"Wir schrauben ganz klar unsere Ambitionen zurück", sagte Finanzchef James von Moltke dem Sender CNBC am Donnerstag in Frankfurt. Sewing machte klar: "Die Ergebnisse im ersten Quartal zeigen die Notwendigkeit sofort zu handeln."

Kosten wird die von Investoren schon länger geforderte Operation am offenen Herzen der Investmentbank eine ganze Menge: In diesem Jahr steigen die Ausgaben für den Umbau um 300 Millionen Euro auf rund 800 Millionen. Das Institut will 2018 dennoch profitabel bleiben. Einen Gutteil der Kosten verursachen Abfindungen für Mitarbeiter, die nicht mehr gebraucht werden. Wieviele genau gehen müssen, wollte Sewing nicht sagen, betonte aber, es werde eine "signifikante" Zahl sein.

Ein Bankinsider sagte Reuters, in den USA seien bereits am Mittwoch 300 Investmentbanker entlassen worden, weitere hundert sollen bis Freitag folgen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete vorab aus ihrer Freitagausgabe, in den USA wolle sich die Bank insgesamt von über 1000 Mitarbeitern trennen und vor allem ihr Investmentbanking in Amerika deutlich zurückfahren. Die Bank sollte sich dazu nicht äußern. Derzeit arbeiten weltweit rund 98.000 Menschen für das größte deutsche Geldhaus.

Unter anderem soll der Anleihenhandel in den USA deutlich abgespeckt werden - völlig zurückziehen von der Wall Street will sich Sewing aber nicht. Der Vorstand prüft aber auf globaler Ebene, wie stark das Haus noch im Aktienhandel mitmischen will. Im Zahlungsverkehr und im Devisenhandel will Sewing weiter ganz vorne mitspielen. Das Beratungs- und Finanzierungsgeschäft in Europa will er stärken, wo die Bank ohnehin schon zu den Marktführern gehört. In den Vereinigten Staaten und Asien wird das Geschäft in jenen Bereichen reduziert, die kaum grenzüberschreitend tätig sind.

"Unsere Wurzeln liegen in Europa - hier wollen wir Unternehmen und institutionellen Kunden weltweite Finanzierungslösungen anbieten. Darauf werden wir uns künftig noch viel stärker konzentrieren", sagte Sewing, den der Aufsichtsrat der Bank in einer Krisensitzung am 8. April zum Nachfolger von John Cryan ernannt hatte. Dem seit Mitte 2015 amtierenden Briten hatten viele vorgeworfen, er treffe zu zögerlich die nötigen Entscheidungen, um das Institut wieder auf Kurs zu bringen.

TURBOSTART ODER SCHNELLSCHUSS?

Sein Nachfolger legt nun nach nicht einmal drei Wochen im Amt einen Turbostart hin. Investoren unterstützen den Kurs des 48-Jährigen. "Es ist gut, dass Sewing Gas gibt. Allerdings muss sich das dann natürlich auch im Ergebnis niederschlagen", hieß es im Umfeld eines der größten Anteilseigner der Bank. Von einem anderem Investor kamen deutlich skeptischere Töne: "Bislang sieht das noch nach einem Schnellschuss aus." Auch stelle sich die Frage, ob die nun angekündigten Maßnahmen, die teilweise noch sehr vage seien, auch genügten. An der Börse reichte es für die Aktie nach drei Verlustjahren in Folge und wegen des schwachen Jahresauftakts zu einem kleinen Plus.

Sewing sagte am Donnerstag eigentlich genau dass, was Aktionäre normalerweise hören möchten. So will der neue Chef auch bei den Kosten die Axt anlegen: Der Vorstand habe sich nach drei Abgängen - Ex-Vorstandschef Cryan, IT-Chefin Kim Hammonds und der bisherige Co-Leiter der Investmentbank Marcus Schenck - schon erheblich verkleinert. "Doppelspitzen in den Geschäftsbereichen werden abgeschafft. Auf allen Ebenen sollen schlankere Führungsstrukturen zu geringeren Kosten und schnelleren Entscheidungen führen."

Während die Investmentbanker bluten müssen, sieht Sewing die Zukunft der Bank im klassischen Privat- und Firmenkundengeschäft und in der Vermögensverwaltung. Neben dem Heimatmarkt Deutschland wolle er sich auf wachsende Märkte wie Italien und Spanien konzentrieren sowie auf das Geschäft mit vermögenden Kunden, das in Deutschland und international ausgebaut werden soll. "In der Privat- und Firmenkundenbank und bei der DWS setzen wir auf Wachstum", sagte Sewing.

SPÄTER STRATEGIESCHWENK

"Ab 2021 sollen die Privat- und Firmenkundenbank und der Vermögensverwalter DWS nachhaltig ungefähr die Hälfte der Konzernerträge erwirtschaften", erklärte Sewing. "Zusammen mit der Transaktionsbank sollen die stabileren Geschäftsbereiche einen Ertragsanteil von etwa 65 Prozent erreichen." Schon heute sind es rund 60 Prozent.

Mit dem Strategieschwenk ist die Bank spät dran. Die Credit Suisse etwa hatte ihren Wandel von einer Investmentbank zu einem Vermögensverwalter für reiche Kunden schon vor rund zwei Jahren eingeleitet. Zum Jahresstart verbuchte die Bank das beste Quartalsergebnis seit 2015.

Im ersten Quartal, das noch Cryan verantwortete, ging der Gewinn unter dem Strich auf 120 Millionen Euro von 575 Millionen zurück. Die Erträge gaben um fünf Prozent auf sieben Milliarden Euro nach. Vor allem die Investmentbank musste kräftig Federn lassen - die Erträge der Sparte sanken im Vergleich zum Vorjahresquartal um 13 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu hatten die meisten Konkurrenten, allen voran die großen Wall-Street-Banken in den USA, hier üppig verdient.

rtr