Damit übertraf der Stuttgarter Premiumhersteller Schätzungen von Analysten deutlich, die lediglich 4,1 Milliarden Euro erwartet hatten, nachdem im Vorjahreszeitraum wegen der Corona-Krise ein Verlust von knapp 1,7 Milliarden Euro angefallen war. Das nach dem schwachen Vorjahr bereits starke Auftaktquartal 2021 mitgerechnet, liegt Daimler zur Jahresmitte damit auf Augenhöhe mit dem gemessen am Absatz sehr viel größeren VW-Konzern. Die Wolfsburger hatten für das erste Halbjahr einen Betriebsgewinn von rund elf Milliarden Euro präsentiert und so für Optimismus in der Branche gesorgt.
"Wir erzielen in allen Divisionen weiterhin eine starke finanzielle Performance, trotz der anhaltend geringen Verfügbarkeit von Halbleitern, die sich im zweiten Quartal belastend auf unsere Produktion und unseren Absatz ausgewirkt hat", bilanzierte Daimler-Chef Ola Källenius. Analysten rieben sich die Augen: "Es ist verblüffend, wie gut die Autobauer durch die Krise kommen und die Transformation bewältigen", sagte Autoexperte Frank Schwope von der NordLB. Auch sein Kollege Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler zeigte sich überrascht, wie gut die Unternehmen mit dem "Gebräu" an Problemen aus fehlenden Halbleitern, gestiegenen Rohstoffkosten und den in vielen Ländern weiter bestehenden Einschränkungen bei der Pandemie-Bekämpfung zurechtkämen. Sowohl Daimler als auch Volkswagen machten die Belastungen wett, indem sie höhere Preise für ihre Autos durchsetzten und wegen des knappen Fahrzeuganbots kaum Rabatte gewähren mussten. Die Engpässe bei den Halbleitern spielten ihnen sogar in die Hände, weil sie die knappen Bauteile vor allem bei teuren Modellen mit höheren Margen einsetzten.
An der Börse verloren die Aktien von Daimler und VW gleichwohl etwas an Wert. Händler begründeten dies mit Gewinnmitnahmen, nachdem die Papiere der Autobauer in den Tagen zuvor deutlich zugelegt hatten.
AUTOS VOR MONATEN NOCH TOTGESAGT
"Es erstaunt, dass nach Jahren des Klagens über hohe Transformationskosten plötzlich fast Traum-Renditen erzielt werden", schrieb Schwope in einem Kommentar. War die deutsche Autoindustrie mit Blick auf den US-Elektroautopionier Tesla und dem technologischen Umbruch vor Monaten noch fast totgesagt worden, überwiege inzwischen eher Euphorie bei den Marktteilnehmern. "Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte zwischen Disruption und Euphorie." Schwope rechnet damit, dass die 2020er Jahre wegen der hohen Investitionen zur Senkung des CO2-Ausstoßes ihrer Flotten nicht nur für Daimler ein "Jahrzehnt des Sparens" werden, zumal Tesla über schlankere Strukturen verfüge und damit flexibler sei.
Pieper hob hervor, dass der lange als ertragsschwach geltende Daimler-Konzern inzwischen auch an der Börse überzeuge. Der Autoanalyst führt dies auch auf Konzernchef Källenius zurück, der den Stuttgarter Autobauer seit zwei Jahren führt. Der Schwede achte sehr viel mehr als seine Vorgänger auf die Ertragskraft und sei offen für Neuerungen. "Daimler ist wieder ein effizientes Unternehmen geworden", sagte Pieper. "Der Mercedes-Stern strahlt wieder hell."
Besonders das Pkw-Geschäft von Daimler glänzte: Die Sparte Mercedes-Benz Cars & Vans übertraf mit einem Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von gut 3,4 Milliarden Euro im zweiten Quartal die Analystenschätzungen von knapp drei Milliarden. Die bereinigte Umsatzrendite war mit 12,8 Prozent bereits das dritte Quartal in Folge zweistellig. Für das Gesamtjahr hatte Daimler hier ein Ziel von zehn bis zwölf Prozent ausgegeben. Seit 2007 hat Mercedes-Benz Cars - damals ohne das Van-Geschäft - auch in guten Zeiten selten zweistellige Renditen eingefahren.
Auch im Geschäft mit Lkw und Bussen schnitten die Stuttgarter im Zeitraum April bis Juni besser ab als erwartet. Die Finanzierungstochter Daimler Mobility, über die die Kredit- und Leasingverträge laufen, profitierte von den gestiegenen Gebrauchtwagenpreisen und übertraf die Erwartungen der Analysten ebenfalls.
Trotz der sprudelnden Gewinne bleibt Daimler auf der Kostenbremse. Das Management zieht seit einiger Zeit schon die Kostenschrauben stark an und baut Personal ab. Damit wollen die Schwaben für Anleger attraktiv bleiben und den teuren Umschwung zu Elektroautos stemmen.
rtr