In Krisenszenarien stehen die deutschen, typischerweise konjunktur- und exportsensitiven Aktienunternehmen immer in Hab Acht-Stellung. Denn geht es der weltweiten Wirtschaft schlecht, geht es auch ihnen nicht gut. Erinnern wir uns: Der Einbruch der Weltkonjunktur nach dem Platzen der Immobilienblase hat vor allem unserer Volkswirtschaft und unserem Aktienmarkt zugesetzt.
Inwieweit kann nun die geopolitische Krim-Krise zu einer weiteren ökonomischen Krise der Weltwirtschaft mit Kollateralschäden für deutsche Aktien führen? Tatsächlich befinden sich die deutschen Frühindikatoren wie ZEW oder ifo aktuell nicht mehr auf Wolke sieben.
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Zurück in die weltwirtschaftliche Steinzeit?
Russland zahlt jetzt schon einen hohen Preis für die Krim-Krise. Die Wirtschaftspsychologie schlägt gnadenlos zu: Denn westliche Investoren, denen bei eskalierenden Sanktionen die Enteignung ihrer Vermögenspositionen in Russland droht, werden schon aus Vorsicht zunächst keine Neuinvestitionen mehr in Putins Reich planen. Zusätzlich holen sie umfänglich Kapital in die sicheren westlichen Häfen zurück, um nicht zuletzt das Rubel-Währungsrisiko auszuschließen. Bei Fortsetzung werden die russischen Banken bald aus dem letzten Loch pfeifen. Und ohne Moos nix los: Ohne Kapital bleiben zum Schluss selbst attraktivste russische Investitionsmöglichkeiten so brach liegen wie ein Acker im sibirischen Winter.
Und was hieße das für uns? Kalter Krieg-ähnliches Sanktions-Ping Pong träfe auf eine Euro-Wirtschaft, die sich nur durch einen beherzten Griff in die Schuldenkiste und einen besonders großen Schluck aus der geldpolitischen Pulle ganz vorsichtig aus der Rezession entfernen konnte. Daneben macht die starke Gemeinschaftswährung - Konsequenz des Euro-Rettungsversprechens der EZB - unserem Export zu schaffen. Ohnehin scheint die geopolitische Krise auch bei unseren bisherigen Konjunktur-Wohlfühloasen, den Schwellenländern, anlegerpsychologisch Tribut in Form von Nummer Sicher-Kapitalabzug zu fordern.
Auf Seite 3: Das diplomatische Eisen muss geschmiedet werden, solange es heiß ist
Das diplomatische Eisen muss geschmiedet werden, solange es heiß ist
Vor diesem Hintergrund weiß jeder in Ost und West, dass bei der Krim-Krise außer einem "moralischen" Trostpreis kein wirtschaftlicher Blumentopf zu gewinnen ist. Das spricht dramatisch für eine diplomatische Lösung der Krim-Krise, bei der der Westen die russische Annexion der Krim - wenn auch nicht offiziell, aber hinter vorgehaltener Hand - akzeptiert, dann aber dem russischen Bären auch sehr klar macht, dass ihm bei weiteren territorialen Gelüsten die weltwirtschaftliche Isolationshaft droht.
Schnellstmöglich sollte der Westen seine Hollywood-reife, mit Verlaub teilweise dümmliche Putin-Empörungs-Show abrüsten, auch wenn sich Uncle Sam im Augenblick in der lange nicht mehr gespielten Rolle des Freundes und Beschützers seiner europäischen Schäfchen sehr gefällt. Na ja, er hat ja wirtschaftlich auch weniger zu verlieren. Und in der Ukraine sollte sich eine gewisse Politikerin, die ihren eigenen radikal anti-russischen Mikrokosmos zum Leitbild des ukrainischen Polit-Makrokosmos machen will, überlegen, besser andere berufliche Perspektiven zu verfolgen. Krawallschläger auf beiden Seiten sollten auf unbestimmte Zeit in bezahlten Luxusurlaub geschickt werden. Dieses Geld ist gut angelegt, hält es doch das Zeitfenster für weise und besonnene Lösungen offen. Solange man miteinander sprechen kann - das weiß z.B. jedes Mitglied einer Erbengemeinschaft - wird man immer einen Ausweg finden.
Auf Seite 4: Fundamental sind Weltkonjunktur und Aktienmärkte besser als ihr Ruf
Fundamental sind Weltkonjunktur und Aktienmärkte besser als ihr Ruf
Immerhin arbeitet die Pekinger Führung hart daran, das chinesische Wirtschaftswachstum über mehr nachhaltigen Binnenkonsum und durch Vorziehen von Konjunkturmaßnahmen - auch mit Schulden - zu stabilisieren. Gegenüber den USA und Europa ist China in punkto Staatsverschuldung noch ein regelrechtes Waisenkind.
Überhaupt, mir kann doch keiner weiß machen, dass sich die großen Notenbanken als Duckmäuser in die Büsche schlagen, wenn die Weltkonjunktur deflationäre Tendenzen zeigen sollte. Die geldpolitische Koalition der Willigen wird im Bedarfsfall hüben wie drüben in Wallung geraten.
Ich bin optimistisch, dass die Aktien-Sache im zweiten Halbjahr besser aussieht und der DAX das Jahr oberhalb von 10.000 Punkten beendet. Dann sollte die Krim-Krise abgeebbt sein und die Schwellenländer wieder mehr finanzwirtschaftliche Wertschätzung erfahren. Überhaupt, schon heute haben wir eine stabile Binnennachfrage, weil die Bundesbürger ohne Kredite, nämlich zulasten ihrer Ersparnisse konsumieren. So entstehen keine amerikanischen Konsumblasen.
Und wenn die Mehrheit der DAX-Unternehmen ihre Dividenden im Vergleich zu 2013 erhöhen, ist das kein Krisenindiz. Oder würden sie als Unternehmenslenker in schlechten Zeiten ihr Geld verprassen? Apropos Dividenden, sie sind grundsätzlich eine wunderbare Ersatzbefriedigung zu entgangenen Zinsen.
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Bleiben Sie Aktien treu, vor allem über Sparpläne
Das alles ist Balsam für die deutsche Konjunktur-Seele und - über wieder aufgehellte Gewinnschätzungen - auch für den deutschen Aktienmarkt.
Aber vorübergehend kann die nächste Zeit geopolitisch und weltwirtschaftlich durchaus turbulent bleiben und sich am Aktienmarkt in hohen Kursschwankungen zeigen.
DAX und MDAX kommen als export- und industriesensitive Aktienmärkte hohe konjunkturseismographische Qualitäten zugute. Da sie aktuell trotz allem Steherqualitäten beweisen, ist mir um deutsche Aktien nicht bange.
Erleben Sie Robert Halver am Samstag, den 29.03.2014 live auf dem Börsentag München.