Nach einem ereignisreichen Tag schloss der deutsche Leitindex knapp unter der Marke von 12.700 Punkten. Nachdem am späten Vormittag bekanntgegeben wurde, dass sich die EU und Großbritannien auf einen Brexit-Vertrag geeinigt haben, konnte der DAX kurzfristig sogar die 12.800 Linie überschreiten - ein 14-Monats-Hoch. Die Euphorie unter den Anlegern war aber nur von kurzer Dauer. Der Kurs pendelte sich schon bald wieder auf Normalniveau ein. Bevor der Vertrag rechtskräftig wird, müssen noch das britische Unterhaus und das Europäische Parlament zustimmen. Vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel signalisierten zahlreiche Regierungschefs wie Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, sie würden die Vereinbarung unterstützen. Unklar blieb aber, ob der konservative britische Premierminister Boris Johnson im britischen Unterhaus eine Mehrheit für die Vereinbarung bekommt. Er selbst hat im Parlament mit seinen Torys keine eigene Mehrheit. Die Abstimmung in London ist für Samstag vorgesehen.
Das Pfund Sterling ging ebenfalls auf Achterbahnfahrt und kostete zuletzt 1,2872 Dollar. Sollte der Brexit-Deal ratifiziert werden, werde das Pfund auf mindestens 1,35 Dollar steigen, prognostizierte Nigel Green, Gründer und Chef des Anlageberaters deVere.
Bei den deutschen Standardwerten gehörte Lufthansa mit einem Kursplus von 2,8 Prozent zu den Favoriten. Börsianern zufolge waren Anleger erleichtert, dass die Tochter Swiss Air den Flugbetrieb mit ihren Airbus A220 Kurzstreckenjets wieder aufgenommen hat. Unabhängig davon denkt die Lufthansa einem Insider zufolge darüber nach, beim kriselnden Konkurrenten Alitalia einzusteigen. Denkbar sei eine kommerzielle Partnerschaft, die mit einer Beteiligung unterlegt werde, erklärte eine mit dem Vorgang vertraute Person am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Eine zweite Quelle ergänzte, dass die Lufthansa verlange, dass Alitalia mehrheitlich privaten Eignern gehören müsse.
Als DAX-Spitzenreiter gingen BMW, Lufthansa und Vonovia aus dem Handel. Die Schlusslichter bildeten Siemens und Wirecard.
Was am Donnerstag an der Börse außerdem wichtig war
Nestle will Milliarden ausschütten - Wassergeschäft wird umgebaut
Der Umbau des Lebensmittelkonzerns Nestle soll auch den Aktionären zugute kommen. Von 2020 bis 2022 sollen bis zu 20 Milliarden Schweizer Franken (knapp 18,2 Mrd Euro) an die Anteilseigner ausgeschüttet werden, und zwar hauptsächlich über Aktienrückkäufe. Auch Sonderdividenden werde es möglicherweise geben, wie Nestle am Donnerstag zur Vorlage seiner Neunmonatszahlen mitteilte. Die Aktie rutschte dennoch um zuletzt mehr als ein Prozent ab. Allerdings hatte der Kurs seit Jahresbeginn auch gut ein Drittel zugelegt. Zudem sei das neue Aktienrückkaufprogramm in weiten Teilen erwartet worden, erklärte Analyst Richard Taylor von der Bank Morgan Stanley.
IBM enttäuscht Anleger - Gewinneinbruch und Umsatzrückgang
Der Computer-Dino IBM hat angesichts des anhaltend schwachen IT-Kerngeschäfts erneut Geschäftseinbußen verkraften müssen. Im dritten Quartal sank der Umsatz im Jahresvergleich um vier Prozent auf 18,0 Milliarden Dollar (16,3 Mrd Euro), wie das Unternehmen am Mittwoch nach US-Börsenschluss in Armonk mitteilte. Der Nettogewinn aus dem fortgeführten Geschäft brach um 38 Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar ein.
Autozulieferer Norma muss Prognose erneut kappen
Der Zulieferer Norma Group gerät immer stärker in den Sog schwacher Geschäfte in der Autoindustrie. Erneut muss das Unternehmen seine Prognosen für das laufende Jahr zusammenstreichen. Nun wird mit einem klaren Umsatzrückgang gerechnet, wie der SDax-Konzern am Donnerstag in Maintal mitteilte. Der Erlös wird dieses Jahr ohne Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe um 2 bis 4 Prozent sinken. Vorher hatte der Spezialist für Verbindungssysteme noch einen Umsatz auf Vorjahresniveau in Aussicht gestellt.
