flexibilität, um Investoren zu gewinnen, die sich nur in einem Geschäftsfeld, aber nicht im ganzen Konzern engagieren wollen.

Einige Analysten fordern schon lange einen Börsengang der Lkw-Sparte, die bei Schwerlastern Weltmarktführer ist. Jedoch wurde bisher damit gerechnet, dass nur ein Minderheitsanteil an die Börse kommt. Die Daimler-Aktie schoss um mehr als neun Prozent auf 64,92 Euro nach oben.

Daimler Truck setzte 2019 allein 40,2 Milliarden Euro um, mit Marken von Mercedes-Benz über Freightliner bis Fuso. Dazu kamen 4,7 Milliarden Euro mit Bussen. Das operative Ergebnis beider Töchter lag zusammen bei rund 2,8 Milliarden Euro.

STÄRKER VOM AUF UND AB DER KONJUNKTUR ABHÄNGIG


Daimler folgt mit der Aufspaltung dem Modell, nach dem Siemens sich von seiner Energietechnik-Sparte Siemens Energy getrennt hatte. Der Münchner Technologiekonzern gab die Mehrheit der Siemens-Energy-Aktien an die eigenen Aktionäre ab und behielt selbst nur 35,1 Prozent der Anteile. Beide Aktien hatten sich nach dem Börsengang von Siemens Energy positiv entwickelt. Der Turbinenhersteller gilt inzwischen als Kandidat für den Dax. Volkswagen hatte seine Lkw- und Bus-Tochter Traton dagegen 2019 auf normalem Weg an die Börse gebracht. Der Wolfsburger Autobauer sammelte dabei gut 1,5 Milliarden Euro ein, behielt aber eine deutliche Mehrheit an Traton und muss die Holding für MAN und Scania damit immer noch voll in der Bilanz konsolidieren.

Mit einem Umsatz von 24 Milliarden Euro (Januar bis September 2020) ist die Lkw-Tochter weniger als halb so groß wie das Mercedes Pkw-Geschäft, die im gleichen Zeitraum 68 Milliarden Euro erlöste. Das Nutzfahrzeuggeschäft ist stärker vom Auf und Ab der Konjunktur abhängig. So verdiente Daimler Trucks im Gesamtjahr 2020 wegen des Corona-Schocks nur zwei Prozent vom Umsatz, während das Pkw-Geschäft von der starken Erholung in China und dem Marktstart der Neuauflage der Luxuslimousine S-Klasse profitierte und fast sieben Prozent einfuhr. Die Nutzfahrzeugtochter hat mehr als 100.000 Beschäftigte, rund ein Drittel aller Mitarbeiter.

AUS EINS UND EINS WIRD MEHR ALS ZWEI


Nach Einschätzung von Arndt Ellinghorst, Auto-Experte von Bernstein Research, hat eine Abspaltung für Daimler Trucks zwei Vorteile: Ein Wertgewinn am Aktienmarkt - die mit Volvo vergleichbare Daimler Truck AG hätte einen Börsenwert von rund 35 Milliarden Euro, während der gesamte Konzern derzeit knapp 40 Milliarden Euro wert wäre. Zum anderen käme das Truck-Management stärker unter Druck, für mehr Rendite zu sorgen. Denn die Schwächen des Lastwagenherstellers - nach Ellinghorsts Ansicht vor allem die teure Produktion des europäischen Hauptmodells Actros am deutschen Standort Wörth - träten mit der Transparenzpflicht an der Börse stärker zu Tage.

Daimler-Chef Ola Källenius und Finanzchef Harald Wilhelm könnten den Aktienkurs des Unternehmens steigern, zumal davon auch die Manager-Boni abhängig seien, erklärte Daniel Schwarz von Stifel Research. Der Börsengang käme zum richtigen Zeitpunkt (in diesem Jahr) und am Markt sicher gut an.

Truck wolle "Mehrwert für seine Aktionäre" schaffen und zum profitabelsten Nutzfahrzeughersteller werden, versprach Daimler. Bisher verdienten die Schwaben deutlich weniger als die schwedische Volkswagen-Tochter Scania, die meist mehr als zehn Prozent Rendite erzielte. Truck-Chef Martin Daum stellte weitere Partnerschaften zur Technologieentwicklung in Aussicht.

Betriebsratschef Michael Brecht erklärte, die Arbeitnehmerseite wolle den Wandel aktiv mitgestalten und sich für die Interessen der Beschäftigten einsetzen. "Die Transformation unserer Industrie schreitet schnell voran. Damit wir Schritt halten können, müssen wir mutiger und mit schnelleren Entscheidungen Investitionen in Innovationen tätigen", erklärte Brecht. Dafür sei ein zusätzlicher Innovationsfonds von 1,5 Milliarden Euro geplant.

rtr