Mit jedem Bescheid gibt es für die Steuererklärung 2021 im Schnitt 1051 Euro vom Fiskus zurück. Software kann helfen, alle Sparmöglichkeiten zu nutzen. Die besten neuen Programme im Check Von Stefan Rullkötter

Es ist eine lästige Pflichtaufgabe, vor der sich viele Steuerpflichtige gern drücken würden. Immer wieder verschieben sie die Steuererklärung nach hinten, um sie dann, kurz vor Toresschluss und mit heißer Nadel gestrickt - beim Finanzamt abzugeben. Die "Aufschieberitis" wird dieses Jahr vermehrt auftreten.

Der Abgabestichtag für die Steuererklärung 2021 - ohne eine Mithilfe von Steuerberatern und Lohnsteuerhilfevereinen - ist nun bis zum 31. Oktober verlängert. Bundestag und Bundesrat ha- ben das "Vierte Corona-Steuerhilfegesetz" abgesegnet, das Bürgern drei Monate mehr Zeit als üblich für die Abgabe einräumt. Dass die Steuererklärung gar nicht nervig sein muss, sondern komfortabel und effizient erledigt werden kann, versprechen die Anbieter kommerzieller Steuersoftware. Der Kauf eines Programms rechnet sich schon deshalb, weil Nutzer des amtlichen Steuerportals elster.de von der Finanzverwaltung auch künftig keine konkreten Spar- und Gestaltungstipps erwarten dürfen. Dadurch werden Formularfelder oft nicht optimal ausgefüllt. Schätzungsweise 500 Millionen Euro zu viel gezahlte Steuern verbleiben so "unverdient" in den öffentlichen Kassen. Dabei lohnt sich die Mühe für die Bürger, ihre Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2021 sorgfältig zu erstellen, in den meisten Fällen. Mit jedem Steuerbescheid erstatten die Finanzämter durchschnittlich 1051 Euro. Die neuesten Daten des Statistischen Bundesamts dazu stammen wegen der langen Steuerfestsetzungsfrist aus dem Jahr 2017. Die aktuell anstehenden Erstattungen dürften noch höher ausfallen. Wer dafür kommerzielle Steuerprogramme einsetzt, kann sich im Schnitt noch über zusätzliche 100 Euro vom Fiskus freuen.

Steuersoftware im Härtetest


Welche neuen Softwareprogramme die besten Spartipps und optimalen Service bei der Navigation durch die Steuererklärung bieten, hat BÖRSE ONLINE in einem Produktcheck für vier unterschiedliche Kategorien ermittelt.

Denn grundsätzlich gilt: Jeder Steuerfall liegt anders. Die optimale Software für alle Anwender kann es nicht geben. Die Testzielgruppen waren "Premium" (komplexe Sachverhalte mit Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und Vermietung), "Standard" (Berufstätige mit Kindern und Zusatzeinkünften), "Basis" (Arbeitnehmer ohne andere Einkünfte) und "Online" (Erklärung direkt im Netz).

Am stärksten gewichtet wurde die Qualität der individuellen Steuertipps (40 Prozent). Der Komfort beim Einpflegen der Daten schlägt mit 30 Prozent zu Buche. Die Qualität des Handbuchs, die sachliche Richtigkeit der Berechnung und die elektronische Hilfe beim Datenabgleich mit dem Steuerbescheid und für Einsprüche flossen mit je zehn Prozent in die Note ein. Die Unterstützung des virtuellen Steuerhelfers sollte möglichst verständlich und auf das jeweilige Formularfeld bezogen sein. Das gilt für sämtliche vom Fiskus akzeptierten Pauschalbeträge bei Werbungskosten und für individuelle Steuergestaltungsmöglichkeiten, etwa bei Handwerkerkosten.

Die Anwender so bequem durch die Steuererklärung zu führen, dass sie den Formularmodus im Hintergrund gar nicht mehr bemerken, ist die Idealvorstellung. Zudem sollten möglichst keine Daten mehr manuell eingegeben, sondern nur noch per Klick oder Touch bestätigt wer-den. Die Testsieger sind: "WISO Steuer Plus" für komplexe Steuerfälle, "WISO Steuer Sparbuch" für Standarderklärungen, "Quicksteuer" für einfache Sachverhalte sowie "WISO Steuer Web" für eine direkt im Internet erstellte Steuererklärung. Die Detailauswertungen finden Sie im Heft BÖRSE ONLINE 26/22.

"Das Thema Steuererklärung wird jünger und mobiler", konstatiert Peter Schmitz, Vorstandschef von Buhl Tax Service, der mit den Produktreihen "WISO Steuer" und "Tax" Marktführer in Deutschland ist. Der Trend geht weg von Box-Editionen, die Steuerprogramme zum Teil sogar noch auf CDs enthalten, hin zu Produktdownloads, reinen Web-Angeboten und Steuer-Apps für Smartphones und Tablets.

