Am Dienstag hatte die Gewerkschaft Verdi im Tarifkonflikt bei der Deutschen Post mit einer massiven Ausweitung ihrer Streiks gedroht. Es dürfe keinen Zweifel daran geben, dass die Gewerkschaft zu einer Eskalation des Arbeitskampfs in der Lage sei, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der Nachrichtenagentur Reuters. Er schickte nun auch die ersten Briefträger in den unbefristeten Streik. In Berlin seien die ersten Zusteller in den Ausstand getreten, andere Bundesländer würden folgen, kündigte ein Verdi-Sprecher an. Zunächst hatten vor allem Beschäftigte in den Verteilzentren die Arbeit niedergelegt. Die Post machte erneut klar, dass sie im Streit mit Verdi um neue Tochterfirmen mit niedrigeren Löhnen nicht nachgeben will. Diese Unternehmen seien für die Post unverzichtbar, unterstrich Konzernvorstand Jürgen Gerdes. Eine Schlichtung komme nicht in Frage.

Bundesweit seien bereits rund 8000 Beschäftigte in den Ausstand getreten, teilte Verdi mit. Die Proteste würden in den kommenden Tagen schrittweise ausgeweitet, um den Druck zu erhöhen. In Baden-Württemberg soll der Gewerkschaft zufolge ab Mittwoch die Zustellung von Briefen und Paketen unter anderem in den Regionen Stuttgart und Mannheim betroffen sein. Nach Angaben der Post verzögerten sich durch die bisherigen Streiks rund sieben Millionen Briefsendungen - elf Prozent der täglichen Menge von rund 65 Millionen Sendungen.

Verdi hatte am Montag bundesweite und unbefristete Streiks bei der Post ausgerufen. Das Klima zwischen Verdi und dem Post-Management ist seit Monaten vergiftet. Entzündet hatte sich der Konflikt an der Ankündigung des Bonner Konzerns, Tausende unbefristete Stellen zu schaffen - allerdings in 49 neuen Gesellschaften, für die niedrigere Löhne gelten als im Konzern. Die neuen Firmen orientieren sich an den Tarifverträgen der Logistik-Branche, die deutlich unter denen der Post liegen.

Verdi will die Post mit dem Streik zwingen, dass auch bei den Tochterunternehmen der höhere Haustarif gezahlt wird. Die Post pocht dagegen darauf, dass sie deutlich höhere Löhne als die Konkurrenten zahlt. Die Post sei Marktführer im Brief- und Paketdienst mit einer Umsatzrendite, von der Mitbewerber nur träumen könnten, sagte Verdi-Chef Bsirske: "Von einem Marktführer wird man erwarten können, dass er auch bei Arbeitsbedingungen und Löhnen vorne liegt."

Die Post will aber nicht einlenken. Es sei nicht Aufgabe des Unternehmens, jetzt einen Schritt auf die Gewerkschaft zuzugehen, sagte Vorstand Gerdes. "Wie es weitergeht, liegt an unseren Sozialpartnern." Eine Schlichtung sei undenkbar. Schlichten könne man in Tariffragen, nicht aber bei Streit über freie unternehmerische Entscheidungen.

Reuters