Norma kommt im dritten Quartal weiter unter Druck - Organischer Umsatzrückgang
Der Autozulieferer und Verbindungsspezialist Norma Group hat im dritten Quartal unter schlechten Geschäften mit der Autoindustrie gelitten. Der Umsatz legte zwar im Jahresvergleich um 2,2 Prozent auf 274 Millionen Euro zu, wie das SDax-Unternehmen am Donnerstag in Maintal aus Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Allerdings war das vor allem Wechselkurseffekten zu verdanken, ohne diese sowie Zu- und Verkäufe wäre der Erlös um 0,1 Prozent geschrumpft. Das Unternehmen senkte daraufhin auch erneut seine Jahresprognose. Besonders gelitten habe der Konzern unter dem Einbruch des Geschäfts in den USA, wo unter anderem Streiks wichtiger Kunden aus der Pkw- und Lkw-Bereich belasteten. Vom Umsatz blieb vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen nur 14,1 Prozent als Gewinn übrig. Die Ebita-Marge hatte vor einem Jahr noch 16 Prozent betragen.
Ericsson mit Verlust - Schraubt Ziele wegen 5G-Aussichten hoch
Die erwartete Beilegung eines US-Korruptionsverfahrens hat den Netzwerkausrüster Ericsson tief in die roten Zahlen gerissen. Im dritten Quartal schrieben die Schweden einen Verlust von 6,9 Milliarden Schwedischen Kronen (637 Mio Euro), wie das Unternehmen am Donnerstag in Stockholm mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte der Nokia-Rivale noch 2,7 Milliarden Kronen Gewinn gemacht. Die Aktie legte aber in Stockholm dennoch deutlich um 6 Prozent zu, weil Ericsson im Tagesgeschäft immer besser in Fahrt kommt.
Morgan Stanley steigert überraschend Gewinn - Aktie legt zu
Bessere Geschäfte im Investmentbanking und ein höherer Zinsüberschuss haben der US-Großbank Morgan Stanley im dritten Quartal überraschend viel Gewinn beschert. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Überschuss von knapp 2,1 Milliarden US-Dollar (1,9 Mrd Euro) und damit zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Geldhaus am Donnerstag in New York mitteilte. Analysten hatten hingegen mit einem Rückgang gerechnet.
'Stranger Things' hilft Netflix in die Spur - Anleger erleichtert
Der Streaming-Riese Netflix hat im dritten Quartal dank Hitserien wie "Stranger Things" wieder etliche neue Kunden hinzugewonnen. Unterm Strich stieg die Anzahl der Bezahlabos in den drei Monaten bis Ende September weltweit um 6,8 Millionen, wie der Online-Videodienst am Mittwoch nach US-Börsenschluss mitteilte. Damit blieb Netflix zwar unter seiner eigenen Prognose von sieben Millionen neuen Nutzern, übertraf aber die Markterwartungen.
Immobilienverwalter Corestate Capital wehrt sich gegen Leerverkäufer
Der Immobilienverwalter Corestate Capital wehrt sich gegen den US-Leerverkäufer Muddy Waters. Auf die Nachricht hin, dass der Hedgefonds das Luxemburger Unternehmen attackiere, war der Aktienkurs von Corestate am Mittwoch um fast 20 Prozent abgestürzt. Am Donnerstagmorgen reagierte Corestate-Chef Lars Schnidrig auf den Angriff und bestätigte die Jahresziele. Der operative Geschäftsverlauf sei durchweg positiv und die Wachstumsaussichten über alle Geschäftsfelder und Produkte hinweg attraktiv. Daraufhin erholte sich der Kurs um fast 4 Prozent.
Wachstum des Online-Tierbedarfshändlers Zooplus sinkt - Aktie im Minus
Der Online-Tierbedarfshändler Zooplus kann das hohe Wachstumstempo der Vergangenheit nicht halten. Zwar profitierte das Unternehmen im dritten Quartal erneut von seinen treuen Kunden und starken Eigenmarken etwa bei Tierfutter und Streu, das Umsatzplus reichte aber nicht an die rund 20 Prozent des Vorjahres heran. So stieg der Umsatz im dritten Jahresviertel um rund 14 Prozent auf 378 Millionen Euro, wie das SDax-Unternehmen am Donnerstag in München bei der Vorlage vorläufiger Zahlen mitteilte.
Französischer Schnapshersteller Pernod Ricard wächst schwächer als erwartet
Der französische Spirituosenkonzern Pernod Ricard ist schwächer als erwartet in das neue Geschäftsjahr gestartet. So stieg der Umsatz aus eigener Kraft per 30. September um lediglich 1,3 Prozent auf 2,48 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag in Paris mitteilte. Dabei sind Währungsschwankungen sowie Zu- und Verkäufe herausgerechnet. Analysten hatten mit einem wesentlich stärkeren Wachstum von 3,1 Prozent gerechnet. Nominal betrug das Plus vor allem dank positiver Wechselkurseffekte 4 Prozent.
rtr/dpa-AFX/iw