Staat forciert Abschied vom Papier


Diese Entwicklung beschleunigt auch die weiter fortschreitende Digitalisierung der Finanzverwaltung. Im vergangenen Jahr wurde bereits "ElsterFormular" eingestellt. Mit der amtlichen Steuersoftware hatten zuletzt noch drei Millionen Anwender nach dem Herunterladen ihre Steuererklärungen im Offlinemodus erstellt und sie anschließend ausgedruckt an die Finanzämter geschickt.

Nun wird auf dem Behördenportal "Mein Elster" eine weitere papierbehaftete Form der Steuererklärung abgeschafft. Denn bisher konnten Elster-Anwender, die bei der Finanzverwaltung kein kostenloses elektronisches Zertifikat beantragen wollten, ihre Steuererklärung zunächst elektronisch versenden und anschließend noch als sogenannte komprimierte Steuererklärung ausdrucken. Zur persönlichen Legitimation unterschrieben sie diese kurze Zusammenfassung ihrer Angaben und schickten das Papierdokument per Post ihrer elektronischen Steuererklärung hinterher. Auch diese Option steht ab 2022 nicht mehr zur Verfügung.

Für Steuerpflichtige bedeutet dies ab sofort: Entweder sie erstellen ihre Steuererklärung für das Jahr 2021 vollständig auf Papier oder vollelektronisch. Eine Mischung aus beidem akzeptieren Finanzämter nun nicht mehr. Was die Finanzverwaltung damit langfristig erreichen will, ist klar: den Abschied von den Papierformularen, die dieses Jahr voraussichtlich noch fünf Millionen Bürger nutzen werden, zu forcieren und die Zahl von aktuell rund 26 Millionen elektronisch abgegebenen Einkommensteuererklärungen noch weiter zu steigern.

Anbieter kommerzieller Steuersoftware hoffen auf neue Kunden, indem sie ihnen auch die erforderliche Ausstellung der Zertifikate abnehmen. Etablierte Hersteller konkurrieren hier um die begehrte Klientel mit Start-ups und Fintechs. Letzteren hat die Coronapandemie einen kräftigen Wachstumsschub verpasst. Viele Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld erhielten, müssen für die Veranlagungsjahre 2020 und 2021 erstmals eine Steuererklärung abgeben.

Steuer-Apps als Wachstumsmarkt


Bei Steuer-Apps ist Taxfix durch seine Fernsehwerbung der bekannteste Anbieter und bezeichnet sich mit Downloadzahlen im einstelligen Millionenbereich als erfolgreichster Player Deutschlands. Das Neukundenpotenzial für Steuersoftware ist weiterhin enorm: Mehr als zehn Millionen Bürger geben hierzulande keine Steuererklärung ab, weil sie als Berufstätige oder Ruheständler aufgrund ihrer Einkommenssituation nicht dazu verpflichtet sind. Wegen zahlreicher Rechenfehler und Ungenauigkeiten bei der Dateneingabe sowie der Beschränkung auf Arbeitnehmer, die keine anderen Einkünfte erzielen, waren die meisten Steuer-Apps in den vergangenen Jahren allerdings noch nicht empfehlenswert.

Auch für die Betreiber von Photovoltaikanlagen, von denen hierzulande mittlerweile 2,2 Millionen installiert sind, bleiben die mobilen Anwendungen in der Regel ungeeignet. Der Hintergrund ist: PV-Anlagen lassen sich neuerdings als "Liebhaberei" einstufen, wenn ihre Betreiber keine "Gewinnerzielungsabsicht" verfolgen. Wie das Steuernsparen mit Solarmodulen gelingt und wie Anträge dafür optimal auszufüllen sind, ist ein Service, den lediglich etablierte Steuersoftwareprogramme wie WISO, Steuersparerklärung und Smartsteuer bieten.

Gleiches gilt, wenn die Anlagen KAP (Kapitaleinkünfte), KAP-INV (Erträge aus wiederanlegenden Fonds) und KAP-BET (Beteiligung an Personengesellschaft oder Erbengemeinschaft, die vergangenes Jahr Kapitalerträge ausgeschüttet hat) auszufüllen sind. Ausnahmen bilden hier die Angebote von Buhl Data und Forium, die ihre ursprünglich für PC und Web konzipierten Programmreihen WISO und Lohnsteuer Kompakt in gleicher Leistungstiefe als App anbieten.

Service bei Krypto-Investments


Zumindest bei Kryptowährungen beweisen App-Anbieter Affinität zu ihrer oft jungen Zielgruppe: Mit Steuerbot lassen sich etwa steuerrelevante Gewinne und Verluste aus dem Handel mit Bitcoin, Ethereum oder Dogecoin erfassen. "Nutzer können für deren Ermittlung auf ein eingebautes Berechnungstool zurückgreifen - unabhängig davon, auf welcher Handelsplattform sie ihre Trades vollzogen haben", erklärt Steuerbot-Geschäftsführer Marc Neumann. Fest steht: In dem Segment gibt es noch viel Luft nach oben.